Langlauf Weltcup: Slind jubelt über 20 Kilometer bei Tour de Ski in Toblach – Carl wird Vierte

Therese Johaug (NOR), Astrid Oeyre Slind (NOR), Kerttu Niskanen (FIN), (l-r) © Vanzetta/NordicFocus

Nach einem verkorksten Massenstart meldet sich Victoria Carl in Podiumsnähe zurück. Der Sieg ging an Astrid Øyre Slind vor Therese Johaug und Kerttu Niskanen.

Bergauf drei innerhalb von 4,5 Sekunden…

Therese Johaug (NOR) © Vanzetta/NordicFocus

Nach dem Rennen der Herren verschwand die Sonne hinter den Bergen, so dass die Temperatur im Tal gegen um 0°C lag. Mindestens so wichtig wie das richtige Material ist aber eine gute Renneinteilung und ein sehr guter Tag, um von Anfang bis Ende ein schnelles Tempo anzuschlagen, wie Amundsen vorher bewies. „Die Strecke ist faszinierend, nicht nur wegen dem Panorama mit dem Drei-Zinnen-Blick, wo zehn Kilometer überstanden sind und man die Schinderei fast hinter sich hat und dann geht es ins Ziel hinab nach Toblach, wo immer gearbeitet werden muss“, erklärte DSV-Teamchef Peter Schlickenrieder die heutige spezielle Etappe mit 269 Höhenmetern auf den ersten Kilometern und einer langen Abfahrt ins Ziel, die eine ungewöhnliche Herausforderung für die Athletinnen darstellt. Ähnlich wie Janosch Brugger gab auch Victoria Carl alles und im Gegensatz zu ihrem Teamkollegen blieb sie auch die Schnellste, nachdem alle 58 Athletinnen die Stelle passiert hatten, so dass sie die 15 Sprintpunkte abräumte. Auf den nächsten Kilometern entwickelte sich ein immer engeres Rennen, vor allem Kerttu Niskanen kam stark auf und übernahm am höchsten Punkt die Führung, die Therese Johaug noch knapp unterbot. So sah alles nach einem Dreikampf um den Sieg aus mit Johaug, Niskanen und Carl innerhalb von 4,5 Sekunden.

..aber dann kommt Slind!

Astrid Oeyre Slind (NOR) © Vanzetta/NordicFocus

Obwohl bergab eigentlich Victoria Carl durch ihr höheres Gewicht im Vorteil wäre im Gegensatz zu Leichtgewicht Therese Johaug, war am Ende doch eine Norwegerin die Stärkste. Sowohl Johaug als auch Astrid Øyre Slind, die am höchsten Punkt noch 16 Sekunden Rückstand auf Johaug hatte, hatten in der zweiten Rennhälfte noch mehr Kräfte übrig, um unentwegt zu arbeiten. Am Ende hieß die Siegerin Astrid Øyre Slind, die bei Erreichen des Stadiongeländes nach guter Zusammenarbeit mit Moa Ilar gleichauf mit Johaug lag. Allerdings ließ sich Johaug auch diesmal wieder auf den letzten 500 Metern im Stadion von allen drei Läuferinnen ihrer Gruppe deutlich abhängen, so dass die etwas später gestartete Slind dort Boden gutmachte. In dieser Form ist Johaug zumindest für Massenstartrennen bei der WM in Trondheim keine Goldfavoritin. Eine Erklärung ist aber möglicherweise, dass ihr und anderen Athletinnen durch die ständig hohen Geschwindigkeiten in der Abfahrt die Tränenflüssigkeit einfror. „Ich habe fast nichts gesehen, als ich ins Ziel kam“, sagte sie. Slind kann aber erneut jubeln über ihren zweiten oder dritten Weltcupsieg – je nach Zählweise wegen einer schnellsten Nettozeit im Verfolgungsrennen. „Ich fühle mich großartig. Nun weiß ich, dass ich das auch im Skating kann“, meinte die Klassikspezialistin analog zu Diggins im Massenstart, die dort ihren ersten Klassiksieg feierte. Slind sagte weiter: „Ich bin sehr glücklich und finde, dass das das Rennen war, dass bisher am meisten Spaß gemacht hat in meiner Karriere, weil wir vom höchsten Punkt zusammen gelaufen sind und es war eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen Schweden, Kanada und Norwegen. Das war toll“, meinte die 36-Jährige, die das Rennen an die Ski Classics erinnerte: „Ich habe viele Ski Classic Rennen gemacht, das ist sehr ähnlich: Du hast nie Erholung und musst dein Tempo finden und Zusammenarbeit wie heute ist sehr wichtig. Damit hatte ich Glück, bin clever gelaufen und in guter Form.“ Mit 3,3 Sekunden Rückstand ging der zweite Platz an Therese Johaug. Kerttu Niskanen und Victoria Carl verloren bergab deutlich auf die Norwegerin, so dass Niskanen als Dritte schon 20 Sekunden Rückstand hatte.

