Nach ungeplant langer Pause macht der Langlauf Weltcup 2024 wieder in Canmore Station. Zuletzt war das 2016 als Abschluss-Station der Ski Tour Canada der Fall, davor im Dezember 2012, als Tim Tscharnke einen Überraschungssieg im Massenstart feierte. Die letzte geplante Austragung fiel im März 2020 kurzfristig der beginnenden Corona Pandemie zum Opfer.
Kleinstadt mit olympischem Flair
Canmore ist eine Kleinstadt in den Rocky Mountains mit etwa 16.000 Einwohnern und liegt etwa 100 Kilometer westlich der Olympiastadt Calgary. Es ist die größte Ansiedlung in den Alberta Rockies und gehört zu den schönsten Orten in Kanada, an denen man leben und arbeiten kann. Canmore liegt im Bow River Valley in den Ausläufern der kanadischen Rockies und zudem nur wenige Autominuten vom Banff National Park entfernt. Freizeitaktivitäten bieten sich hier viele, vor allem in sportlicher Hinsicht: Wandern und Klettern, Radfahren, Hundeschlitten, Wildwasser-Rafting, Golf und natürlich Skilanglauf. Canmore wurde im Jahr 1884 gegründet und hatte damals nur sehr wenige Einwohner. Drei Jahre später wurde das Kohlebergwerk eröffnet, das bis zur Schließung im Jahr 1979 ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Region war. Danach entwickelte sich der Tourismus zum wichtigsten Wirtschaftszweig von Canmore, nicht zuletzt durch die Austragung der Skilanglauf- und Biathlonwettbewerbe der Olympischen Winterspiele 1988 im Canmore Nordic Centre. Canmore liegt auf einer Höhe von etwa 1350 Metern über dem Meer und in der Zeitzone UTC-7, also acht Stunden hinter unserer mitteleuropäischen Winterzeit. Rachel Ludwig, CEO von Tourism Canmore Kananaskis, sagte: „Die Olympischen Spiele von 1988 waren ein großer Katalysator für den Tourismus in Canmore und hat die Wirtschaft stark vorangebracht. Darum ist es uns ein wichtiges Anliegen, die Alberta World Cup Society zu unterstützen und wichtige Sportereignisse nach Canmore zu holen. Wir freuen uns, dass wir 2024 wieder den Langlauf Weltcup zu Gast haben.“ Auch FIS Renndirektor Michal Lamplot freut sich auf Canmore: „Es ist viel Zeit vergangen, seit der Langlauf Weltcup im Jahre 2016 in Canmore war. Dennoch hat das OK nichts von seinem Enthusiasmus und Engagement zum Langlauf verloren. Die wunderschöne Landschaft in Canmore und das motivierte und kompetente Team wird für einen herausragenden Weltcup in Canmore sorgen.“ „Unser Ziel ist es, alle Art von Zuschauern zu erfreuen, die einfach nur einen Tag in den Bergen verbringen wollen und viel Spaß und einen tollen Tag haben wollen“, erklärte Norbert Meier vom Organisations-Komitee. „Wenn man nach Canmore kommt, hat man mehr als nur das Anschauen eines Skirennens. Es ist ein toller Ort, um einem Mini-Urlaub zu verbringen.“
Vier Wettkämpfe auf 1400 Meter
Das Nordic Centre liegt direkt westlich der Stadt und damit etwa 110 Kilometer westlich der Olympiastadt von Calgary. 2005 wurde das Zentrum für den Langlauf-Weltcup und zukünftige internationale Sportanlässe saniert, 2009 fanden dort die Junioren-Weltmeisterschaften im Biathlon statt. Der Langlauf-Weltcup machte seit dem Umbau bereits 2005, 2008, 2010, 2012 und 2016 dort Station. 60 Kilometer gespurte Loipen stehen zur Verfügung sowie die größte Beschneiungsanlage in Nordamerika, eine 6,5 Kilometer lange Loipe ist beleuchtet. 