50 Kilometer von ihrem Heimatort außerhalb der Twin Cities reichte es für Jessie Diggins im Freistilsprint nicht ganz für ein Podium. Die Siege holten sich Jonna Sundling und Johannes Høsflot Klæbo, Victoria Carl egalisierte ihr bestes Sprintergebnis.
15.000 Menschen sorgen für unglaubliche Stimmung
Eine wahre Stadion-Atmosphäre erwartete die Langläufer im Theodore Wirth Park von Minneapolis, mitten in einer Großstadt. 15.000 Zuschauer sorgten für eine Wahnsinns-Stimmung und es hätten noch viel mehr Zuschauer Interesse an einem Ticket gehabt. „Es ist einfach unfassbar, meinte Ohren tun mir immer noch weh“, sagte Julia Kern nach ihrem Lauf im Prolog und auch Federico Pellegrino war in seinem Statement beeindruckt, was die Athleten beim ersten USA Weltcup seit 2001 erwartete. „Ich hatte fast Tränen in den Augen“, meinte er. Auch das Wetter spielte besser mit als erwartet: Dank etwas Schneefall am Mittwoch Abend und anschließend sinkender Temperaturen präsentierte sich der Park leicht verschneit und bei strahlendem Sonnenschein herrschten im Rennen Temperaturen von -6°C. Allerdings trieb der leichte Wind auch immer wieder Laub über die Strecke, das nach dem größtenteils schneelosen Winter noch in großen Mengen im Park vorhanden war. „Der erwartete Ansturm ist eingetreten, es war ein toller Wettkampf mit Massen von Zuschauern, mit richtig begeisterten Zuschauern, die mitgefiebert und für eine Mordsstimmung gesorgt haben. Sie haben nicht nur den Amerikanern Rückenwind gegeben, sondern allen Läufern“, lobte DSV Teamchef Peter Schlickenrieder die Atmosphäre an der Strecke.
Achter Sieg für Sundling
Jonna Sundling machte sich vor allem in dieser Saison einen Namen als souveräne Siegerin des Prolog, die dann auch in den Heats immer alles von vorne läuft, dann aber auf der Zielegraden übersprintet wird. Heute war das anders und sie konnte sich auch im Finale noch einmal durchsetzen, nachdem sie vor Kristine Stavås Skistad und Linn Svahn und mit Vorsprung auf die anderen Athletinnen das Stadion erreicht hatte. Im Ziel war ihr Jubel groß und sie feierte wegen vieler Verletzungen in den letzten Jahren ihren erst achten Sprintsieg im Weltcup. „Es war ein schöner Tag. Ich habe mich den ganzen Tag stark gefühlt und bin sehr zufrieden. Das ist so schön, hier vor all diesen begeisterten Zuschauern zu gewinnen“, freute sie sich. Linn Svahn musste sich diesmal mit Rang zwei begnügen vor Skistad und Jessie Diggins. Die Lokalmatadorin, die 50 Kilometer östlich des Theodore Wirth Parks in einem Vorort aufwuchs, gab wie immer in allen Läufen Vollgas. Frenetisch von den Zuschauern mit „Jessie, Jessie“-Sprechchören angefeuert reichten die Kräfte im Finale nicht mehr, um mit den Skandinavierinnen mitzuhalten. So erging es auch Victoria Carl, die früh einen Sturz von Emma Ribom ausweichen musste und vor der Schwedin Fünfte wurde.
