Nach langem Drängen haben die nordischen Skinationen und der Hauptsponsor es geschafft: Das russische Langlauf-Team verlässt Norwegen. Inzwischen wurde das gesamte norwegische Sprint-Team positiv auf Corona getestet.
Veranstalter und Hauptsponsor machen Druck auf Russland
Von der FIS gab es nach wie vor keine Hinweise, dass die russischen Sportler von Wettkämpfen ausgeschlossen werden würden, wie es gestern viele große Sportverbände taten wie im Fußball, Handball oder Eishockey und wie es auch das IOC forderte. Der belarussische Skiverband zog am frühen Morgen seine Sportler zurück, nachdem die Verbände aus Norwegen, Schweden und Finnland gestern erneut an die FIS herangetreten waren und den Ausschluss der beiden Nationen gefordert hatten. Am Morgen überschlugen sich dann die Ereignisse: Zunächst kündigte Konnerud, der Veranstalter des City-Sprints in Drammen, eine Absage des Weltcups an, falls Russen am Start stehen würden. „Konnerud IL hat heute, Dienstag, den 1. März um 08:00 Uhr, entschieden, sich aus jeglichem weiteren Engagement, Vorbereitung und der Durchführung des Weltcups in Drammen am 3. März zurückzuziehen, wenn die Teilnahme von russischen Athleten an der Veranstaltung nicht ausgeschlossen wird“, hieß es in einer Pressemeldung. Wenig später erhöhte auch Hauptsponsor Coop den Druck und kündigte an, dass das Coop-Logo abgeändert worden sei in die Farben blau und gelb auf weißem Grund. „Wir müssen tun, was wir können und hoffen, dass es reicht und die Russen nicht mit dem Logo in ukrainischen Farben antreten wollen“, sagte Bjørn Takle Friis, Marketing Manager von Coop Norge.
FIS: „Sie können ihnen den Start nicht verbieten“
Als immer noch keine Reaktion von FIS und russischen Langläufern folgte, machte der norwegische Verband einen weiteren Vorstoß und setzte sich über die Entscheidung der FIS hinweg. „Wir haben gehofft, die FIS würde selbst zu der Entscheidung für den Skisport kommen, aber der Skiverbund kann nicht länger warten. Der Rat hat deswegen heute früh entschieden, der FIS mitzuteilen, dass russische und belarussische Sportler nicht in Wettbewerben in Norwegen starten dürfen“, sagte Skipräsident Erik Røste. Damit verletzte der Skiverband die bestehenden FIS-Regeln. Wie die FIS, die für 12 Uhr eine weitere Sitzung geplant hatte, mitteilte, dürfe der NSF diese Entscheidung nicht ohne die FIS treffen. „Der norwegische Skiverband kann den Wunsch ausdrücken, dass russische und belarussische Sportler nicht antreten, aber sie können ihnen den Start nicht verbieten“, sagte FIS-Generalsekretär Michel Vion dem NRK. Wie sie ihre Forderung durchsetzen wollen, dazu sagte Espen Graff, Kommunikationsmanager des NSF, nichts. Zwei Stunden nach Beginn der FIS-Sitzung wurde eine Pressemeldung veröffentlich, dass nun auch von Seiten der FIS keine russischen und belarussischen Starter mehr zugelassen sind.
Russen beugen sich dem Druck
Das russische Team hielt dem Druck aber zunächst noch statt. Bolshunovs Trainr Yuriy Borodavko wollte den dritten Sieg seines Schützlings in Serie am Holmenkollen noch nicht aufgeben. „Lasst uns den offiziellen Entschluss der FIS abwarten. Die Norweger können ihre Entscheidungen treffen, aber sie haben nicht das letzte Wort. Wir bereiten uns auf alle möglichen Szenarien vor“, sagte er zur russischen Nachrichten Agentur RIA. Wenig später änderte man aber noch vor der Sitzung des FIS-Boards seine Meinung und kündigte die Abreise für Mittwoch an. „Wir verlassen Norwegen und beenden unsere internationale Wettkampfsaison“, so Borodavko. Das Team vom NRK traf ihn und einige Athleten beim Training am Holmenkollen. Markus Cramer äußerte sich nach den dramatischen Entwicklungen sehr enttäuscht von NSF und FIS. „Ich habe verstanden, dass sie keine Russen am Start sehen wollen. Aber schwerer zu verstehen ist es, dass sie keine russischen Militärangehörigen in Norwegen wollen. Ich kann nicht verstehen, dass man die Sportler in diesem Fall als „russische Soldaten“ bezeichnen kann.“ Außerdem kritisierte er die gestrigen Worte Vegard Ulvangs: „Wenn der Vorsitzende des Langlauf-Komitees der FIS so etwas sagt, gießt er Öl ins Feuer. Bisher gab es solche Diskussionen mit der FIS und nicht öffentlich in den Medien und nicht so emotional wie Vegard ist. Hätte er das Argument gebracht, dass er sich um die Sicherheit der Athleten sorgt, hätte ich das eher verstanden.“ Sportminister Oleg Matytsin spricht gegenüber der TASS von Diskriminierung: „Jeder weiß doch, dass es ohne russische Sportler keine Weiterentwicklung im Sport gibt. Was hier abläuft, kann man nur als Diskriminierung wegen der Nationalität bezeichnen.“ Elena Välbe kündigte an, zusätzliche Wettkämpfe in der Heimat organisieren zu wollen, um die Wettkampfsaison noch nicht beenden zu müssen. Weitere Statements gibt es in russischen Medien bisher noch nicht.
Worst Case: Alle Sprinter positiv
Schlimmer hätte es gar nicht kommen können: Alle norwegischen Sprinter sind nach Rückreise aus Lahti und nur zwei Tage vor dem Sprintweltcup in Drammen positiv auf Corona getestet worden. „Jeder im Sprintteam ist positiv geteste worden. Håvard Solås Taugbøl war gestern der Erste, heute dann Erik Valnes, Pål Golberg, Sindre Bjørnestad Skar und Johannes Høsflot Klæbo“, sagte Sprint-Nationaltrainer Arild Monsen zu NRK. Der norwegische Skiverband analysiert nun die Situation, ob diese positiven Tests möglicherweise auch Folgen für andere Athleten haben, die in Lahti am Start waren. „In meiner kleinen Welt ist das natürlich blöd“, so Klæbo, der schon vermutet, dass die Weltcupsaison für ihn und die anderen Betroffenen vorbei sein wird. „Aber wenn man sieht, was gerade in der Welt passiert, werden diese Infektionen einfach unwichtig.“ Taugbøl bemerkte Symptome am Montag, die anderen haben minimale bis keine Symptome. Bisher sind nur die Sprinter positiv getestet, man wartet aber auf die Ergebnisse der anderen Athleten. Wie sich die Sprinter infiziert haben, wird noch untersucht. Wer nun in Drammen, Oslo und auch Falun nächste Woche antreten kann, ist noch nicht bekannt.