Sjur Røthe heißt der Sieger an der Alpe Cermis, aber viel überraschender waren die Ergebnisse der Deutschen, die Platz drei und vier belegten. Der Tour de Ski-Sieg war Johannes Høsflot Klæbo schon vor der Schlussetappe fast nicht zu nehmen.
Røthe wieder stark am Final Climb
Vor zwei Jahren gehörte Sjur Røthe zu den Schnellsten an der Alpe Cermis. Während er damals mit seinem Landsmann Simen Hegstad Krüger kämpfte, war diesmal Vorjahressieger Denis Spitsov sein größter Rivale, mit dem er sich im ersten Steilstück von den anderen absetzte. Ein weiterer hoch eingeschätzter Athlet, Francesco de Fabiani, musste seine Hoffnungen schon weit vor der Alpe Cermis begraben. Wie schon tags zuvor wurde der Italiener nach einem Sturz weit zurückgeworfen, diesmal in der Abfahrt vor dem Zorzi-Anstieg im Stadionbereich, wo er und Ivan Yakimushkin aus der Kurve getrieben wurden. In der Überführung zum Final Climb machte Alexey Chervotkin das Tempo, zu Beginn des Anstiegs übernahm dann aber Iivo Niskanen die Kontrolle. Sein Ziel war wohl, das Tempo so lange wie möglich moderat zu halten, denn sobald es richtig steil wurde, war der Finne stehend k.o. und viele andere drängelten sich an ihm vorbei. Zu diesem Zeitpunkt attackierten auch Røthe und Spitsov, konnten aber nicht mehr als 20 Sekunden herauslaufen. Das lag zunächst an Johannes Høsflot Klæbo, der die Gruppe anführte, später an Friedrich Moch, der die großen Namen wie Klæbo und Bolshunov einfach stehen ließ – wie auch Lucas Bögl. Sjur Røthe setzte sich auf den letzten Metern gegen seinen Weggefährten Denis Spitsov durch, der immer nur in seinem Windschatten gehangen hatte. 18 Sekunden später überquerte Friedrich Moch als überglücklicher Dritter die Ziellinie gefolgt von seinem Teamkollegen Lucas Bögl, die beide ihr bestes Karriereresultat erreichten. Johannes Høsflot Klæbo wurde Fünfter vor dem starken Andorraner Ireneu Esteve Altimiras und Alexander Bolshunov. Der Japaner Naoto Baba kam als Achter ins Ziel vor Didrik Tønseth und Artem Maltsev.
Klæbo holt zweiten Tour-Sieg
Mit seiner Ankunft vor Bolshunov am Ziel an der Alpe Cermis war klar, dass der Tour de Ski-Gesamtsieg ungefährdet an Johannes Høsflot Klæbo geht. Das war bei dieser sprintlastigen Tour de Ski, die er entgegen seiner Ankündigungen vor der Saison doch beendete, aber auch kein Wunder: Zwei Siege in den Sprints, zwei Siege in den „flachen“ Massenstarts sowie Platz vier im Einzelstart und Platz fünf an der Alpe Cermis – souveräner kann man eine Tour de Ski kaum gewinnen. Rang zwei in der Gesamtwertung ging mit etwas mehr als zwei Minuten Rückstand an Alexander Bolshunov, der nach vielen gesundheitlichen Problemen in den letzten Monaten in dieser Saison nicht in der Form der letzten Jahre zu sein scheint. „Den Rückstand hätte man einholen können, aber nicht in meiner Verfassung und nicht mit einem Johannes in dieser Form. Seine Form ist so, dass er aufhören könnte zu trainieren und direkt zu den Olympischen Spielen gehen könnte und dort sein Ding durchziehen. Seine Form ist so gut, dass er uns in jedem Rennen schlägt. Aber wir werden sehen, was in einem Monat ist. Es dauert nicht mehr lange…“, sagte er. Als Zwölfter im Massenstart, eine Minute hinter dem Sieger, rettete Iivo Niskanen sein Tour-Podium ins Ziel. Nur sieben Sekunden trennten ihn nach sechs Etappen vom Zweiten des heutigen Rennens, Denis Spitsov. Der Russe machte dank der heutigen Leistung noch einen Sprung von sieben auf vier vor Pål Golberg und Ivan Yakimushkin. Auch Didrik Tønseth und Erik Valnes kamen als Siebter und Achter noch unter fünf Minuten Rückstand ins Ziel.