Klæbo setzt Siegeszug weiter fort
Im Sprint ist Johannes Høsflot Klæbo nach gesundheitlichen Problemen mittlerweile wieder eine Klasse für sich. In Minneapolis feierte er seinen 77. Weltcupsieg, den 46. in einem Sprintrennen. Zunächst bestimmte aber Håvard Solås Taugbøl zusammen mit Janik Riebli das Tempo, bis Klæbo sich hinter seinen Teamkollegen setzte und bis zum Erreichen des Stadions dort blieb. Vor der letzten Brücke griff er dann an und war auf der Zielgeraden nicht mehr einzuholen. Im Interview lobte er wie alle anderen Athleten euphorische Publikum: „Das hat hier so viel Spaß gemacht mit all den Zuschauern. Ich denke, wir müssen öfter mal hier Station machen. Man kann sich selbst nicht atmen hören beim Laufen und das ist ein gutes Zeichen. Ich freue mich auf morgen und hoffe, wir kehren bald hierhin zurück.“ Auf Platz zwei sprintete Federico Pellegrino, der sich nach Pech in Canmore auf dem welligen Parkgelände in Topform zurückmeldete. Håvard Solås Taugbøl belegte Rang drei mit zwei Sekunden Vorsprung auf Janik Riebli, was das zweitbeste Weltcupresultat für den 25-jährigen Schweizer bedeutete. Even Northug hatte nach einem Stockbruch keine Chance mehr, um die Podestplätze mitzukämpfen. Danach lieferte er sich aber noch einen spannenden Kampf mit dem früh zurückgefallenen Simone Dapra‘, den der Norweger für sich entschied. Für den 26-jährigen Italiener war Platz sechs aber das mit Abstand beste Weltcupergebnis und das erste Mal, dass er sich in einem Sprint für die besten 30 qualifizieren konnte.
Carl zum dritten Mal im Finale dabei
Mit einer Ausnahme qualifizierten sich fünf der sechs DSV-Damen unter den besten 16 des Prologs und alle fünf kamen in ihren Heats unter den ersten vier Damen ins Ziel, so dass alle entweder direkt weiterkamen oder zumindest zeitweise auf der Lucky Loser Position waren. Victoria Carl und Coletta Rydzek waren die Athletinnen, die es ins Halbfinale schafften. Carl kam sogar ins Finale, wo sie dann aber nicht mehr um die Podestplätze mitkämpfen konnte, nachdem sie ihr Viertelfinale offensiv von vorne bestritten hatte und im Halbfinale als Viertplatzierte über die Zeit ins Finale kam. Ihr fünfter Platz bedeutete aber die Einstellung ihres besten Sprintergebnisses, was sie vorher schon zweimal erreicht hatte.
Starke Leistungen der DSV-Damen
Coletta Rydzek hatte ihre dritte Finalteilnahme als Vierte des langsameren Halbfinals nur knapp verpasst und belegte schließlich Rang acht. „Es war auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung“, schmunzelte Coletta Rydzek und ergänzte: „In Canmore habe ich mich nicht ganz so leicht getan mit den Sprints. Ich bin zufrieden, dass ich jetzt wieder im Halbfinale war, auch wenn es leider knapp nicht fürs Finale gereicht hat. Dafür war ich an manchen Stellen ein bisschen zu schlecht positioniert und habe mich zu sehr abdrängen lassen. Aber dafür war es eine brutal gute Stimmung, richtig, richtig viele Zuschauer und mit der Jessie in einem Heat zu laufen, hat auf jeden Fall Spaß gemacht.“ Auch die anderen deutschen Starterinnen überzeugten in ihren Viertelfinals, wo sie knapp ausschieden. Die 23-jährige Lena Keck realisierte als 14. ihr mit Abstand bestes Weltcupresultat und Laura Gimmler wurde 17. Als Starterin mit der höchsten Nummer qualifizierte sich Anna-Maria Dietze für die besten 30 und warf damit Katharina Hennig aus den Viertelfinals. Sie wurde knapp zwei Flugstunden von ihrer zweiten Heimat, ihrem Studienort Boulder, Colorado, starke 18. Damit lief die 24-Jährige in ihrem dritten Weltcuprennen erstmals unter die besten 20. „Wir können sehr zufrieden sein, wir haben zwei Top8 Läuferinnen mit der Vici auf dem fünften und Coletta auf dem achten Platz. Aber auch die weiteren Platzierten haben für top Resultate im Damen-Bereich gesorgt. Nur Katharina Hennig hat sich