1988 wurden hier wie erwähnt die nordischen Wettbewerbe der Olympischen Spiele von Calgary ausgetragen, im Stadion, das das Herz der Stadt Canmore und die Heimat vieler kanadischer Langläufer und Biathleten ist. „Wir haben olympische Medaillengewinner wie zum Beispiel Robin McKeever, Beckie Scott und Chandra Crawford, die in Canmore leben, so freuen wir uns umso mehr, wenn noch viel mehr Weltcup-Athleten hier vor Ort sind“, sagte Tourismus-Chefin Rachel Ludwig. Die Strecken liegen auf 1400 Metern über dem Meer, so dass sich die Athleten erst auf die Höhe einstellen müssen. Zur Strecke sagte OK-Chef Meier: „Es gibt keine leichten Abschnitte auf unseren Strecken. Sie sind gemacht für tolle Wettkämpfe. Die Anstiege sind steil und es geht schnell und kurz bergab. Es ist ein ziemlich kurviger Kurs, so dass es viele Möglichkeiten gibt, dicht an der Strecke zu sein und gleichzeitig in den Bergen.“ Für die Rückkehr des Weltcups nach Canmore stehen vier Wettkampftage zwischen Freitag und Dienstag auf dem Programm, der Montag ist rennfrei. Los geht es mit einem Einzelstart in der freien Technik gefolgt von einem Sprint, in dem ebenfalls geskatet wird. Am Sonntag wird ein Massenstart in der klassischen Technik gelaufen und nach dem Ruhetag wird das lange Wochenende mit einem Klassiksprint am Dienstag beendet. Der Eintritt für die Wettkämpfe ist frei. Meier appelliert an Zuschauer, zahlreich zu erscheinen: „Wir haben nur selten einen Weltcup hier in Nordamerika, so dass wir das Ausnutzen sollten und überall dabei sein.“
Update: In der Nacht zum Donnerstag gab die FIS bekannt, dass das Wettkampf-Format am Freitag von Einzelstart zu Massenstart geändert werden muss. Grund sind Lieferprobleme beim Zeitnahme Equipment. „Das Zeitnahme Equipment ist nicht angekommen wegen eines Streiks der Lufthansa. Darum ist es nicht möglich, Einzelstarts durchzuführen. Aber wir haben die nötige Ausrüstung bekommen für Massenstarts. Dann werden wir sehen, ob das Equipment irgendwann eintrifft“, erklärte Synne Dyrhaug von der FIS gegenüber der VG. „Das ist das erste Mal, dass ich das erlebe“, sagte Norwegens Trainer Arild Monsen, der mehr als 40 Jahre Berufserfahrung hat.
Strecke seit Wochen präpariert
Im schneesicheren Canmore wurden die Strecken für den Weltcup bereits vor Wochen fertig gestellt und konnten seitdem von der Öffentlichkeit genutzt werden. Zuvor startete der Winter ungewöhnlich warm und danach sorgte zu viel Kälte dafür, dass vorübergehend kein Schnee gemacht werden konnte. Anschließend konnte aber doch genug Schnee produziert und eine „unglaubliche schnelle und technische Strecke“ fertig gestellt werden – 1,3 Kilometer für den Sprint sowie eine fünf Kilometer lange Runde für die Distanzrennen, von der ein 3,3 Kilometer langes Teilstück für die Massenstarts genutzt wird. Hobbyläufer konnten in den letzten Wochen an einer Strava Challenge teilnehmen und die Schnellsten gewannen Preise. Nun gehören die Strecken, die als eine schönsten im Weltcupzirkus gelten, aber ganz den anreisenden 20 Nationen. Der Sprintkurs ist seit vielen Jahren unverändert geblieben und viele kanadische Läufer haben gute Erinnerungen daran. „Ich habe den Sprintkurs in Canmore immer als Rennen mit zwei Ziellinien gesehen. So schnell wie möglich bergauf, dann hat man eine lange Pause und man kann sich in der Abfahrt erholen und dann hat man wieder genug Kraft für die richtige Ziellinie. In der Abfahrt Geschwindigkeit mitnehmen und dann tragen die Zuschauer dich ins Ziel“, sagte Jesse Cockney, der 2012 auf Platz zwei sprintete. Die Distanzrunde ist ähnlich wie in Davos angelegt: In der ersten Hälfte der Runde geht es bergauf, zurück zum Stadion fast nur bergab. Die zwei kleinen Schleifen, die der 3,3 Kilometer-Runde im Vergleich zu den fünf Kilometern fehlen, verändern das Höhenprofil nicht nennenswert. In den Trainingstagen nutzten sowohl der Kanadier Antoine Cyr als auch Jessie Diggins und die internationalen Athleten des Teams Aker Dæhlie die Gelegenheit, mit dem Langlauf-Nachwuchs aus Canmore zu trainieren und drängende Fragen der Kinder zu beantworten.
