Das Birkebeiner Rennet über 54 km von Rena nach Lillehammer ist das norwegische Pendant zum Vasaloppet in Schweden. Es handelt sich ebenso um ein Traditionsrennen im klassischen Stil mit geschichtlichem Hintergrund – der Überlieferung nach haben im Jahr 1204 die Birkebeiner den Königssohn Håkon Håkonsson auf dieser Strecke in Sicherheit gebracht. Das Rennen ist Teil der Visma Ski Classics Rennserie und zählt jährlich bis zu 15.000 Starter. Circa 20 der insgesamt 54 Kilometer führen durch Berggebiet über der Baumgrenze mit offenen Flächen. Die Strecke ist hier Wind und Wetter sehr ausgesetzt, daher muss jeder Teilnehmer verpflichtend während des Wettkampfs einen 3,5 kg schweren Rucksack mitführen, der windschützende Bekleidung sowie Essen und Trinken beinhaltet.
Für das Skimarathon Team Austria war die Teilnahme eine Premiere. Leider immer noch verletzt musste der Münchner Eric Thomas auf einen Start verzichten, aber die Tirolerin Petra Tanner machte sich gemeinsam mit ihrem Vater Peter, der als Betreuer und Servicemann fungierte, auf den Weg in den Hohen Norden. Gestärkt durch ihren Sieg beim Achensee 3-Täler-Lauf Ende Februar, sowie zwei Top 20 Platzierungen in der laufenden Ski Classics Saison, durfte sich die Österreicherin berechtigte Hoffnungen auf eine sehr gute Platzierung machen. Untergebracht im Startort Rena, nahe der schwedischen Grenze, hieß es gleich einmal Strecke erkunden, Schneebeschaffenheit eruieren und Wetterbericht studieren. Aufgrund der überaus selektiven Streckenführung entschied sich die Doppelstockspezialistin erstmals in der Saison mit Steigwachs zu laufen. Die Bedingungen waren perfekt – ca. eineinhalb Meter Schnee, eine Klassikspur wie aus dem Bilderbuch, Sonnenschein und eine malerische norwegische Fjäll-Landschaft.
Wie hoch der Stellenwert des Birkebeiner Rennets ist, zeigte sich am Renntag kurz vor dem Start. An die hundert Eliteläuferinnen stellten sich der Herausforderung, darunter das Who is who der internationalen Langdistanzszene – Norgren, Smutna, Boner, Kowalczyk uvm – sowie zahlreiche norwegische Kaderathletinnen. Auch im Damenbereich wird mittlerweile immer weniger taktiert, von Anfang an ist das Tempo enorm hoch. Bereits kurz nach dem Start ist beim Birkebeiner ein 9 km langer Anstieg mit mehr als 600 Höhenmetern zu bewältigen. Kowalczyk und Norgren forcierten frühzeitig das Tempo und das Damenfeld zog sich bereits innerhalb weniger Minuten weit auseinander. Für Petra Tanner sollte es ein hartes Rennen werden, mit Vehemenz versuchte die Österreicherin in der endlosen Steigung hinauf nach Skramstadsaetra den Rückstand auf die Spitze in Grenzen zu halten. Bis zur ersten Labestation war es für die Athletin des Skimarathon Team Austria ein Kampf auf Biegen und Brechen. Auch im folgenden leicht abfallenden Streckenabschnitt war an Erholung nicht zu denken. Körperlich am Limit kämpfte sich Petra Tanner weiter über die Bergrücken Raufjället und Midtfjället Richtung Sjusjoen, von wo aus es nach 41 absolvierten Kilometern in einer rasanten Abfahrt hinunter nach Lillehammer ging. Die letzten Kilometer auf dem Weg zum Ziel sind überwiegend flach, jedoch spürt man hier bei jedem Doppelstockschub die zusätzliche Belastung durch den mitzuführenden Rucksack deutlich.
Nach 3 Stunden 30 Minuten finishte Petra Tanner auf Platz 70 im Elitefeld der Damen in Lillehammer. Das anvisierte Ziel in die Punkteränge zu laufen war dieses Mal leider außer Reichweite, aber im Bewußtsein alles gegeben zu haben meinte die Läuferin des Skimarathon Team Austria nach dem Rennen: „Bis zur ersten Labestation starb ich tausend Tode, weil mein ‚Motor‘ immer etwas Anlaufzeit benötigt. Mein Wettkampf verlief heute sehr mühsam, im Ziel war ich so kaputt wie noch nie. Landschaftlich war das Rennen das schönste, das ich je gelaufen bin. Quer durch den Nationalpark, ohne Straßen, ohne Häuser, nur Schnee, Sonne und Horizont soweit das Auge reichte. Momente für die Ewigkeit! Das langlaufverrückte Norwegen war deutlich zu spüren. Entlang der Strecke und vor allem an den höchsten Punkten, also den Fjällüberquerungen standen unzählige Leute, die jeden Teilnehmer anfeuerten. Der Geruch der Gaskocher, des Essens und vor allem die emotionalen Fans begleiten dich über jeden Hügel. Musikanlagen, Zelte und gute Laune – eine Stimmung die nur in Skandinavien zu finden ist. Eine Teilnahme beim Birkebeiner Rennet kann ich jedem Langlaufliebhaber nur empfehlen.“