ganz knapp als 31. nicht für die Top30 qualifiziert. Alle anderen haben sich unter den Top18 platziert. Damit muss man zufrieden sein, es war harte Konkurrenz, eine harte Strecke, die sowohl taktisch als auch physiologisch alles abverlangt hat“, sagte Schlickenrieder zur Leistung seiner Athletinnen. „Die Mädels haben taktisch gut agiert, schaffen es ins Halbfinale und sogar ins Finale und das wollen wir noch öfter so schaffen. Dann sind wir absolut auf dem richtigen Weg. Mit dem Sprint können wir absolut zufrieden sein, eine Lena Keck und Anna-Maria Dietze haben tolle Platzierungen geholt. Lena Keck war das erste Mal unter den ersten 15, aber auch Anna-Maria Dietze hat gezeigt, was sie kann mit einem tollen Prolog und jetzt noch Top18. Da kann man definitiv drauf aufbauen. Laura Gimmler hat einen schweren Heat erwischt und dort auf der Zielgeraden nicht mehr viel Chance gehabt bei dieser hohen Geschwindigkeit. Mit diesem Ergebnis ist es einer der besten Sprints, die wir bisher erlebt haben, und das Podest ist nicht mehr weit weg.“
Schweizer und Vermeulen stark
Neben dem vierten Platz von Janik Riebli konnten auch seine Teamkolleginnen und Teamkollegen überzeugen. Valerio Grond, Nadine Fähndrich und Alina Meier kamen immerhin bis ins Halbfinale und belegten dort die Plätze sieben, neun und zwölf. Vor allem Grond wirkte stark, wurde dann im Zielsprint aber noch von Even Northug und Simone Dapra‘ überspurtet, was im langsameren Halbfinale nicht für das Weiterkommen reichte. Roman Schaad wurde 24. und Désirée Steiner 28. Als einziger ÖSV-Langläufer schaffte es der Distanzläufer Mika Vermeulen ins Viertelfinale, wo er sich meist am Ende aufhielt. Durch einen Sturz mit Bindungs- und Stockbruch von Jules Chappaz und Lauri Vuorinen vor ihm kam der Ramsauer als Vierter ins Ziel und wurde als 18. gewertet, was sein bisher bestes Sprintergebnis bei der dritten Teilnahme am Viertelfinale bedeutete.
Sossau wird 30. nach Drängelei
Anian Sossau schaffte es als einziger DSV-Läufer mit der 24. Prologzeit unter die besten 30. Im Viertelfinale arbeitete er sich in eine aussichtsreiche Position vor, aber nach einer Drängelei mit Zak Ketterson, neben Jessie Diggins der zweite Lokalmatador aus Minnesota, wurde der Chiemgauer ans Ende der Gruppe durchgereicht. Als der Läufer mit der schwächsten Prologzeit der Sechstplatzierten wurde er auf Rang 30 einrangiert. „Anian war auf Augenhöhe mit den anderen in seinem Viertelfinale unterwegs und muss sich noch die Taktiken aneignen, damit es auch bei ihm einen Schritt weitergeht. Bei den Mädels sieht man, sie sind schon einen Schritt weiter“, resümierte Teamchef Schlickenrieder. Distanzläufer wie Friedrich Moch, William Poromaa, Beda Klee, Cyril Fähndrich, Jonas Baumann, Lucas Bögl und Florian Notz schrieben sich ebenfalls für den Sprint ein, schieden aber im Prolog aus, was aber auch Sprintspezialisten wie Erik Valnes, den Österreichern Michael Föttinger und Benjamin Moser oder auch Richard Jouve, Oskar Svensson und Johan Häggström passierte.
Diggins völlig überwältigt: „Besser als Olympische Spiele“
Von dem Trubel, den die vielen Zuschauer wegen ihr und den anderen Läufern verursachen, ist Jessie Diggins völlig überwältigt. „Das war der tollste und emotionalste Tag meiner Karriere. Ich dachte, das wären die Olympischen Spiele, aber das war ein Irrtum. Das hier ist absolut fantastisch. Das ganze Land war zur Stelle. Nun muss ich schon wieder weinen“; sagte Jessie Diggins nach dem Sprint beim norwegischen Viaplay. „Das ist etwas, worauf wir so lange gewartet haben und unser Sport sollte noch weiter wachsen. Heute hat gezeigt, dass die Leute den Langlauf lieben und wir wollen häufiger Rennen wie diese. Das ist großartig und ich bin so dankbar. Das war etwas ganz Besonderes.“
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