Im Einzelrennen im im freien Stil über zehn Kilometer konnte Ragnhild Haga ihre erste Medaille bei einem Großereignis holen und schnappte sich sofort die Allerwichtigste. Vize-Olympiasiegerin wurde Charlotte Kalla, Bronze ging an Marit Bjørgen und Krista Pärmäkoski. Nathalie von Siebenthal und Teresa Stadlober kamen mit starken Ergebnissen unter die besten Zehn.
Haga mit beeindruckender Leistung
In einem spannenden Rennen bei wenig Wind und strahlendem Sonnenschein mit einer etwas längeren Laufzeit als in manch anderem Zehner durch die selektive Strecke konnten sich vier Athletinnen über eine Medaille freuen. Marit Bjørgen setzte als erste Läuferin der roten Gruppe die klaren Bestzeiten, an der sich viele andere wie auch Weng oder Østberg die Zähne ausbissen. Dann kamen aber die anderen Favoriten: Auf den Kilometern sah alles nach einem weiteren Olympiasieg der Skiathlon-Gewinnerin Charlotte Kalla aus, die auf der ersten Runde aber nur knappe Bestzeiten markieren konnte. Nach fünf Kilometern wurde aber klar, dass Ragnhild Haga sogar die Topfavoritin im Kampf um Gold angreifen kann: Nach einem etwas langsameren Beginn fand die Norwegerin immer mehr ins Rennen und war auf der zweiten Runde nicht zu schlagen. Immer größer wurde ihr Vorsprung auf die bisherige Führende Marit Bjørgen – im Ziel trennten beide 31,9 Sekunden. Die 37-Jährige kam sofort zum Gratulieren, während der völlig erschöpften Haga selbst noch gar nicht klar war, was sie da geleistet hatte. Als Charlotte Kalla eine Minute später mit 20 Sekunden Rückstand Silber gewann, war der überraschend Olympiasieg der Norwegerin offiziell. Kurz vorher hatte Marit Bjørgen um ihre Position bangen müssen, als Krista Pärmäkoski ihr in der zweiten Rennhälfte immer weiter auf die Pelle rückte. Auf der Zielgeraden wurde es richtig eng, die Finnin gab alles – und holte sich zeitgleich mit Bjørgen den aktuell dritten Platz. Aber das Rennen um die Medaillen war noch nicht vorbei, weil auch Jessie Diggins ein sehr gutes Rennen machte und schließlich als Fünfte mit 3,3 Sekunden Rückstand die Bronzemedaille verpasste, über die sich Bjørgen und Pärmäkoski nun endlich gemeinsam freuen konnten. Ragnhild Haga war noch lange Zeit später völlig überwältigt von ihrem Erfolg und konnte es immer noch nicht fassen: „Vor der letzten Abfahrt habe ich mir gedacht, das kann ich nun nicht mehr verlieren. Ich musste nur noch auf den Beinen bleiben und durch die letzten Abfahrt und Kurve kommen. Zwar war ich in Sorge, dass Charlotte Kalla einen Endspurt hinlegen könnte, so musste ich das Tempo hochhalten. Ich bin überglücklich. Als sie über die Linie kam, habe ich dann wohl realisiert, dass das heute mein Tag ist. Als Charlotte im Ziel war, sagte man mir, dass nun niemand mehr kommt. Aber ich habe es immer noch nicht begriffen“, meinte die neue Olympiasiegerin, die sich dessen immer noch nicht bewusst ist: „Ich glaube, ich habe immer noch nicht realisiert, dass das hier die Olympischen Spiele sind. Ich hatte vorher nur einen Weltcupsieg. Ich dachte, das hier wäre vielleicht ein kleines Rennen in Norwegen oder so. Ich habe immer noch nicht begriffen, dass das hier die Olympischen Spiele sind!“ Bei einem Telefonat unmittelbar nach ihrem Erfolg war ihr Lebensgefährte Øyvind Gløersen genauso geschockt wie sie selbst.
