Langlauf Weltcup Lahti: Coletta Rydzek stürmt am Saisonende zum ersten Weltcupsieg

Coletta Rydzek (GER) © Modica/NordicFocus

Wer hätte das gedacht? Im letzten Sprint der Saison feiert Coletta Rydzek noch ihren ersten Weltcupsiegt. Außerdem schafften es Victoria Carl und Jan Stölben ins Halbfinale. Nadine Fähndrich wurde Dritte und Valerio Grond nach Juryentscheid nur Vierter.

Coletta Rydzek nicht zu schlagen

Coletta Rydzek (GER), Nadine Faehndrich (SUI), Kristine Stavaas Skistad (NOR), Jasmin Kahara (FIN), Johanna Hagstroem (SWE), (l-r) © Modica/NordicFocus

Dass Coletta Rydzek die Strecke in Lahti light, ist kein Geheimnis. Hier holte sie 2023 ihr erstes Podium als Dritte im Teamsprint mit Laura Gimmler, 2024 folgte das erste Einzel-Podium mit Platz zwei und nun also dieser Triumph. Schon in Tallinn hatte die Oberstdorferin als Fünfte ihr bestes Saisonergebnis eingefahren und damit eine sehr gute Spätform bewiesen. Heute hatte sie dann schon im Viertel- und Halbfinale gezeigt, dass ihre Rennphase erst im Stadion in der Zielkurve kommt. Da zog sie immer mit hoher Geschwindigkeit und sehr gutem Material außen an allen vorbei und so war es dann auch im Finale, wo Kristine Stavås Skistad und Johanna Hagström das Tempo bestimmten. In der letzten Kurve kam es dann fast zu einem Sturz, als Rydzek beim Überholen Mathilde Myhrvolds Ski berührte, aber beide konnten den Sturz vermeiden und Rydzek gab weiter Vollgas. So zog sie noch an Hagström und Skistad vorbei und schrie ihre Freude im Ziel heraus. Sofort waren ihr Bruder Johannes und Vici Carl bei ihr und wenig später die anderen Teamkollegen, Per Nilsson und Peter Schlickenrieder. „Unglaublich! Das Gefühl ist schwer zu beschreiben. ich hätte nicht gedacht, dass ich das schaffen kann. Ich mag diesen Kurs von letztem Jahr. Ich wollte wieder ums Podium kämpfen und merkte dann ‚Oh shit, ich kann das gewinnen!‘ Und dann habe ich alles gegeben. Morgen im Teamsprint all-in und dann wird gefeiert“, kündigte die überglückliche Siegerin im FIS-Interview an, nachdem sie sich aus den vielen Umarmungen gelöst hatte. Die zweitplatzierte Skistad war zutiefst enttäuscht, dass es wieder kein Sieg wurde trotz Abwesenheit von Sundling und Svahn – das konnte ihr Gesichtsausdruck nicht verbergen. Nadine Fähndrich gelang durch einen starken Endspurt noch der Sprung aufs Podium, so dass die Siegerin von Tallinn erneut sehr zufrieden sein konnte, nachdem sie das Finale nur als Lucky Loser erreicht hatte. Johanna Hagström kam nach starker Leistung über Platz vier nicht hinaus. Mathilde Myhrvold und Jasmin Kähärä belegten die Plätze fünf und sechs.

Rydzek völlig überwältigt

Kristine Stavaas Skistad (NOR), Coletta Rydzek (GER), Nadine Faehndrich (SUI), (l-r) © Modica/NordicFocus

