Marit Bjørgen kann sich nach ihrem achten Olympiasieg erfolgreichste Winterolympionikin nennen und zog mit diesem Erfolg über 30 Kilometer klassisch in Goldmedaillen mit Biathlet Ole Einar Bjørndalen und Langläufer Bjørn Dæhlie gleich. Silber ging an Krista Pärmäkoski, Bronze an Stina Nilsson. Teresa Stadlober erlebte auf dem Weg zu Silber ein wahres Drama.
Frühe Flucht von Bjørgen
Einmal mehr hat Marit Bjørgen sich in die Geschichtsbücher eingetragen und ihre achte olympische Goldmedaille geholt. Auf der ersten Runde zeigte sich aber eine bunte nordeuropäische Mischung an Athleten an der Spitze des Rennens, darunter auch Kerttu Niskanen, die nach dem Olympiasieg ihres Bruder heute hochmotiviert wirkte. Zu Beginn der zweiten Runde zog Marit Bjørgen das Tempo deutlich an und die Spitzengruppe fiel völlig auseinander, während die Norwegerin sich absetzte und den Vorsprung bis zur Mitte des Rennens auf 50 Sekunden ausdehnte. Hinter ihr bildete sich eine vierköpfige Verfolgergruppe mit Charlotte Kalla, den Finninnen Krista Pärmäkoski und Kerttu Niskanen sowie Teresa Stadlober. Sowohl Bjørgen als auch Charlotte Kalla nutzten die zweite mögliche Option zum Skiwechsel nach 15 Kilometern und Kalla wurde in der Wechselbox sehr hektisch, als sie merkte, dass die anderen drei auf einen Wechsel verzichteten und an den Boxen vorbeiliefen. 15 Sekunden hatte sie nun wieder zuzulaufen, aber in dem Trio wurde das Tempo nicht geringer, so dass sie sich schwer tat und im Stadion nach 18,75 Kilometern sogar von Stina Nilsson und Ingvild Flugstad Østberg eingeholt wurde. Kurz danach verschärfte Teresa Stadlober in der Gruppe das Tempo und brachte die Finninnen immer wieder in Schwierigkeiten.
Drama um Teresa Stadlober
Nach rund 20 Kilometern begann das Malheur von Teresa Stadlober. Die Österreicherin hatte sich mit Pärmäkoski auf den Fersen von Niskanen abgesetzt und bog plötzlich an einer Kreuzung falsch nach rechts ab in die zweite Hälfte der 7,5 Kilometer langen Schleife, während Pärmäkoski links weiterlief. Laut ÖSV erst nach einem knappen Kilometer merkte die Österreicherin, dass niemand mehr hinter ihr war, blickte sich um und hielt dann an, um verzweifelt und ratlos in alle Richtungen zu schauen. Ihr wurde klar, dass sie falsch gelaufen war, verließ die Strecke und kam quer über eine Freistilstrecke zurück auf ihre ursprüngliche Runde. Bei ihrem ungewollten Abstecher verlor sie etwa 1:10 Minuten und reihte sich auf Platz acht wieder ein, den sie bis kurz vor dem Ziel hielt. „Ich bin leider auf die falsche Runde gelaufen. Ich kann es mir auch nicht erklären. Jetzt bin ich schon drei Wochen da, wenn ich da die richtige Runde nicht kenne, weiß ich auch nicht. Ich hab‘ mich so gut gefühlt. Ich war körperlich super drauf – kann mir den Fehler nicht erklären. Keine Ahnung! Eine Medaille wäre sicher drinnen gewesen. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Es ist bitter, dass das an so einem Tag passiert, wo eigentlich alles zusammengepasst hätte. Man kann es leider nicht ändern“, meinte die 25-Jährige verzweifelt. ÖSV-Langlauf- und Biathlon-Direktor Markus Gandler kommentierte: „Teresa war für mich klar auf Silberkurs. Ein Schweizer Betreuer hat mir erzählt, dass sie kurz ins Stolpern kam, deshalb nicht bemerkte, dass sie die falsche Abzweigung nimmt. Es ist eigentlich unglaublich, wirklich schade! Ich stand ein paar Hundert Meter weg, aber sie hat mich nicht schreien gehört…“ Beim letzten Stadiondurchlauf wenige Kilometer vor dem Ziel hatte die Österreicherin einen weiteren Blackout: Sie war sic nicht sicher, ob sie auf dem richtigen Weg ist, lief ein paar Meter zurück und drehte dann doch wieder um, um in die richtige Richtung zu laufen, als Heidi Weng & Co. auf sie zukamen. Im ORF sagte sie später dazu: „Danach bin ich irgendwie in einem Tunnel gelaufen, das hat mich rausgebracht – und dann nochmal ein Blackout am Schluss.“
Bjørgen mit riesigem Vorsprung zu Gold