Top10 für von Siebenthal und Stadlober
Nathalie von Siebenthal lieferte eine sehr gute Vorstellung ab und hielt lange mit den Besten mit. Um noch ein Wort um die Medaillen mitzureden, fehlten in der zweiten Rennhälfte aber einige Sekunden, aber sie wurde für ihre Leistung dennoch mit einem starken sechsten Platz belohnt. Zufrieden war die Schweizerin aber nicht, sondern eher etwas ratlos: „Langsam verliere ich die Hoffnung auf einen Top-3-Platz, wenn ich die Zeitabstände sehe.“ Ingvild Flugstad Østberg wurde Siebte vor Anastasia Sedova. Auch Teresa Stadlober konnte sich über einen Platz unter den ersten Zehn freuen und das Rennen als starke Neunte beenden vor Anna Nechaevskaya. Die Österreicherin brauchte erst einige Kilometer zum Einlaufen, hat aber auch ganz andere Ziele: „Ich hatte in der ersten Runde sehr hart zu kämpfen, habe meinen Rhythmus erst in der zweiten Runde gefunden. Ich bin das zweite Mal unter den Top-10, ich würde das als gute Leistung einstufen, auch wenn ich heuer über 10 km schon einmal Fünfte mit nur 15 Sekunden Rückstand war. Heute habe ich über eine Minute verloren. Jetzt mache ich zwei Tage frei, dann bereite ich mich in Ruhe auf die 30 km vor.“
Vici Carl wieder beste Deutsche
Wie im Skiathlon bewies Victoria Carl auch über die zehn Kilometer, dass sie zur Zeit in einer exzellenten Form ist. Wie am Samstag belohnte sie sich selbst mit einem Top20-Ergebnis für eine sehr gute Leistung, auch wenn zwei Minuten zu den Schnellsten fehlten. Sie ging schon zu Beginn ein gutes Tempo, konnte die Geschwindigkeit im Gegensatz zu ihren beiden Teamkolleginnen, die sich mehr erhofft hatten, aber auch durchhalten. „Victoria Carl hat ein gutes Rennen gemacht, gerade für den Distanzbereich. Es war eines der besten Distanzrennen, die sie in dieser Saison gemacht hat neben Skiathlon hier. Von der Platzierung her haben wir uns schon erhofft, ein bisschen weiter vorn zu sein, darum können wir nicht ganz zufrieden sein. Aber nun gehen die Teamwettbewerbe los und darauf hatten wir den Fokus gelegt“, meinte Andreas Schlütter. Victoria Carl selbst war auch sehr zufrieden. „Es war richtig gut. In der ersten Runde bin ich relativ windstill durchgekommen und konnte dadurch Energie sparen und in der zweiten Runde hatte ich Liz Stephen vor mir und wusste, dass ich gut unterwegs bin, wenn ich da rankomme. Das Skating hat auch viel besser geklappt als im Skiathlon, ich bin wirklich total zufrieden“, meinte sie und geht zuversichtlich in das Staffelrennen: „Mit dem besten Freistilergebnis der Deutschen stehen die Chancen auf die Staffel sehr gut, denke ich.“ Für Steffi Böhler und Sandra Ringwald steht Platz 25 und 26 zu Buche – ein Ergebnis, mit dem keine von beiden zufrieden war. „Es war ein olympiawürdiges Rennen, es war sehr schwer. Ich glaube, dass das vielleicht ein bisschen lahmarschig ausschaut bei uns im Vergleich zu den anderen. Deutlicher kann sich die Spreu vom Weizen nicht trennen wie heute. Nichtsdestotrotz haben wir alles gegeben, es hat alles geschmerzt im Ziel. Wir haben alles probiert, aber weiter vor ging es heute nicht“, meinte Steffi Böhler selbstkritisch und etwas resigniert. Sandra Ringwald äußerte sich ebenfalls enttäuscht: „Es war ein Rennen mit Höhen und Tiefen. Ich hatte immer wieder Tiefs, zwischendurch konnte ich immer wieder nicht richtig über die Kuppen ziehen, wie ich es mir vorgenommen habe. Da habe ich sicher einige Sekunden verloren. Ich bin irgendwo im Mittelfeld und bin damit nicht hundertprozentig zufrieden.“ Nicole Fessel stand wegen ihrer Kehlkopfentzündung noch nicht zur Verfügung, bleibt aber eine Option für die Staffel. Dort sollte neben Vici Carl auch Katharina Hennig ihren Platz sicher haben, die heute nach ihrem Start im Sprint pausieren durfte.
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