Norweger gewinnen olympische Staffel vor Russland

Didrik Toenseth (NOR), Martin Johnsrud Sundby (NOR), Simen Hegstad Krueger (NOR), Johannes Hoesflot Klaebo (NOR), (l-r) © Modica/NordicFocus

Didrik Tønseth, Martin Johnsrud Sundby, Simen Hegstad Krüger und Johannes Høsflot Klæbo sind Olympiasieger in der 4×10 Kilometer-Staffel. Silber holten sich die Russen vor den Franzosen. Rang sechs ging wie bei den Damen an das deutsche Quartett.

Poltoranin und Bolshunov bestimmen das Geschehen

Jean Marc Gaillard (FRA), Alexey Poltoranin (KAZ), Andrey Larkov (RUS), Didrik Toenseth (NOR), (l-r) © Modica/NordicFocus

Topfavorit Norwegen konnte sich durch Schlussläufer Johannes Høsflot Klæbo die nächste Goldmedaille sichern. Bis dahin war es jedoch ein langer und spannender Weg, bei dem sie wie die Damen zwischenzeitlich einem Rückstand hinterherlaufen mussten. Nach der ersten 3,3 Kilometer langen Runde, in der quasi alle Teams zusammenblieben, verschärfte sich das Tempo an der Spitze, so dass sich sechs Athleten absetzen. Schweden verlor auf der dritten Runde durch einen am Ende völlig erschöpften Burman den Anschluss, während Alexey Poltoranin vorne die Gruppe auseinanderlief. Mit Russlands Andrey Larkov auf den Fersen und ansonsten mit größeren Abständen zu den anderen Athleten fand nach zehn Kilometern der erste Wechsel statt, zu dem auch Topfavorit Norwegen mit klarer Verspätung von 18 Sekunden kam. Didrik Tønseth verließ zuvor ohne Not den Windschatten der anderen Läufer, lief in einer eigenen Spur und fiel kurz darauf zurück. Der zweite Russe Alexander Bolshunov konnte schnell ein Loch zum Kasachen Velichko reißen, der auch mit der Verfolgergruppe nicht lange mitlaufen konnte. Maurice Manificat, Francesco de Fabiani und Martin Johnsrud Sundby waren die Verfolger des Russen, wobei Sundby sich auffällig zurückhielt und Manificat die meiste Arbeit machen musste. Durch die Taktiererei in der Gruppe konnte Bolshunov seinen Vorsprung immer weiter bis auf maximal 40 Sekunden ausbauen und der Kasache kam zwischenzeitlich wieder heran. Einer Attacke von de Fabiani konnten Manificat und Sundby nicht mehr folgen, so dass Italien mit 24 Sekunden Rückstand als Zweiter mit leichtem Vorsprung auf Frankreich und Norwegen zum Wechsel auf die ersten Skater kam. Nun übernahm Olympiasieger Simen Hegstad Krüger das Kommando bei den Verfolgern, währen Clement Parisse und Giandomenico Salvadori sich um Anschluss mühten. Unter der Führung des Norwegers lief das Trio noch vor Ende der zweiten Runde an den Russen Alexey Chervotkin heran, der wie Bolshunov den Beginn der Spiele wegen Krankheit verpasste. Am Anstieg aus dem Stadion heraus konnte der Russe wie zuvor der Italiener das Tempo nicht mehr mitgehen.

