Nordische Kombination: Deutsche Herren Vizeweltmeister, Rekord für Frenzel

Das deutsche Quartett beim Mannschaftswettbewerb bei der WM in Planica: Eric Frenzel (GER), Vinzenz Geiger (GER), Johannes Rydzek (GER), Julian Schmid (GER), (l-r)
Das deutsche Quartett beim Mannschaftswettbewerb bei der WM in Planica: Eric Frenzel (GER), Vinzenz Geiger (GER), Johannes Rydzek (GER), Julian Schmid (GER), (l-r) © Thibaut/NordicFocus

Auch im vierten Wettkampf bei der Nordischen Ski-WM in Planica (SLO) gewinnt das deutsche Team die Silbermedaille. Hinter Norwegen und vor Österreich feierten die DSV-Herren den Vizeweltmeistertitel, und Eric Frenzels 18. WM-Medaille.

Die Qual der Wahl

Das deutsche Quartett beim Mannschaftswettbewerb bei der WM in Planica: Eric Frenzel (GER), Vinzenz Geiger (GER), Johannes Rydzek (GER), Julian Schmid (GER), (l-r)
Das deutsche Quartett beim Mannschaftswettbewerb bei der WM in Planica: Eric Frenzel (GER), Vinzenz Geiger (GER), Johannes Rydzek (GER), Julian Schmid (GER), (l-r) © Thibaut/NordicFocus

Für drei der DSV-Athleten begann der Wettkampf bereits am Dienstag, im Training auf der Großschanze (HS 138). Denn nur Julian Schmid und Vinzenz Geiger waren von Bundestrainer Hermann Weinbuch gesetzt worden, da sie als einzige im deutschen Team die volle Qualifikation nach DSV-Richtlinien geschafft hatten. Um die restlichen beiden Startplätze mussten sich Manuel Faißt, Eric Frenzel und Johannes Rydzek also streiten. Das Training wurde somit zur internen Ausscheidung – mit dem besseren Ende für die beiden Altmeister im Team. Insbesondere für Frenzel war dieser Startplatz im Mannschaftswettkampf bedeutsam, hatte der Routinier hier doch die größte Chance, noch eine weitere WM-Medaille zu gewinnen. Und diese eine Medaille war das erklärte Ziel des erfolgreichen Athleten, der noch offen lässt, ob er seine Karriere über die Saison hinaus fortsetzen wird. Mit der WM-Medaille Nummer 18 würde er am großen Langlaufstar Björn Dählie vorbeiziehen, der, wie Frenzel vor dem Wettkampf, bei 17 Medaillen steht.

Riiber mit Schanzenrekord

Anlauf zum Schanzenrekord: Jarl Magnus Riiber (NOR)
Anlauf zum Schanzenrekord: Jarl Magnus Riiber (NOR) © Thibaut/NordicFocus

Im Wettkampf-springen war es dann Team Norwegen mit Joergen Graabak, Jarl Magnus Riiber, Espen Andersen und Jens Luraas Oftebro, das sich durchsetzte. Nicht zuletzt dank eines grandiosen Sprungs von Riiber, der mit 139 Metern einen neuen Schanzenrekord aufstellte. Doch auch Julian Schmid im deutschen Team stand Riiber kaum nach. 137 Meter standen auch für den Oberstdorfer zu Buche. Ebenfalls die 130 Meter-Marke knackten die beiden Österreicher Lukas Greiderer und Johannes Lamparter, während Frankreichs Matteo Baud sogar noch einen Meter drauflegte und 131 Meter weit sprang. In der Endabrechnung nach dem Springen nahm Norwegen 20 Sekunden Vorsprung auf die zweitplatzierten Österreicher mit in die Loipe, Deutschland folgte weitere drei Sekunden dahinter auf Rang drei. Frankreich auf Rang vier lag 40 Sekunden hinter der Spitze, gefolgt von Japan, Finnland, Italien, Tschechien, USA, Slovenien und Ukraine.

Frenzel mit Aufholjagd

Martin Fritz (AUT) wird von Eric Frenzel (GER) (l-r) eingeholt.
Martin Fritz (AUT) wird von Eric Frenzel (GER) (l-r) eingeholt. © Thibaut/NordicFocus

Während Norwegen mit Espen Andersen vermutlich den schwächsten Athleten in die Startgruppe stellte, lief dort für Deutschland der topmotivierte Frenzel. Und er tat dies wie in besten Zeiten. Gelang es Österreichs Startläufer Martin Fritz auf den ersten 2,5 Kilometern noch dranzubleiben an Frenzel, verschärfte dieser auf seiner zweiten Runde massiv das Tempo. Während Fritz zurückfiel, stürmte Frenzel mit Riesenschritten hinter Andersen her, der sich immer häufiger umdrehte. Bei Kilometer 3,7 war Frenzel noch acht Sekunden hinter dem Norweger, doch kurz vor dem Wechsel holte er ihn ein und wechselte als Erster auf Vinzenz Geiger. Frenzels Laufzeit von 11:26.8 Minuten bedeutete die schnellste Zeit des Rennens. Fritz war dagegen deutlich zurückgefallen, er wechselte erst 28 Sekunden nach der Spitze auf Lukas Greiderer.

