Bei der ersten Medaillenentscheidung dieser Olympischen Spiele sicherte sich Therese Johaug im Skiathlon über 7,5+7,5 Kilometer ihr erstes Einzel-Gold bei Olympischen Spielen. Silber ging an Natalia Nepryaeva und Bronze an Teresa Stadlober. Beste Deutsche wurde Katherine Sauerbrey auf Platz 13.
Johaug im Skaten unschlagbar
Nach Staffel-Gold 2010 holte sich Therese Johaug bei zwölf Grad unter Null und eisigem Wind endlich ihren langersehnten Einzel-Titel. Auf den ersten 7,5 Kilometern in der klassischen Technik lief die 33-Jährige im ungewohnt dunklen norwegischen Laufanzug meistens ganz vorne und sorgte auf den letzten Kilometern vor dem Skiwechsel auf der schwierigen und sehr windanfälligen Runde dafür, dass die Spitzengruppe immer kleiner wurde. Beim Skiwechsel konnten ihr nur noch Kerttu Niskanen, Krista Pärmäkoski und Frida Karlsson mehr oder weniger folgen, Ebba Andersson und Natalia Nepryaeva lagen schon mehr als zehn Sekunden zurück, Teresa Stadlober wies zum Wechsel 19 Sekunden Rückstand auf. Nach einem sehr langsamen Skiwechsel wegen kalter Finger musste Karlsson zunächst eine kleine Lücke wieder zulaufen, setzte sich dann aber aus der Gruppe hinter Johaug ab. Die Norwegerin, die einen Kilometer nach dem Skiwechsel sogar noch während der Fahrt die Bindung enger drehte, baute ihren Vorsprung Sekunde um Sekunde aus bis auf 54 Sekunden bei Kilometer 13,8 und erreichte schließlich als erste Olympiasiegerin von Peking ungefährdet das Ziel. Die Siegerzeit von 44:13,7 Minuten zeigt, wie sehr die Höhe von 1700 Metern, die schwere Strecke, der kräftige Wind und die sehr langsamen Schneebedingungen ins Gewicht schlagen. „Ich musste heute eine gute Taktik haben und das hat sehr gut geklappt. Ich habe versucht, mich vor dem Skiwechsel leicht abzusetzen und dann im Skaten ein hartes Tempo angeschlagen. Da wurde die Lücke dann größer und die Taktik ging auf“, sagte Johaug bei NRK. „Das ist einfach unglaublich. Es sind viele Gedanken, die einem durch den Kopf schwirren. Das war mein Traum, seit ich ein junges Mädchen war, dass ich Einzel-Gold gewinne. Ich habe unglaublich viel für diesen Erfolg trainiert, viele tausend Stunden lang. Es war ein spezielles letztes Jahr, in dem wir viel in der Höhe waren und uns von Familie und Freunden ferngehalten haben. Dann ist es umso schöner, ganz oben auf dem Podium zu stehen und vor allem die Ziellinie zu überqueren und zu wissen, dass du dein Ziel erreicht hast.“
Stadlober jubelt über Bronze
Im Kampf um Silber wurde Frida Karlsson nach der ersten Freistil-Runde wieder eingeholt und Krista Pärmäkoski fiel aus der Gruppe heraus, so dass mit Karlsson, Nepryaeva, Stadlober und Niskanen noch vier Damen um die weiteren Medaillen kämpften. Etwas mehr als einen Kilometer vor dem Ziel versuchte die bärenstarke Österreicherin sich mit einer Attacke im Anstieg von den anderen abzusetzen, was aber nicht gelang. Außerhalb des Stadions war dann ein Angriff der Russin erfolgreicher, dem nur noch die Österreicherin folgen konnte. Auf der Zielgeraden war die sprintstärkere Nepryaeva erwartungsgemäß nicht mehr einzuholen, aber Stadlobers Jubelschrei über die Bronzemedaille war weithin zu hören. „Das Rennen war ein Wahnsinn, es war so stressig von Beginn an und der Wind hat das seinige dazu beigetragen. Es war echt cool, ich hab‘ volle Spaß gehabt, wir haben uns so gematcht. Mit einem glücklichen Ende für mich, ich bin so froh, dass ich am Podium bin. Ich kann es noch gar nicht richtig glauben, es ist sehr emotional für mich. Ich habe so lange daraufhin gearbeitet und jetzt habe ich meine Medaille. Das taugt mir einfach und ich möchte mich bei allen bedanken, die daran mitgearbeitet haben“, sagte die 29-Jährige überglücklich, nachdem sie ihre Abreise nach Peking noch wegen einer Corona Infektion verschieben musste.