Norwegen, Schweden und Finnland mit kleinen Teams
Unter den fast 200 Athleten aus 20 Nationen befinden sich leider nicht so viele Norweger und Finnen wie erhofft, die wegen finanzieller Sorgen ihre nationale Quote bei den Übersee-Rennen nicht ausschöpfen. So gab der norwegische Verband bekannt, nur Athleten aus der roten Gruppe nach Übersee zu schicken. Einzige Ausnahme ist Tiril Udnes Weng, die nach langer Krankheit in Oberhof in den Weltcup zurückkehrte. Manche Athleten wie Bergane, Fosnæs und Matz William Jenssen kamen wegen der Teilnahme an der am Montag beginnenden Junioren- und U23-WM gar nicht für einen Einsatz in Übersee in Frage. Zu den besten 25 der letzten zwölf Monate gehören nicht Jan Thomas Jenssen, wie auch Iver Tildheim Andersen und Henrik Dønnestad. Jenssen, für den in Kanada und USA zwei Rennen interessant gewesen wären, zeigte sich enttäuscht, dass er aus finanziellen Gründen nicht mitreisen darf. „Wir sind die beste Nation und es ist eine Schande, dass bei den Herren aus finanziellen Gründen nicht die Allerbesten geschickt werden, egal wo auf der Welt die Rennen stattfinden“, schimpfte Jenssen. Mattis Stenshagen ist über seinen Fixplatz aus dem COC dabei und auch die zuletzt fehlenden Kristine Stavås Skistad, Lotta Udnes Weng, Anne Kjersti Kalvå, Astrid Øyre Slind, Didrik Tønseth und Even Northug sind wieder im Aufgebot. Silje Theodorsen, die ebenfalls einen Fixplatz hätte, ist noch nicht völlig von ihrer Krankheit genesen. Insgesamt reisen die Norweger mit sieben Damen und zehn Herren nach Kanada, nachdem Ansgar Evensen kurzfristig erkrankt ausfiel. Zudem erntete der norwegische Verband heftige Kritik von Umweltschützern, weil man nach dem Oberhofer Weltcup Flüge mit Zwischenstopp in der Heimat buchte, statt mit dem Auto von Oberhof ins Goms zu fahren. Finnland tritt die Nordamerika-Reise mit fünf Athletinnen und fünf Athleten an, von denen Kerttu Niskanen der größte Name ist. Ihr Bruder Iivo konzentriert sich wie schon zuvor angekündigt auf die Weltcup in Lahti und am Holmenkollen, die ursprünglich eingeplante Krista Pärmäkoski reist nicht nach Canmore und Minneapolis und wird durch Johanna Matintalo ersetzt, die bei den aktuell stattfindenden finnischen Meisterschaften klar vor Pärmäkoski gewann, die schon im Goms völlig außer Form war. Nicht dabei ist Markus Vuorela, dessen Sturz im Goms doch nicht so glimpflich ausging wie zunächst gemeldet. Statt mit einer Schulterprellung und Gehirnerschütterung davonzukommen, wurde bei Nachuntersuchungen in Finnland noch ein Muskelriss in der linken Hand gefunden. Seine Saison ist damit beendet. Im Gegensatz zu den beiden Nachbarn kündigte Schweden an, mit vollem Team und allen großen Namen über den großen Teich zu reisen. Damit will man den Kanadiern und Amerikanern Respekt zollen, die den gesamten Winter fern der Heimat in Europa verbringen. Tatsächlich sind aber doch nur sechs Damen und sechs Herren dabei, so dass das Team zahlenmäßig kleiner ist als das der Norweger. Nachdem er sich zuletzt nicht gut gefühlt hatte, kehrt Calle Halfvarsson ins schwedische Team zurück wie auch William Poromaa, der mit einer Erkältung aus dem Goms abreiste.
Kritik an skandinavischen Ländern
Nach Kritik von Devon Kershaw in seinem Podcast, der es als respektlos bezeichnet, nicht alle Athleten, die in diesem Jahr einen Weltcup gewannen, zu nominieren, sagte FIS Renndirektor Michal Lamplot im Dagbladet zu dem Thema: „Zunächst möchte ich sagen, dass jede Nation das Recht hat, seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Es ist klar, dass es teurer ist, ein Team nach Übersee zu schicken wie innerhalb Europas, aber andererseits verbringen die Athleten aus Kanada und den USA einen Großteil der Saison in Europa. Aber jedes Team hat seine eigenen Pläne. Es ist nicht das erste Mal, dass Teams ihre Quote nicht ausfüllen.