Klæbo taktiert sich zum Sieg

Johannes Hoesflot Klaebo (NOR) © Modica/NordicFocus

Nach einem kurzen Antesten der Form des Franzosen Adrien Backscheider, der bei der Attacke des Norwegers sofort Probleme hatte, nahm Schlussläufer Johannes Høsflot Klæbo schnell das Tempo wieder heraus und ließ den Franzosen führen. Klæbos Laufstil im Windschatten Backscheiders sah oftmals nach entspanntem Spaziergang mit Blick in die Landschaft aus und durch das gemütliche Tempo konnte auch Denis Spitsov das russische Team wieder heranführen und beim letzten Durchlaufen des Stadions die Führung übernehmen, so dass Adrien Backscheider durch das plötzlich hohe Tempo die Segel streichen musste. Obwohl vorn zwischenzeitlich wieder das Tempo herausgenommen wurde, konnte der Franzose nicht mehr in den Kampf um Gold eingreifen. In einer kleinen Abfahrt auf dem Weg zum Omega zündete der Norweger seine Turboski und riss die entscheidende Lücke. Gemeinsam mit Didrik Tønseth, Martin Johnsrud Sundby und Simen Hegstad Krüger stürmte er zum Sieg und schnappte sich auf der Zielgeraden noch eine norwegische Flagge. Es war das erste olympische Staffel-Gold der norwegischen Herren seit 2002. Hinter ihm jubelte Denis Spitsov auf der Zielgeraden über Silber – ohne russische Flagge. Für das junge Team mit dem 28-jährigen Andrey Larkov als Startläufer sowie seinen 21- und 22-jährigen Teamkollegen Alexander Bolshunov, Alexey Chervotkin und Denis Spitsov ist auch Silber ein Erfolg für das Team der ‚Olympic Athletes of Russia‘ wie auch die Silbermedaille für Jean Marc Gaillard, Maurice Manificat, Clement Parisse und Adrien Backscheider. Die Finnen mussten kurzfristig Startläufer Ristomatti Hakola durch Perttu Hyvarinen ersetzen, der eine Minute verlor. Seine Teamkollegen Iivo Niskanen und Matti Heikkinen machten ein sehr gutes Rennen, verringerten den Zeitabstand leicht und machten Positionen gut. Schlussläufer Lari Lehtonen verdoppelte zwar den Abstand, konnte aber den guten vierten Platz für Finnland halten.

Fehlstart für DSV-Team

Andreas Katz (GER) © Modica/NordicFocus

Wegen des steilen Anstiegs zum Omega kurz vor Schluss einer jeden Runde hatte Bundestrainer Janko Neuber keinen reinen Sprinter auf die Schlussposition gesetzt und vertraute auf Distanzläufer Jonas Dobler, der allerdings zuletzt leicht angeschlagen auf einen Start verzichtete. Dicht dranbleiben an der Spitze war die Vorgabe des Trainers an Startläufer Andi Katz, was aber zunächst gar nicht klappte. Dem Baiersbronner fehlte im Doppelstockschub beim Start sichtbar die Kraft im Vergleich zu den anderen (möglicherweise durch die alte Schulterverletzung) und er reihte sich zu Beginn des Rennens auf den letzten Positionen ein. Im Laufe der ersten 3,3 Kilometer langen Runde schob er sich dann aber bis auf Platz vier nach vorne. Als vorne kurz darauf unter wechselnder Führung die Post abging und sich sechs Teams absetzen, gehörte Andi Katz nicht mehr dazu, mühte sich aber einige Kilometer allein dahinter um Anschluss, bis er deutlich zurückfiel. „Es war alles andere als gut gewesen. Die Taktik war, dass ich im vorderen Feld mithalte. Es ist sehr enttäuschend, dass ich da nicht mitgekommen bin. Ich hatte extreme Probleme am Berg, bin einfach nicht hochgekommen. Das ist bescheiden, die Staffel so ins Rennen zu schicken. Thomas und Lucas sind sehr gut drauf, aber der Abstand ist nun natürlich zu groß. Das habe ich versaut“, fand Andreas Katz klare Worte. „Ich denke, der Knackpunkt jeder Runde ist das Rauslaufen aus dem Stadion, wenn ich da gut drüber komme über diesen schleimigen Anstieg, ist das wichtig“, hatte Thomas Bing noch vor dem Rennen gesagt, doch dran war das Quartett zu diesem Zeitpunkt leider schon lange nicht mehr. Sein Wettkampf spielte sich in einer Gruppe zusammen mit dem Tschechen und dem Kanadier ab, die sehr gut zusammenarbeiteten und zu denen sich zur Rennmitte auch noch die durch Burman und Rickardsson zurückgefallenen Schweden gesellten.