Coletta Rydzek war heute im Stadion eine Klasse für sich, obwohl sie oben an der Wende an der Lahti-Kurve noch sehr müde gewirkt hatte und vor der Abfahrt tief durchatmete. In diesem Moment war ihr klar, dass sie heute aufs Podium läuft, wenn kein Sturz mehr passiert. Dazu sagte sie der ARD: „Ich weiß nicht, ob es schon angekommen ist, dass ich heute die Beste von allen war. so langsam… Dass das Podium drin ist, das wusste ich am Anfang von der Abfahrt und auf den letzten 50 Metern auf der Zielgerade habe ich gemerkt, dass ich sehr gut gegenhalten kann, da dachte ich, ich kann heute gewinnen, also alles rein da!“, meinte die 27-Jährige, die in der Zielkurve beim Kontakt mit Myhrvold eine brenzlige Situation überstehen musste, die den Sieg hätte kosten können. „In der letzten Kurve sind ein paar Eisplatten drin, das ist ein bisschen tricky, weil man nicht genau sieht, wo die andere hingeht. Aber ich bin froh, dass alles so gut ausgegangen ist.“ Besonders schön war es auch, dass Bruder Johannes nach seinem heutigen Wettkampf alles hautnah miterleben konnte wie schon 2023 bei ihrem Podium. „Es ist sehr sehr schön, dass Johannes hier ist, da könnte ich fast weinen. Es ist unglaublich schön, dass ich das mit ihm teilen kann. Er stand die ganzen Finals hier und hat mich angefeuert. Er war schon bei meinem ersten Podium vor zwei Jahren dabei und das ist ganz besonders. Lahti ist ein guter Fleck für uns, auch wenn es bei ihm heute nicht ganz so lief. Es ist schön, einen Teil der Familie hier zu haben“, sagte sie und wird sicher mit Vorfreude an die WM in vier Jahren denken, wenn sie erst zur Ruhe gekommen ist.

Klaebo souverän zum zehnten Saisonsieg im Sprint

Johannes Hoesflot Klaebo (NOR) © Modica/NordicFocus

Das Endergebnis der Herren ließ lange auf sich warten, weil die Jury erst einen Protest verhandeln musste. Um den Sieg ging es dabei aber nicht, der ging zum zehnten Mal in dieser Saison in einem Einzelsprint an Johannes Høsflot Klæbo, der das Rennen kontrolliert hatte. An der Haarnadelkurve drängte sich Valerio Grond an ihm vorbei, was dem Norweger wegen des Windschattens nicht ungelegen kann. So machte er dann auf der Zielgeraden kurzen Prozess und feierte den neunten Weltcupsieg im Sprint in diesem Winter. „Das fühlt sich großartig an. Es gab viele unterschiedliche Herausforderungen in dieser Saison zu bestehen und hier ist es immer sehr besonders. Es ist ein sehr taktischer Sprint und es ist schwer, die richtige Stelle zum Attackieren zu finden. Ich bin sehr zufrieden, heute gewonnen zu haben. Mein Ziel war es heute einfach, die kleine Kristallkugel zu gewinnen und das ist schön, es geschafft zu haben“, meinte der fünffache Gesamtweltcupsieger. Dass es hinter ihm kein langweiliger Sprint war, hat er durchaus bemerkt und zum Zeitpunkt des FIS-Interviews stand die Jury-Entscheidung noch aus: „Wir werden sehen, was nun passiert. Das war sehr dramatisch und es gab spannende Duelle da draußen. Ich habe versucht, in einer guten Position zu sein und als Zweiter in die Abfahrt zu gehen, den Windschatten mitzunehmen und eine gute letzte Kurve zu machen. Dann hatte ich einen kleinen Vorsprung vor dem Ziel und ich habe mitbekommen, dass hinter mir einiges passiert ist“, schmunzelte er. Unstrittig dabei ist, dass Jules Chappaz wie schon in Tallinn erneut Zweiter wurde. Der dort ebenfalls als Zweiter gewertete Amundsen musste heute allerdings erkrankt absagen und steht auch für Sonntag in Frage.

Pellegrino bringt Grond zu Fall – oder?