Nepryaeva überglücklich mit Silber
Auch die Russin war mehr als zufrieden mit dem Platz hinter Johaug: „Es ist schwer zu sagen, was ich nun empfinde. Das ist meine erste olympische Einzelmedaille. Dass ich die erste Medaille für unser Team in Peking gewonnen habe, werde ich wohl erst später realisieren. Die Emotionen überwältigen mich. Das Minimalziel ist erreicht, aber nun will ich auch das Maximale erreichen. Es folgen immer noch einige Rennen. Ich freue mich sehr auf die Staffel. Im Moment fühle ich mich in allen Disziplinen selbstbewusst und werde das in den nächsten Rennen zeigen“, sagte Nepryaeva bei MatchTV. Über den Rennverlauf erzählte sie: „Im Klassischen gab es einen Moment, wo ich eine Lücke aufgehen lassen musste. Aber ich bin froh, dass ich schnell die Ski wechseln und mich zurückkämpfen konnte. Im Skaten habe ich mich viel besser gefühlt. Ich habe gemerkt, dass ich dadurch wieder heranlaufen konnte und habe versucht, mehr zu taktieren. Ich habe Kräfte für den letzten Anstieg gespart und mich auf den Zielsprint konzentriert.“ Kerttu Niskanen wurde Vierte vor Frida Karlsson, die wie schon in Rzuka so sehr durchgefroren war, dass sie von Helfern aus dem Zielbereich geführt wurde und nicht durch die Mixed Zone ging. Zum Rennen sagte die Schwedin später: „Ich habe gespürt, dass ich keine Kraft habe.“ Jessie Diggins, die in der zweiten Klassikrunde fast eine Minute verloren und auf Platz zehn zurückgefallen war, arbeitete sich noch auf einen guten sechsten Platz nach vorne vor Krista Pärmäkoski. Anastasia Rygalina wurde sehr gute Achte vor Freistil-Spezialistin Delphine Claudel und Ebba Andersson. Bei den Schwedinnen wurde später das Material in der freien Technik für das schwache Abschneiden verantwortlich gemacht. Tatiana Sorina hatte als Elfte schon fast eine Minute Rückstand auf die Gruppe vor ihr. Yulia Stupak denkt nach einem enttäuschenden 24. Platz und offenbar vielen Problemen im letzten Jahr, die bisher nicht bekannt wurden, an ein Karriereende. „Das sind nur die ersten Emotionen“, hofft die russische Verbandspräsidentin Elena Välbe, die ihr diese Pläne ausreden will.
Sauerbrey starke 13. und Hennig 15.
Katharina Hennig hatte einen Top8-Platz angepeilt, ein solches Ergebnis war für die Sächsin aber heute nicht möglich. Nachdem sie in der ersten Runde immer ganz vorne mitlief, verlor sie in der zweiten Klassikrunde aber den Anschluss an die Spitze und bis zum Skiwechsel sammelte sich ein Rückstand von 51 Sekunden an Platz neun an. Schnell wurde sie im Skaten, ihrer schwächeren Technik, von ihrer Teamkollegin Katherine Sauerbrey überflügelt, die beim Skiwechsel zehn Sekunden hinter ihr gelegen hatte und wie bei der Tour de Ski wieder eine sehr starke Leistung zeigte. Die 24-Jährige kratzte bis Kilometer zehn sogar an den besten Zehn, wurde am Ende aber mit 2:23 Minuten Rückstand auf die Siegerin sehr gute 13. „Normal ist anders, aber ich denke wir haben das Beste draus gemacht. Wir haben uns durchgekämpft“, sagte Sauerbrey: „Es freut mich riesig, dass es der 13. geworden ist. Ich bin selber ein bisschen überrascht, dass es noch so gut ausgegangen ist. Es war schon richtig hart.“ Katharina Hennig belegte mit knapp drei Minuten Rückstand Rang 15. „Ich habe schon Sternchen gesehen und hatte dann auch Krämpfe“, sagte sie nach dem Rennen, das sie zu schnell angegangen war. Wie Sauerbrey machte auch Sofie Krehl ein sehr gutes Rennen, das sie auf Rang 17 beendete. Die Allgäuerin musste sich mit der hohen Startnummer 41 erst durch das Feld arbeiten, was mit der Engstelle am Stadionausgang, wo es auch einen Sturz (Swirbul, Bentz) gab, nicht einfach war. Pia Fink beendete den ersten Wettkampf in Peking als 25. Die Schweiz schickte mit Nadja Kälin und Lydia Hiernickel nur zwei Starterinnen ins erste Rennen, die als 21. und 32. ins Ziel kamen.
Ukrainerin blutüberströmt
Die Ukrainerin Viktoriya Olekh bewies laut ihres Trainers „Charakter“, als sie das rennen trotz aller Probleme als 60. von 62 Damen im Ziel beendete. Das sagte er der ukrainischen Seite Oborzevatel, die auch Bilder von der Ukrainerin zeigen. Die 28-Jährige hatte während des gesamten Rennens mit starkem Nasenbluten zu kämpfen. Sie erzählte der Zeitung am Telefon, was passiert war: „Ich denke, es ist die Höhe, wir sind hier 1800 Meter über dem Meeresspiegel. Schon am Freitag hatte ich Nasenbluten, am Samstag beim Rennen wieder. Nach dem ersten Anstieg in der ersten Runde ging es los“, so Olekh und erzählt weiter: „Mein Trainer hat in der zweiten Runde gesagt, dass ich aufhören soll, wenn ich mich schlecht fühle. Ich habe nur genickt, bin aber weiter gerannt. Ich wollte das Blut stoppen, aber das ist mir nicht gelungen. Es war wirklich überall – auf dem Overall, den Skiern, den Stöcken und den Stiefeln. Mir wurde dann auch übel, aber ich habe meine ganze Kraft aufgewendet, um das Rennen zu Ende zu laufen.“
=> Ergebnis 7,5+7,5 Kilometer Skiathlon Damen