Im Einzelstart über zehn Kilometer klassisch schrieb Victoria Carl deutsche Langlaufgeschichte und feierte den ersten deutschen Sieg im Klassik-Einzelstart über diese Distanz überhaupt. Zudem wurde Pia Fink Siebte und Sprinterin Coletta Rydzek 16.
Totale Dominanz dank exzellentem Material
Drei Deutsche in den besten 16 und davon ein absolut souveräner Sieg sorgen für einen totalen Feiertag im deutschen Team unmittelbar vor der Weihnachtspause. Dass neben Carl und der siebtplatzierten Pia Fink sogar Sprinterin Coletta Rydzek 16. wird, beweist, dass die deutschen Techniker um Lukas Ernst wieder die besten Ski des gesamten Feldes gezaubert haben. Ohne die exzellenten Ski gerade in der klassischen Technik und die Probleme anderer Nationen wäre diese Dominanz noch dazu in der eigentlich schwächeren Technik der Thüringerin wohl so nicht möglich gewesen. Victoria Carl, die sich derzeit in der Form ihres Lebens zu befinden scheint, belohnte sich dennoch verdient mit ihrem ersten Sieg. Die 28-Jährige setzte von der ersten bis zur letzte Zwischenzeit sämtliche Bestzeiten, die niemand unterbieten konnte. Zur Halbzeit nach 5,5 Kilometern führte sie noch mit zehn Sekunden auf Slind und Brennan, lag elf Sekunden vor Diggins und 16 vor Andersson. Bis zum Ziel konnte sie die Abstände auf die anderen mindestens verdoppeln. Auf dem Leader’s Chair konnte sie lange nicht glauben, dass niemand Schnelleres mehr kommen würde, dann wurde ihr Gesichtsausdruck immer fassungsloser. „Ich weiß nicht… das ist so verrückt! Die ganze Mannschaft ist on fire. Wir hatten so schnelle Ski, vielen Dank dafür! Ich bin überglücklich!“, sagte sie und fügte zur Überraschung aller hinzu: „Ich bin nicht so schnell gestartet und habe etwas Kraft gespart. Mein besseres Teilstück ist die blaue Runde von gestern und da habe ich dann alles gegeben. Ich habe die Zeiten bekommen von den Trainern und das hat mich noch weiter angespornt. Es ist einfach unglaublich“, strahlte sie nach ihrem ersten Sieg auf dem Weg zur Siegerehrung.
Carls Rennplan zu 100% aufgegangen
Victoria Carls Plan für das Rennen ist völlig aufgegangen, perfekter geht es nicht. Das bestätigte sie noch einmal in ihrem Statement in deutscher Sprache: „Ich weiß nicht, wie ich es gemacht habe. Ich habe mich sehr fokussiert und wusste genau, wo ich meine Zeit gutmachen wollte und eher etwas locker bleiben. Die Ski haben heute super gepasst, die sind einfach gefahren und ich konnte mich in den ganzen Abfahrten ausruhen. Dadurch konnte ich hochwärts noch mehr pushen“, erklärte sie. „Ich habe echt ein bisschen gestruggelt nach gestern, aber ich wusste, dass es allen so geht und jetzt heißt es einfach erholen für die Tour de Ski und dann freue ich mich auf den Heimweltcup in Oberhof und da stehen ja auch zwei Klassischrennen und eine Staffel an.“ Damen Trainer Per Nilsson war auch voll des Lobes für seinen Schützling: „Es war natürlich ein großartiger Tag. Mir ist bewusst, wie viel das dem Deutschen Skiverband bedeutet. Es war eine großartige Teamleistung und offensichtlich hatten wir exzellente Ski. Vicis Leistung war super, vor allem, weil sie auch einen klaren Plan hatte. Als sie das letzte Mal durchs Stadion kam, erinnerte ich sie daran, dass sie nun Gas geben soll. Vicis Leistung war technisch und taktisch das Beste, was ich je von ihr gesehen habe – besonders klassisch“, sagte er.
Brennan und Andersson klar geschlagen
Das Podium mit der Deutschen teilten sich am Ende Rosie Brennan und Ebba Andersson mit 19,6 und 21,6 Sekunden Rückstand. Nach 7,5 Kilometern war Ebba Andersson noch zehn Sekunden zurück und Rosie Brennan 16, aber dann begann der Streckenteil aus dem Skiathlon, auf dem Vici Carl richtig Gas gab. Die Schwedin klagte später über etwas zu viel Stieg. Jessie Diggins lag am Schluss 28 Sekunden zurück und Astrid Øyre Slind kam sogar erst mit 47 Sekunden Rückstand ins Ziel, was sie Platz fünf gegen Kerttu Niskanen kostete, die heute offenbar nicht ganz so schlechtes Material hatten. Pia Fink stellte mit einem erstklassigen siebten Platz ihre Bestleistung vom Weltcupfinale 2021 im Engadin ein sowie von der WM in Planica – beides in der freien Technik. Emma Ribom wurde Achte vor Heidi Weng, Margrethe Bergane und Linn Svahn.