Moch mit dem Rennen seines Lebens
„Ich habe versucht, ein gutes Rennen zu machen. Ich kannte das hier hoch auch noch nicht. Ich habe gedacht, ich gucke es mir mal an. Es ging heute echt gut und unten rein war es noch nicht ganz so schnell, da dachte ich, ich gehe mal vorbei und probiere es“, erzählte der ungläubige Friedrich Moch nach dem Rennen. Der erst 21-Jährige lag mit Beginn des Anstiegs um Platz zehn in der Nähe von Lucas Bögl und ließ sich von den großen Namen um sich herum nicht abschrecken. An einem Athleten nach dem anderen schob er sich vorbei wie zum Beispiel Niskanen, kurz darauf Bolshunov. Schon jetzt war Teamchef Peter Schlickenrieder kaum noch zu halten: „Das was der junge Frie da abzieht, ist abgefahren nach so einer Woche. Wenn man sieht, dass er gar nicht mehr die Kalorien zu sich bringt. Was er hier zeigt, ist erste Sahne! Beim Luggi wissen wir, dass er das kann“, sagte er während des Rennens im ZDF. Als der Allgäuer kurz darauf auch noch Klæbo stehen ließ und sich im Alleingang auf die Verfolgung der beiden Führenden machte, brüllte er ihm zu: „Den dritten Platz, den schaffen wir!“ Und so sollte es auch kommen: Nur 18 Sekunden trennten das Nachwuchstalent bei seiner ersten Tour de Ski vom Sieger im Final Climb, was Hoffnungen für die nächsten Jahre macht. Dieser dritte Platz katapultierte ihn in der Gesamtwertung noch von Platz 22 auf 14, so dass er die Tour de Ski als bester Deutscher abschloss. Teamchef Peter Schlickenrieder war voll des Lobes: „Mit sowas hat man nicht rechnen können nach einer so harten Woche, die haben hart gefightet in jedem einzelnen Wettbewerb. Dass der nun Dritter wird, sein erstes Podium, des ist schon erste Sahne.“ Weiter schwärmte er: „Der Friedrich ist schon ein Ausnahmeläufer. Er war net umsonst der beste U23er bei der Tour de Ski. Er ist nicht umsonst bei den Junioren-Weltmeisterschaften sehr erfolgreich gewesen. Wenn man den Stil sieht, das Skaten, das kann er. Das ist seine Domäne. Steiler Anstieg, dieses Fokussieren und es sich gut einteilen. Er ist ein Athlet, der ein gutes Gespür hat für Intensitäten, Trainingsumfang, wann muss man sich zurücknehmen, wann kann ich es vielleicht auch mal probieren. Das vereint, was man braucht, um irgendwann ganz oben zu stehen.“
Bögl mit neuer Bestleistung als Vierter
Auch Lucas Bögl hatte allen Grund, beim Interview nach dem Rennen ohne Pause von einem Ohr zum anderen zu strahlen. Schon im letzten Jahr wurde er starker Achter am Final Climb, diesmal setzte er noch einen drauf und wurde hinter dem jungen Teamkollegen Vierter. Das bedeutete auch für ihn das beste Resultat seiner Karriere. „Man kann es noch nicht ganz fassen, es ist Wahnsinn, wenn man die ganz großen Namen vor sich hat und dann feststellt: ‚Scheißdreck, die sind mir ein bisschen zu langsam heute!‘ Dann kann man schwierig überholen, muss sich irgendwo vorbeiwürgen, aber das kann man in dem Moment noch gar nicht so richtig glauben. Es ist immer schön, an jemandem vorbeizulaufen, der sonst immer vorne ist“, so Bögl, der auf einigen Etappen Kräfte gespart hat: „Ich konnte mich in den Sprints Gottseidank ein bisschen schonen, da bin ich früh ausgeschieden. Ich weiß, dass es mir hier liegt und bin kein großer, sondern ein leichter Läufer und da kann man da hoch immer noch Positionen machen. Das war immer schon so und drum hatte ich heute vielleicht mehr Körnchen als die, die jedes mal im Sprint im Finale standen bei dieser doch sehr sprintlastigen Tour.“ Dass Janosch Brugger die Schlussetappe nicht so gut liegt, ist seit Jahren bekannt. Er beendete den Massenstart als 30., was ihn noch drei Plätze kostete: In der Tour-Wertung wurde er 19. vor Lucas Bögl, der nach fünf Etappen noch 28. gewesen war. Weltcup-Neuling Albert Kuchler beendete seine erste Alpe Cermis als 38. mit fast zweieinhalb Minuten Rückstand, überholte aber auf dem letzten Kilometer noch mehrere Athleten. Das brachte ihm insgesamt Platz 37 von 56 Finishern ein. Thomas Bing trat zur Schlussetappe nicht mehr an. Schlickenrieder abschließend: „Das ist fast ein historisches Ereignis, das hat es lange nicht gegeben im Männer Sport!“
Baumann als 18. bester Schweizer
Nach dem Ausstieg von Dario Cologna vor der fünften Etappe wurde Jonas Baumann als bester Eidgenosse 18. in der Tour de Ski. Auf der finalen Etappe war er ebenfalls der beste Schweizer und überquerte als 16. die Linie. Roman Furger wurde wenige Sekunden dahinter 19. am Schlussanstieg, so dass er sich noch auf Gesamtrang 33 verbesserte. Candide Pralong kam als 27. ins Ziel und holte ebenfalls noch Punkte im Massenstart, für die Gesamtwertung, die er als 39. beendete, bekommen ohnehin alle Finisher noch Punkte, damit die Leistung eines jeden Athleten, der sich ins Ziel quält, gewürdigt wird. Cyril Fähndrich war den gesamten Aufstieg in Reichweite von Albert Kuchler zu finden und beendete die Etappe knapp hinter ihm als 40. und auf dem 44. Gesamtrang.
=> Ergebnis Massenstart Final Climb
=> Tour de Ski Endstand
=> Weltcupstand nach Tour de Ski