Duell um Platz fünf oder sechs

Jonas Dobler (GER), Calle Halfvarsson (SWE), (l-r) © Modica/NordicFocus

Mit Marcus Helllner hatte Lucas Bögl nun einen guten Partner, an dem er sich bis kurz vor dem Wechsel anhängen konnte, was für ihn die fünfschnellste Laufzeit der dritten Läufer bedeutete. Zehn Kilometer vor dem Ziel lag das DSV-Team an siebter Stelle dicht hinter den Schweden – der angestrebte sechste Platz also in Reichweite. Auch Jonas Dobler konnte wie seine Teamkollegen von der Zusammenarbeit mit dem Schweden profitieren und nachdem das Duo den Italiener Federico Pellegrino überholt hatte, war auch noch Platz fünf möglich für das deutsche Quartett. Im Stadion versuchte Dobler (viertschnellste Laufzeit) noch einmal alles, musste sich aber auf der Zielgeraden erwartungsgemäß dem bekannt sprintstärkeren Calle Halfvarsson geschlagen geben, was Platz sechs für das deutsche Team bedeutete. So zog Andreas Schlütter auch eine mehr oder weniger positive Bilanz nach dem Rennen: „Platz 6, damit müssen wir leben und am Ende ist es ein gutes Ergebnis. Es gibt da keine Schuldzuweisungen. Andi Katz hat alles gegeben auf der Startetappe und es war ein Ausscheidungsrennen. Thomas Bing und Lucas Bögl haben gezeigt, was sie in den Einzelrennen gezeigt haben. Wir wusste nicht, was Jonas Dobler leisten kann, hat aber gegen Halfvarsson ein starkes Rennen gemacht und sogar im Zielsprint nochmal mitgezogen, obwohl der Schwede der bessere Sprinter ist. Das Team ist im Laufe des Rennens noch einmal zurückgekommen.“

Platz 11 und 13 für Schweiz und Österreich

Dominik Baldauf (AUT), Alexey Poltoranin (KAZ), Didrik Toenseth (NOR), Jens Burman (SWE), Andrey Larkov (RUS), (l-r) © Modica/NordicFocus

Für den Schweizer Startläufer Jonas Baumann begannen die Probleme mit einem Stockwechsel beim ersten Stadiondurchlauf. Die kleine Lücke konnte er nicht mehr zulaufen, als vorne das Tempo deutlich erhöht wurde und er fiel zwei Minuten zurück, als er in der dritten Runde völlig einbrach. Für seine Teamkollegen Dario Cologna, Toni Livers und Roman Furger war nicht mehr als der elfte Platz drin, da auch Livers auf seiner letzten Runde enorm verlor. „Ich hatte die ganze Woche Mühe, aber ich dachte, über 10 km würde es vielleicht gehen. In der ersten Runde fühlte ich mich eigentlich gut“, rang Jonas Baumann nach einer Erklärung. Der Stockbruch habe ihn etwas aus dem Rhythmus geworfen. „Und dann kam plötzlich der Hammermann, und es ging absolut nichts mehr.“ Es sei extrem frustrierend, denn „wenn alles aufgegangen wäre, hätten wir eine Chance gehabt, um die Medaillen zu kämpfen.“ Enttäuscht erzählte er weiter von seinem Fiasko: „Wenn ich nur für mich gelaufen wäre, hätte ich resigniert. Ich war in jedem Aufstieg so blau, dass ich nicht mehr wusste, wie ich den Berg wieder runter kommen soll. Ich konnte nicht mal mehr in die Hocke. Im Ziel hatte ich einen extremen Hitzestau und das Gefühl, der Puls sei immer noch auf 180, obwohl er es gar nicht mehr war. Ich konnte echt nicht mehr.“ Die Österreicher stellten zum ersten Mal seit 2007 wieder eine Staffel bei einem Großereignis, die damals unrühmlich endete mit einer nachträglichen Disqualifikation wegen Dopings (Tauber und Pinter). Heute zeigte sich das Quartett auf den ersten Kilometern durch Dominik Baldauf ganz vorne, bis den Vorarlberger auf seiner zweiten Runde die Kräfte verließen. Bis zum Wechsel büßte er 90 Sekunden ein und seine Teamkollegen Max Hauke, Bernhard Tritscher und Luis Stadlober vergrößerten den Rückstand noch deutlich, so dass nicht mehr als der 13. Platz von 14 Teams möglich war. „Wir müssen einfach weiterarbeiten, dass wir alle Richtung Top 15, Top-Ten kommen und dann werden wir irgendwann im erweiterten Feld mitschwimmen können“, meinte Max Hauke, der in seiner Runde zu Sturz kam. „Top acht oder Top zehn könnte man sich vernehmen, das ist nicht so weit weg. Doch dafür muss alles passen.“

=> Ergebnis 4×10 Kilometer Staffel Herren
=> Medaillenspiegel nach acht Rennen

=> Reaktionen nach der Staffel: „Das habe ich versaut!“

 

Bildergalerie