Taktikspielchen an der Spitze

Jarl Magnus Riiber (NOR) und Julian Schmid (GER) (l-r) belauern sich gegenseitig.
Jarl Magnus Riiber (NOR) und Julian Schmid (GER) (l-r) belauern sich gegenseitig. © Thibaut/NordicFocus

Das zweite und das dritte Leg ähnelten sich sehr. An der Spitze liefen Geiger und Oftebro, nach ihnen dann Johannes Rydzek und Joergen Graabak zusammen, ohne dass an dieser Stelle nennenswerte Veränderungen hervortraten. Dennoch war das Rennen an Spannung kaum zu überbieten, da sich die jeweligen Spitzenreiter ständig gegenseitig belauerten und auf einen möglichen Angriff des Gegners gefasst waren. Geiger versuchte es schließlich, doch Oftebro setzte sofort nach. HInter ihnen ging Greiderer auf seiner zweiten Runde völlig ein. Hatte sein Rückstand nach einer Runde nur rund acht Sekunden betragen, so war es im Ziel dann doch wieder gut eine halbe Minute, die Österreich hinter dem Führungsduo lag. Frankreichs Antoine Gerard hatte seine Mannschaft dagegen bis auf fünf Sekunden an Österreich herangeführt. Auch Laurent Mühlethaler (FRA) im dritten Leg flog förmlich an Österreichs Stefan Rettenegger heran, während vorne an der Spitze getrödelt wurde. „Alle wussten, sie müssen in der ersten Runde die Ruhe bewahren und in der zweiten Runde attackieren“, erläuterte ARD-Experte Ronny Ackermann die Taktik. So kamen Rettenegger und Mühlethaler bis auf knapp fünf Sekunden an die Spitzenreiter heran. „Auf jetzt, Druck machen, wir brauchen Vorsprung!“, feuerte Weinbuch Rydzek auf dessen letzter Runde an. Dieser versuchte es auch und ging am letzten Anstieg an Graabak vorbei, ebenso wie Mühlethaler an Rettenegger. Aus dem Vorsprung wurde allerdings nichts, Rydzek und Graabak wechselten quasi gleichzeitig auf Schmid und Riiber.

Spannende Schlussphase

Johannes Rydzek (GER) und Joergen Graabak (NOR) (l-r) liefen ihr Leg gemeinsam.
Johannes Rydzek (GER) und Joergen Graabak (NOR) (l-r) liefen ihr Leg gemeinsam. © Thibaut/NordicFocus

Auch im letzten Leg zeigte sich wieder die bekannte Taktik. Die beiden an der Spitze taktierten derart, dass sowohl Johannes Lamparter (AUT) als auch Frankreichs Schlussläufer Marco Heinis aufschließen konnten. Dann jedoch verschärfte Lamparter das Tempo, woraufhin Heinis sofort zurückfiel. Die anderen drei gingen jedoch gemeinsam in den Durchlauf, wo sie nicht einmal eine Sekunde trennte. In der letzten Runde war es zunächst Schmid, der das Tempo leicht erhöhte, woraufhin Lamparter in Schwierigkeiten geriet. Obwohl der Österreicher verbissen kämpfte, gelang ihm der Anschluss nicht mehr. Dagegen griff Riiber am letzten Anstieg an, Schmid ging hinterher. In der Spitzkehre versuchte Schmid, sich innen an Riiber vorbeizuschieben, doch der Norweger machte die Tür zu. Schmid kam fast zum Stillstand, und Riiber nutzte die kleine Lücke sofort zur Flucht. Ins Ziel trudelten Riiber und Schmid aus, so dass Norwegen am Ende neun Sekunden Vorsprung vor Deutschland verbuchte. Lamparter kam für Österreich noch einmal an Schmid heran, aber nicht vorbei. Die stark laufenden Franzosen sicherten sich den vierten Platz vor Finnland, Italien und Japan. Die uSA wurden Achte, vor Tschechien, derUkraine und Slovenien.

Deutscher Protest abgewiesen

Teamweltmeister von der Großschanze: Jens Luraas Oftebro (NOR), Espen Andersen (NOR), Jarl Magnus Riiber (NOR), Joergen Graabak (NOR), (l-r)
Teamweltmeister von der Großschanze: Jens Luraas Oftebro (NOR), Espen Andersen (NOR), Jarl Magnus Riiber (NOR), Joergen Graabak (NOR), (l-r) © Thibaut/NordicFocus

„Das war sehr sehr spannend. Aber mir gefallen die letzten 400 Meter nicht, das war unserer Meinung nach eine Unsportlichkeit von Riiber. Wir werden Protest einlegen“, hatte der Bundestrainer unmittelbar nach dem Zieleinlauf in der ARD angekündigt. Was war passiert? Nach Riibers Attacke am letzten Anstieg gab Schmid alles, um seine Chancen zu wahren. „Dort oben ist es sehr eng. Man muss als Erster oben in der Kurve sein, um gewinnen zu können. Das habe ich versucht. Dann sind wir uns ein paarmal auf die Ski gestiegen, und plötzlich hatte er die Lücke und war weg“, schilderte Schmid die Situation aus seiner Sicht. Die Jury sah die Situation anders als der Bundestrainer. Auch Ackermann sah eher Riiber vorn als Schmid, „und dann hat er das Recht, die Tür zuzumachen.“ Der DSV-Protest wurde folgerichtig abgewiesen, wodurch Norwegen sich endgültig über Team-Gold freuen konnte. Auch die deutschen Athleten strahlten, allen voran Eric Frenzel: „Juli ist ein starkes Rennen gelaufen, das hat er sauber gemacht, er hat alles gegeben. Wir sind sehr sehr glücklich mit der Silbermedaille“, sagte der 34-Jährige, der nun alleiniger erfolgreichster Nordischer Wintersportler bei Weltmeisterschaften ist. Für die Kombinierer folgt nun am kommenden Samstag der abschließende Einzelwettkampf auf der Großschanze.

Zwischenstand Sprung
Endergebnis
Medaillenspiegel Nordische Kombination

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