“ Jessie Diggins meinte zwischen den Zeilen ohne direkt Kritik zu äußern: „Es ist sehr teuer, viele meiner Teamkollegen haben nebenbei einen Job, um ihren Aufenthalt in Europa im Winter zu finanzieren. Wir machen eine Menge Abstriche in unserem Privatleben und versuchen, Geld aufzubringen, aber wir lieben einfach diesen Sport. Viele Menschen inklusive Vereinen, Familien und Sponsoren tun alles, damit wir in Europa Rennen bestreiten können. Mit den Problemen müssen wir aus den USA, Kanada und Australien ständig leben. Das ist alles, was ich dazu sagen möchte“, so Diggins, die dann aber doch ergänzt: „Ich reise nun seit vielen Jahren mit unterschiedlichen Erfahrungen um die Welt. Manchmal ist es sehr schwer. Ich habe Heimweh, vermisse meinen Ehemann und meine Familie sehr und das Schlafen im eigenen Bett wie auch das Kochen in meiner eigenen Küche. Jederzeit die dreckige Kleidung waschen zu können, ist einfach großartig. In Hotels ist das nicht immer so leicht. Aber ich kann jederzeit damit aufhören und bin immer noch dabei, weil ich liebe, was ich tue.“ Ben Ogden wählte in der VG direktere Worte: „Ich weiß nicht, wie das Budget in Finnland, Schweden und Norwegen ist. Ich habe mit einem norwegischen Freund gesprochen, der nicht mitreisen darf, auch wenn er bereit war, seine Reise selbst zu zahlen. Ich würde gerne die Besten in den USA am Start sehen und glücklicherweise sind auch die meisten davon am Start. Ich möchte aber, dass alle meine Freunde, die ich im Weltcup kennengelernt habe, die USA kennenlernen.“ Italien wird mit neun Athleten nach Nordamerika reisen und schickt damit ein größeres Kontingent als zu manchen Weltcups in Skandinavien im Dezember oder bei früheren Übersee-Weltcups. Unter den sechs Herren ist auch Elia Barp, der sich zusammen mit Trainer Markus Cramer für den Weltcup und gegen die U23-WM entschied. Frankreich entsendet mit seinen elf Sportlern die Besten, die Frankreich im Moment zu bieten hat – mit Ausnahme der Athleten, die in Planica um Medaillen kämpfen und Routinier Maurice Manificat. Außerdem sagte Theo Schély kurzfristig ab – er hat seit seiner Covid Infektion Mitte Dezember Probleme mit den Atemwegen, die Erholung brauchen. Das österreichische Team besteht aus Teresa Stadlober und den drei Herren Michael Föttinger, Benjamin Moser und Mika Vermeulen. Die Schweizer reisen mit drei Athletinnen und sechs Athleten nach Canmore, nämlich mit Nadine Fähndrich, Alina Meier und Désirée Steiner sowie mit Jonas Baumann, Cyril Fähndrich, Valerio Grond, Beda Klee, Janik Riebli und Roman Schaad.
Schönes Winterwetter und Langlauf live
Die bereits angereisten Sportler trainieren bei Temperaturen rund um den Gefrierpunkt und einem Sonne-Wolken-Mix. In der Nacht liegen die Temperaturen unter Null, aber ab Donnerstag sinken die Temperaturen weiter, so dass sie tagsüber unter Null und nachts im zweistelligen Minusbereich liegen. Nach etwas Neuschnee wird am Wochenende aber größtenteils die Sonne dominieren. In Oberhof wurde von Marc Rohde angekündigt, dass die Langlauf Weltcups in Übersee bei Discovery+ übertragen werden – allerdings ohne deutschen Kommentar. Die Planung hat sich inzwischen offenbar geändert, denn nun wird sehr wohl eine Live-Übertragung auf Eurosport1 mit deutschem Kommentar angekündigt – zumindest größtenteils. Den Einzelstart der Herren zeigt Euro1 live, von den Damen gibt es am späten Abend eine Zusammenfassung bei Euro2. Der Sprint wird bei Eurosport1 übertragen wie auch beide Massenstarts am Sonntag und der Sprint am Dienstag. Lebt man in der Schweiz, muss man bei SRF2 auf den Sprint am Samstag verzichten und sieht vom Massenstart der Damen nur eine kurze Zusammenfassung vor den Herren. Sonst werden alle Rennen live übertragen wie auch in Österreich bei ORF Sport+, wo aber das Herren Einzel nach dem Eishockey Länderspiel zusammengefasst wird und auch vom Massenstart der Damen gibt es eine Zusammenfassung zu sehen – sonst alles live aus Canmore. Die ARD unterbricht wie üblich sein Prime Time Programm nicht für den Skilanglauf, am Samstag wird es Vormittags eine Zusammenfassung der Rennen vom Freitag geben. Dafür werden aber alle Rennen im Livestream gezeigt.
Zeitplan Canmore
(alle Zeiten MEZ)
Freitag, 09. Februar 2024
18:40 Uhr: 10 Kilometer Einzel Freistil Damen 15 Kilometer Freistil Massenstart Damen
20:45 Uhr: 10 Kilometer Einzel Freistil Herren 15 Kilometer Freistil Massenstart Herren
Samstag, 10. Februar 2024
18:30 Uhr: Qualifikation Sprint Freistil Damen/Herren
21:00 Uhr: Finalläufe Sprint Freistil Damen/Herren
Sonntag, 11. Februar 2024
18:00 Uhr: 20 Kilometer Klassik Massenstart Damen
20:15 Uhr: 20 Kilometer Klassik Massenstart Herren
Dienstag, 13. Februar 2024
17:00 Uhr: Qualifikation Sprint Klassik Damen/Herren
19:30 Uhr: Finalläufe Sprint Klassik Damen/Herren