Valerio Grond (SUI) © Modica/NordicFocus

Im Kampf um Platz drei kämpften Valerio Grond und Federico Pellegrino Seite an Seite. Der Italiener kam von hinten und war fast auf gleicher Höhe, als sich die Ski der beiden berührten und der Schweizer bäuchlings im Schnee landete und so über die Ziellinie rutschte – als Vierter hinter Pellegrino. Der Davoser blieb zunächst liegen und schien sich verletzt zu haben, so dass Doris Kallen von der FIS zu Hilfe eilte. Offenbar war Grond aber nur die Luft weggeblieben, wie er später auf Nachfragen andeutete. Die Jury sah sich den Vorfall lange und gründlich an und beratschlagte, aber das Ergebnis blieb, wie es war, obwohl Pellegrino sich in Richtung Grond in dessen Korridor bewegt hatte. Zusätzlich zum vierten Platz im Ziel kam noch die Sorge um eine mögliche Verletzung bei Grond, der aber Entwarnung gab: „Der Aufprall drückte mir die Luft aus den Lungen und das tat etwas weh. Deswegen verlor in den dritten Platz und ich hoffe, die Jury trifft die richtige Entscheidung“, sagte Grond dem NRK. Das tat die Jury aus Schweizer Sicht aber nicht. Pellegrino sagte später: „Ich hätte es vorgezogen, mich ohne so lange Wartezeit über das Podium freuen zu können, aber so ist das im Sprint. Bevor ich zur Jury musste, war ich nicht sicher, ob ich etwas falsch gemacht habe. Valerio Grond lief auf der Grenze von zwei Korridoren und als er hörte, dass ich komme, ist er wohl immer mehr nach rechts ausgewichen.“ So sah es auch die Jury und ließ das Ergebnis unverändert. Erik Valnes und JC Schoonmaker komplettierten als Fünfter und Sechster das Finale.

Carl als Siebte im Halbfinale

Victoria Carl (GER) © Modica/NordicFocus

Was im Jubel um Coletta Rydzeks Triumph fast unterging: Auch Victoria Carl und Jan Stölben machten ein tolles Rennen und kamen beide ins Halbfinale. Die Thüringerin freute sich über Platz zwei im Gesamtweltcup, so dass ihr das knappe Ausscheiden im Halbfinale als Siebte nicht so wichtig war. „Das war ein super Ergebnis. Nach Tallinn habe ich gar nicht erwartet, dass ich auch den Prolog so gut mache, wir hatten super Material“, freute sich die 29-Jährige, die wegen des zu langsamen Tempos im ersten Halbfinale nicht weiterkam. „Am Ende standen wir einfach ein bisschen zu sehr. Im Halbfinale sind dann viel größere Namen, gegen die man da läuft und ich bin nicht die schnelle Starterin“, erklärte sie und wunderte sich dann über die Stehversuche nach dem ersten Anstieg: „Dann dachte ich ‚Was ist jetzt los? Du willst doch schnell laufen!‘ Ich hatte aber einmal die Lücke vom Start und bin im selben Tempo hinterher gelaufen, als wir uns in die letzte Abfahrt rein nicht einig waren – das waren die drei Sekunden, die uns dann als Lucky Loser gefehlt haben. Aber ich bin super zufrieden. Jetzt heißt es Energie sparen, schnell rein ins Warme, Energie zuführen und dann alles auf den 50er.“

Erstes Halbfinale für Jan Stölben

Jan Stoelben (GER) © Modica/NordicFocus

Jan Stölben schaffte es erstmals in seiner Karriere in ein Halbfinale, so dass die Freude bei dem Sprinter aus Manderscheid in der Vulkaneifel nicht zu überhören und übersehen war. Mit einem Strahlen im Gesicht startete er in das Halbfinale, wo es lange nach Plan lief. „Wir hatten heute mit den Bedingungen zu kämpfen. Heute morgen war es durch die Sonne richtig richtig weich. Das haben sie versucht auf Krampf wegzukriegen. Es waren heute morgen schon ein paar Stellen eisig, das wurde im Laufe der Zeit immer schlimmer, man hat es auch an den Stürzen gesehen“, erklärte er die schwierigen Bedingungen. „Ich wollte es heute unbedingt und habe es mit der Brechstange versucht. Das ist im Viertelfinale aufgegangen. Ich bin sehr happy“, sagte er nach einer dominanten Vorstellung, bei der er Platz eins im gesamten Rennen nie abgab. „Im Halbfinale wollte ich versuchen, es taktisch klüger zu gestalten und etwas Windschatten zu laufen. Mit Northug hatte ich einen sehr guten Mann vor mir, dem ich folgen konnte. Bis dahin habe ich alles richtig gemacht. Ich hatte den Windschatten und wollte gerade reinbeschleunigen, habe versucht zu überholen. Dann bin ich genau auf eine Eisplatte getreten und weggerutscht. Das ist sehr bitter, aber ich glaube, ich habe heute gezeigt, was alles möglich ist und man kann sich auf nächstes Jahr mit Olympia freuen.“ Als persönliche Bestleistung hat der 23-Jährige nun einen elften Platz in seinem Palmares stehen.