Bestleistung für Stewart-Jones

Katherine Stewart-Jones (CAN) © Vanzetta/NordicFocus

Mit der guten Zusammenarbeit zwischen Norwegen, Schweden und Kanada meinte Astrid Slind Katherine Stewart-Jones und Moa Ilar. Für die Kanadierin bedeutete Platz vier zeitgleich mit Victoria Carl eine klare persönliche Bestleistung, nachdem sie zur Halbzeit noch Neunte gewesen war. Bisher hatte die 29-Jährige einen zehnten Platz aus dem Massenstart in Val di Fiemme 2023 zu Buche stehen. Jessie Diggins wurde Sechste und behauptete damit die Führung in der Tour de Ski mit 22 Sekunden Vorsprung auf Niskanen sowie 32 Sekunden vor Slind und 41 Sekunden auf Johaug. Heidi Weng kam mit der siebten Zeit ins Ziel vor Moa Ilar, Kristin Austgulen Fosnæs und Sophia Laukli.

Carl nun Gesamt-Zehnte

Sophia Laukli (USA), Victoria Carl (GER), (l-r) © Vanzetta/NordicFocus

Victoria Carl war mit ihrem vierten Platz alles andere als unzufrieden, eher sogar Peter Schlickenrieder, der sagte: „Klar ist es wieder der vierte Platz, so eine Holzmedaille, aber die Vici hat das Zeug, ganz oben zu stehen und darum tut mir das natürlich leid, dass es wieder der Vierte ist. Aber vielleicht heben wir uns das einfach für den wichtigsten Moment im Jahr auf bei der Weltmeisterschaft in Trondheim.“ Wie die „Rakete von Thüringen“ selbst sagte, war mangelnde Unterstützung bergab die Ursache, dass es nicht für das Podium reichte. Dennoch war sie überaus zufrieden mit ihrem Rennen: „Ich bin super zufrieden. Es hat einfach alles gepasst vom Ski über mein Körpergefühl. Hochwärts konnte ich super mit der Laukli laufen, runterwärts ist es leider nicht mehr so gelaufen, dann musste ich nur noch kämpfen um jede Sekunde. Es hat ganz knapp nicht geklappt mit dem Podium, ich glaube sieben Sekunden aufs Podest, über 20 Kilometer ist voll in Ordnung. Ich kann mich jetzt wieder ein Stückchen nach vorne arbeiten in der Gesamtwertung und morgen ist das dasselbe Ziel“, sagte die 29-Jährige, die mit blauen Knien nach ihrem Sturz im Massenstart läuft: „Ich habe einfach den Kopf ausgeschaltet und bin gelaufen. Hinterher tut es klar wieder ein bisschen weh, da ist ein bisschen ein Bluterguss drin, aber im Rennen hast du so viel Adrenalin im Körper und bist so auf das Rennen fokussiert, dass das gar nicht stört.“ In der Gesamtwertung hat sie sich mit diesem Rennen bis auf den zehnten Platz vorgearbeitet, nachdem es in den ersten zwei Tagen nicht gut lief. Das liegt aber auch an dem vielen Training vor Saisonbeginn und seit Mitte Dezember, das auf das Hauptziel der Saison, die WM in Trondheim ausgerichtet ist. „Wütend bin ich nicht über meinen Tour-Start, es war eher Enttäuschung, aber ich weiß genau, wofür wir so gut trainiert haben vor Weihnachten und das Ziel ist einfach Trondheim die WM und ich merke, dass ich jetzt über die Rennen immer mehr in den Wettkampf reinkomme und mich besser fühle und das ist alles super“, sagte sie.

Fünf Deutsche in Top-30

Pia Fink (GER) © Modica/NordicFocus

Nicht nur Victoria Carl, auch die anderen Damen wussten zu überzeugen mit vier weiteren Resultaten in den besten 30. Nach dreimal Platz zwölf in den ersten drei Weltcup lief Pia Fink heute als 14. zum vierten Mal unter die besten 15. „Ich habe gehofft, dass mir das Rennen heute liegt, weil ich mit den letzten zwei Rennen nicht zufrieden war. Aber heute lief es gut, ich hatte ab der Wende aber auch das Glück, in einer Gruppe zu laufen“, sagte Pia Fink zufrieden. „Wir haben uns gestern zusammen die Runde angesehen und da dachte ich schon, dass das bei der Sonne ein schönes Rennen wird.“ Helen Hoffmann wurde 20. und baute damit ihre Führung in der U23-Wertung auf Märta Rosenberg aus. Anna-Maria Dietze und Laura Gimmler kamen als 28. und 29. ebenfalls unter die besten 30. „Generell liegt mir Massenstart besser und Klassisch auch, deswegen bin ich sehr zufrieden mit meiner Leistung – egal was rauskommt“, sagte Laura Gimmler, die zum Zeitpunkt des Interviews noch 15. war. „Ich war mit der Tour de Ski bisher sehr zufrieden, aber wir hatten heute auch gutes Material, das hat sich sehr gut angefühlt und ich glaube, da geht noch was die Tage.“ Für die 25-jährige Anna-Maria Dietze, die bis zum Frühjahr in den USA Physik studierte und sich nun über den Continentalcup für die Tour qualifizierte, war das Erlebnis Tour de Ski Neuland: „Mir hat es super viel Spaß gemacht. Das ist mal ein anderes Rennen gewesen heute, super mit der Landschaft, aber natürlich mega hart, aber es hat auch Spaß gemacht. Ich habe versucht, mich zwischendurch mit einem Blick auf die Landschaft abzulenken“, sagte sie. Katherine Sauerbrey kam als 45. in die Wertung und Lisa Lohmann wurde 53.