Fink und Rydzek überraschen sich selbst
Pia Fink ging etwas vorsichtiger an als andere, lag aber schon nach zwei Kilometer unter den besten Zehn und arbeitete sich von dort weiter nach vorne. Am Ende bedeutete das einen erstklassigen siebten Rang mit 56 Sekunden Rückstand und Einstellung der persönlichen Bestleistung. Dabei war das Ergebnis viel besser als erwartet, wie Fink sagte: „Ich habe mich heute ganz schön müde gefühlt und hatte das Rennen von gestern noch in den Beinen. Ich habe heute gar nicht so viel erwartet. Ich habe mir einfach vorgenommen, eine gute Technik zu laufen und bin immer noch überrascht, wie gut das Ergebnis ist, das dabei herauskam. Das freut mich natürlich sehr, ich denke, es ist ein gutes Zeichen für die WM nächstes Jahr. Ich bin sehr glücklich, dass wir es jetzt geschafft haben und es heim geht, ein bisschen ausruhen, Kräfte sammeln, aber ich bin sehr zufrieden, wie die vier Wochen abgelaufen sind.“ Auch Sprinterin Coletta Rydzek hätte nie und nimmer mit einem 16. Platz gerechnet, nachdem es in den letzten Wochen nicht nach Wunsch lief: „Das hätte ich heute nicht erwartet, weil ich in den letzten Tagen und Wochen mit meiner Form gestruggelt habe. Deswegen wollte ich heute einfach noch einen guten Abschluss finden und ich wusste, dass zehn Kilometer klassisch auch mal solide sein können bei mir, aber dass ein 16. Platz dabei rausspringt freut mich sehr und jetzt kann ich etwas entspannter in die Weihnachtsfeiertage gehen.“ Helen Hoffmann als 27., Sofie Krehl als 32. und Katherine Sauerbrey und Lisa Lohmann, die zeitgleich 34. wurden, rundeten das erstklassige deutsche Mannschaftsergebnis ab. „Auch die anderen Damen, wir haben Pia auf dem siebten Platz, Coletta wurde sehr gute 16. nach einem schwereren Start. Dann haben wir noch Helen auf dem 27. Platz und Sofie auf der 32 sowie Lisa und Kate zeitgleich auf der 34. Sieben Damen in den Top35 – das ist eine richtig gutes Team Ergebnis“, lobte Per Nilsson seine Damen.
Stadlober als Zwölfte nicht zufrieden
Teresa Stadlober kam nach knapp elf Kilometern mit der zwölftschnellsten Zeit ins Ziel, 1:06 Minuten hinter der Siegerin. Zur Halbzeit lag die Salzburgerin sogar nur an 19. Stelle, arbeitete sich dann aber noch nach vorne. Da es sich um eine Rennen in der klassisch Technik handelte und sie schwer ins Rennen hineinfand, war die 30-Jährige nicht völlig zufrieden mit dem Ergebnis. „Ganz zufrieden bin ich heute nicht, so ehrlich muss ich sein. Ich wollte schon in die Top10 laufen, aber das ist sich leider knapp nicht ausgegangen“, so Stadlober. „Ich bin in der ersten Runde schwer in die Gänge gekommen und daran gilt es jetzt einfach zu arbeiten, auch in Hinblick auf die anstehende Tour de Ski. Die zweite Runde war dann definitiv besser und wir hatten auch wieder super Material. Das Rennen war heute sehr schwierig und auch die Verhältnisse nicht einfach. Ich habe mir grundsätzlich mehr erwartet, aber ein Platz in den Top-15 ist dennoch in Ordnung. Jetzt werde ich mich erst einmal erholen und danach gut auf die Tour vorbereiten.“ Beste Schweizerin wurde diesmal Anja Weber auf einem guten 21. Platz und auch Desirée Steiner konnte sich über Rang 28 freuen. Nicht zufrieden kann dagegen Nadine Fähndrich mit Position 40 sein.
Fazit des Sportdirektors
Nach einem solchen Tag findet natürlich auch der Sportliche Leiter Andreas Schlütters nur lobende Worte, zieht aber auch ein Fazit zum Langlauf Weltcup am Austragungsort der Weltmeisterschaften 2025: „Erster Weltcupsieg von Victoria Carl und wie Per schon gesagt hat auch eine unglaubliche Teamleistung. Was soll ich groß sagen? Wir waren materialmäßig voll auf der Höhe, die Techniker haben einen unfassbar guten Job gemacht, alle Betreuer im Umfeld und die Damen haben sich alle das Rennen sehr gut eingeteilt. Vici hatte einen ganz klaren Plan, den sie auch verfolgt hat. Das hat man gesehen und es war auch sehr früh erkennbar, dass da heute was Großes draus werden kann. Das Material hat natürlich geholfen, aber das ist auch notwendig, wenn man sich auf diesem Level bewegen will!“, so Schlütter, der auf die Tage von Trondheim im Hinblick auf das bevorstehende Großereignis an selber Stelle zurückblickt: „Summasummarum gehen wir natürlich mit einem sehr guten Gefühl hier von Trondheim weg. Das sind die WM-Strecken fürs kommende Jahr, wir konnten viele Erfahrungen sammeln. Wir hatten die Wissenschaftler dabei vom IAT, wir hatten unseren Arzt und unsere Physios dabei. Wir konnten eigentlich alles ausprobieren: Wir hatten auch unsere Teamassistentin dabei, die auch für die anderen Disziplinen wie Nordische Kombination und Skispringen die Trainingsmöglichkeiten, die Unterkünfte, die Möglichkeiten im Hotel bis zu den ganzen Sachen, was hier die Strecken anging, gecheckt hat, auch die Parksituationen… Wir haben diese Woche intensiv genutzt, um uns die notwendigen Informationen zu holen, die wir für die Weltmeisterschaft im nächsten Jahr brauchen.“ Nun gibt es aber zunächst andere Ziele in näherer Zukunft: „Mit so einem Erfolg fährt man natürlich gerne in die kurze Weihnachtsferien. Danach heißt es aber schon wieder Spannung aufbauen für die Tour de Ski und Ende Januar unseren Heimweltcup in Oberhof, wo wir alle drauf freuen und ich glaube, so kann man auch mit nem breiten Grinsen von Norwegen abreisen. Schöne Weihnachten an alle und wir sehen uns bei der Tour de Ski!“
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