Gimmler, Krehl und Keck im Viertelfinale

Elias Keck (GER) © Modica/NordicFocus

Zuvor waren Laura Gimmler, Sofie Krehl und Elias Keck ins Viertelfinale gekommen und dort ausgeschieden. Gimmler und Krehl hatten sich zusammen Lauf eins ausgesucht und belegten dort die Plätze vier und sechs. Gimmler vermutete gleich, dass das nicht reicht: „Ich glaube heute eher nicht dran. Wir haben eher taktiert. Ich wollte auch nicht als Erste in die Abfahrt. So war es war wohl ein nicht so ein schneller Lauf. Meine Taktik ist aber schon aufgegangen, aber ich bin im Skaten nicht so stark auf der Zielgeraden. Klassisch liegt mir mehr“, erklärte sie ihr Zurückfallen im Endspurt, was Platz 20 bedeutete. Auch Sofie Krehl, die 30. wurde, war taktisch durchaus zufrieden und sagte: „Ich denke, dass ich dennoch ganz gut gelaufen bin. Ich habe meine taktischen Ideen auch gut umsetzen können. Leider ist das auf den letzten Meter nicht so meine Stärke. Da muss ich noch dran arbeiten, aber… kommt noch!“, kündigte die 29-Jährige an und sagte weiter: „Ich bin eher zufrieden, aber am Ende reicht es leider nicht. Zum Prolog hat die Sonne ziemlich stark reingeschienen und es war recht weich, sie haben in der Pause nochmal gut präpariert und nun sind sehr gute Verhältnisse. Es hat Spaß gemacht!“ Elias Keck war trotz seines Ausscheidens nach einem Sturz sehr glücklich, es erstmals in ein Viertelfinale geschafft zu haben. Der 21-jährige Allgäuer, der 26. wurde,  erklärte: „Ich bin mit dem Finnen ins Hakeln gekommen, aber das passiert halt. Ist ärgerlich, wenn man mal weiterkommt, aber das ist der Sprint. Ich war glücklich, dass ich mich endlich mal qualifiziert habe und dass es so endet ist ärgerlich. Aber ich bin froh, dass ich hier laufen konnte.“ Ab Montag kann sich der 21-Jährige wieder verstärkt seiner Ausbildung zum Bürokaufmann widmen. Kecks Widersacher Emil Liekari verlor bei dem Kontakt einige Zentimeter seines Stocks, griff aber trotzdem kurz darauf an und erkämpfte sich den Einzug ins Halbfinale, wo er später Achter wurde. Zuvor hatten die beiden Jüngsten, Helen Hoffmann und Verena Veit, die Qualifikation klar nicht überstanden wie auch der 22-jährige Jannis Grimmecke bei seinem Weltcupdebüt. 

Platz drei und vier für die Schweiz

Nadine Faehndrich (SUI) © Modica/NordicFocus

Für die Schweizer steht ein dritter und ein vierter Platz zu Buche. Eigentlich ein gutes Sprintergebnis, aber zufrieden ist man nach der Juryentscheidung zu Ungunsten von Valerio Grond natürlich nicht, wenn ein Protest zurückgewiesen wurde. So musste man sich neben Fähndrichs Podium mit dem vierten Platz von Valerio Grond begnügen. Zuvor waren Anja Weber und Alina Meier im Viertelfinale ausgeschieden wie auch Janik Riebli und Noe Näff. Der 21-Jährige sah eine Lücke, wo keine war und kam dabei zu Fall. Lea Fischer hatte um Haaresbreite als 31. das Viertelfinale verpasst und auch die Kälin-Schwestern scheiterten im Prolog. Bei den Herren traf es ebenfalls die jungen Roman Alder und Antonin Savary sowie Isai Näff. Für die österreichischen Sprinter war der Wettkampftag nach dem Prolog bereits komplett beendet. Magdalena Scherz erreichte als 41. mit knapp zwei Sekunden Rückstand noch das beste Ergebnis wie auch Lukas Mrkonjic mit einem ähnlichen Rückstand auf Platz 42. Michael Föttinger und Benjamin Moser verpassten die Qualifikation noch deutlicher. 

=> Ergebnis Sprint Freistil Damen
=> Ergebnis Sprint Freistil Herren

Lahti zum Nachlesen

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