Schlickenrieder: „Alle haben ein Ausrufezeichen gesetzt!“

Anna-Maria Dietze (GER) © Modica/NordicFocus

Teamchef Peter Schlickenrieder war nach dem schwierigen Start mit seinen Athletinnen überaus zufrieden. „Es freut mich, dass die gesamte Mannschaft heute ein Ausrufezeichen gesetzt hat, nachdem sie einen schweren Einstieg in der Tour erlebt haben und einen enttäuschenden klassischen Massenstart. Das ganze Team hat sich berappelt. Gestern haben wir den Ruhetag intensiv genutzt zum Testen, damit das heute hier so abgeht und es freut mich am meisten, wenn man nicht nur ein Spitzenresultat hat, sondern wenn man bei den Mädels fünf unter den ersten 30 hat“, lobte er. „Pia Fink hat ein tolles Rennen gemacht und ein Top-15 Ergebnis, die junge Helen Hoffmann ist 20. und dann auch noch Anna-Maria Dietze, die aus dem Continental Cup hochgekommen ist, mit dem 28. Platz oder auch Laura Gimmler, die nicht die große Skaterin ist, hier nochmal ein Ausrufezeichen gesetzt hat genauso wie die Herren. Das freut mich, dass wir mannschaftlich geschlossen da vorne mitmischen können.“ Zudem schickt er über das ARD-Mikrofon noch Grüße an die Zuschauer: „Ich wünsche allen einen guten Rutsch, lasst es krachen und seid gespannt auf das, was 2025 Langlauf Deutschland für Aufsehen erregen wird!“

Brudermann überzeugt, Stadlober nicht

Katharina Brudermann (AUT) © Modica/NordicFocus

Für Teresa Stadlober verlief das Rennen definitiv nicht nach Wunsch. Die Radstädterin kam über Platz 23 mit zwei Minuten Rückstand nicht hinaus, nachdem sie am Wendepunkt immerhin noch 15. gewesen war. Damit belegt die nun Platz 14 in der Gesamtwertung der Tour de Ski. „Das war heute ein Wettkampf zum Vergessen. Es war leider ein klassisches Startnummernrennen und dann als Letzte in das Rennen zu starten, war einfach extrem hart. Ich habe 20 km durchgehend kämpfen müssen, hatte nie jemanden zum Mitlaufen und das hat das ganze richtig schwierig gemacht. Bei den meisten Athletinnen haben sich Gruppen gebildet, wodurch man, besonders auf dieser Runde, viel Kraft bzw. Zeit sparen konnte und dadurch einfach einen großen Vorteil hatte. Im Moment ist das extrem bitter, weil auch die morgige Verfolgung dadurch natürlich extrem schwierig für mich wird und auch die Tour-Gesamtwertung dementsprechend beeinflusst wird“, sagte sie. Besser machte es ihre junge Teamkollegin Katharina Brudermann, die nur eine halbe Minute langsamer gewesen war als ihre Landsfrau. Mit Platz 31 kann die 25-Jährige, die kurz vor dem Stadion noch von der schnellen Gruppe um Slind eingeholt wurde, sehr zufrieden sein.

Jüngste Schweizerin die Beste

Marina Kaelin (SUI) © Vanzetta/NordicFocus

Im Schweizer Team landete das jüngste Teammitglied am weitesten vorne. Die erst 21-jährige Marina Kälin wurde in diesem ungewohnten und schweren Rennen sehr gute 17. mit 1:39 Minuten Rückstand, damit stellte sie eine neue persönliche Bestleistung im Weltcup auf. Ihre zwei Jahre ältere Schwester Nadja belegte Rang 27 und Anja Weber wurde 39. und landete damit noch vor der erfahrensten Schweizerin Nadine Fähndrich, die 43. wurde. Rang 49 ging an Giuliana Werro. Als beste Schweizerin ist Fähndrich nun nur noch 26. in der Gesamtwertung.

=> Ergebnis 20 Kilometer Freistil Einzelstart Damen
=> Zwischenstand nach drei Etappen

 

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