Vorn blieb inzwischen alles beim Alten: Marit Bjørgen baute ihre Führung auf mehr als zwei Minuten aus, während Krista Pärmäkoski nun allein um Silber kämpfte. Ihre Teamkollegin Kerttu Niskanen war offenbar zu forsch angegangen, hatte den Anschluss verloren und verlor durch ihren Skiwechsel nach 22,5 Kilometern, den auch Krista Pärmäkoski nutzte, die Chance auf den Kampf um Bronze, da Ingvild Flugstad Østberg und Stina Nilsson weiter auf ihre Ski vertrauten. Das Duo hatte Krista Pärmäkoski ständig in Sichtweite, kam aber nicht näher heran als 17 Sekunden, so dass Silber an die Finnin ging. Ingvild Flugstad Østberg war die Stärkere im letzten Anstieg, aber die Schwedin blieb dran und nutzte ihre Chance in der Abfahrt, wo sie es zweimal innen versuchte und schließlich erfolgreich war, als ihre Kontrahentin weit nach außen getragen wurde. Auf der Zielgeraden war sie nicht mehr einzuholen und sicherte sich die Bronzemedaille – ohne es zu wissen. Erst Marit Bjørgen gratulierte ihr und sagte „Du bist Dritte!“ zu der überraschten Schwedin, die unterwegs keine aktuellen Informationen bekommen hatte und davon ausging, dass Teresa Stadlober aufs Podium gelaufen war. Vierte hinter der Schwedin wurde die Norwegerin, die als einzige Athletin der besten 20 die 30 Kilometer mit einem Paar Ski durchlief. Rang fünf ging an Charlotte Kalla, die ihrer immer noch fassungslosen Teamkollegin um den Hals fiel. Kerttu Niskanen wurde Sechste vor Jessie Diggins. Teresa Stadlober wurde auf den letzten zwei Kilometern noch von Heidi Weng eingeholt und musste sich ihr schließlich geschlagen geben. Rang neun ist nach dem Rennverlauf natürlich eine Enttäuschung für die Österreicherin, die als erste ÖSV-Langläuferin eine olympische Medaille hätte gewinnen können. Im Ziel ließen ihre drei norwegischen Landsfrauen Marit Bjørgen hochleben und skandierten ‚Marit, Marit, Marit!‘ zu Ehren der überragenden Langläuferin der letzten 15 Jahre, die nun als älteste Olympiasiegerin über 30 Kilometer in den Geschichtsbüchern steht – die Finnin Marja-Liisa Kirvesniemi war 1994 zwar etwa ein halbes Jahr älter, gewann aber nur Bronze. „Wenn ich nun zurückschaue und sehe, was ich erreicht habe, ist das unglaublich. Es war eine tolle Karriere für mich, das sind meine letzten Olympischen Spiele und so aufzuhören, ist einfach unglaublich. Es war ein toller Tag für mich, meine Ski waren sehr gut und es war etwas ganz Besonderes auf den letzten 100 Metern mit mir allein zu sein, als mir klar wurde, dass ich Gold gewonnen habe“, meinte die strahlende Norweger, deren Statement sehr nach Karriereende klingt, auch wenn noch nichts offiziell ist. „Wir werden sehen, wie es nach dieser Saison weitergeht, was ich dann mache, ob ich noch eine Saison dranhänge – das ist jetzt schwer zu sagen.“
Zwei Top-20 Plätze für Team D
Das Rennen begann für Katharina Hennig mit etwas Hektik, als sie sich nach etwa 4,5 Kilometern nach der Verpflegung etwas ratlos umblickte. Was der Grund für ihre Verwirrung war, erklärte Andreas Schlütter nach dem Rennen: „Katharina hatte ein kleines Missgeschick zu Anfang. Sie hat einen Stock verloren und es hat lange gedauert bis sie einen neuen bekommen hat.“ Das war auch der Grund, dass sie nun zurückfiel wie auch Steffi Böhler und Victoria Carl – und natürlich das Tempo, das die Schwedinnen vorn zu diesem Zeitpunkt anschlugen. So musste das deutsche Trio ein eigenes Tempo finden und Hennig und Böhler blieben lange zusammen, während Victoria Carl nicht mit den beiden mitgehen konnte. Auch bei Nathalie von Siebenthal, der einzigen Schweizerin am Start, kam der Mann mit dem Hammer sehr früh. Sie kam in ihrer schwächeren Lauftechnik mit neun Minuten Rückstand als 22. ins Ziel, während Böhler und Hennig sich besser fingen und noch ein gutes Rennen machten. Beide schafften als 16. und 19 den Sprung unter die besten 20 und waren zufrieden mit ihrem Rennen. „Ich bin zufrieden, es war irgendwie auch ein schönes Rennen heute. Mit der Katha zusammen haben wir uns gegenseitig lange zusammen pushen können, weil das ist echt wichtig auf der Runde. Am Schluss habe ich mich mit der Amerikanerin, der Sadie, noch duelliert und das waren viele Rennen in einem Rennen, aber grundsätzlich war es ein versöhnlicher Abschluss“, meinte Steffi Böhler. Auch der Sportliche Leiter war mit seinen Athletinnen sehr zufrieden: „Steffi hatte etwas Sorgen hier bei diesen Olympischen Spielen, aber hat heute richtig gekämpft. Sie hat ein engagiertes Rennen gezeigt und am Ende mit Platz 16 – ich denke, sie ist zufrieden damit“, so Schlütter. „Mit ihrem Stockverlust hat Katharina Hennig eine Lücke bekommen zu der Spitzengruppe, ist zurückgefallen, hat sich dann aber gut zurückgekämpft. Am Ende ist ihr ein bisschen die Kraft ausgegangen. Sie hat wie Victoria Carl ihren erster olympischen 30er gelaufen und die beiden jungen Mädels haben eine gute Arbeit hier gemacht. Das zeigt, das es ein guter Weg ist in Richtung Zukunft.“ Victoria Carl beendete den Wettkampf als gute 25.
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