Zittersieg für norwegische Damen in der Olympia-Staffel

Ingvild Flugstad Oestberg (NOR), Astrid Uhrenholdt Jacobsen (NOR), Ragnhild Haga (NOR), Marit Bjoergen (NOR), (l-r) © Modica/NordicFocus

Die Norwegerinnen Ingvild Flugstad Østberg, Astrid Uhrenholdt Jacobsen, Ragnhild Haga und Marit Bjørgen haben sich knapp die Goldmedaillle in der 4×5 Kilometer langen Damen-Staffel bei den Olympischen Spielen in PyeongChang gesichert. Silber ging an Schweden vor dem jungen russischen Team.

Bärenstarke Russinnen

Ingvild Flugstad Oestberg (NOR), Natalia Nepryaeva (RUS), (l-r) © Modica/NordicFocus

Das junge russische Team mit Natalia Nepryaeva, Yuliia Belorukova, Anastasia Sedova und Anna Nechaevskaya hatte sich offenbar einiges vorgenommen und bot eine bärenstarke Leistung. Vom ersten Meter bestimmten die russischen Nachwuchshoffnungen das Geschehen und Nepryaeva konnte sich zusammen mit Ingvild Flugstad Østberg absetzen. Viel mehr war für die Norwegerin aber auch nicht drin, sie hatte ihre liebe Müh und Not, an den Skienden zu bleiben. Ursache war neben der fehlenden Form während dieser Titelkämpfe vermutlich zum Teil auch ein schlechterer Ski, was sich später auch bei Jacobsen im direkten Vergleich gegen Kalla und Niskanen zeigte. Bei der zweiten norwegischen Läuferin Astrid Uhrenholdt Jacobsen war aber sicher die mangelnde Form nach Krankheit zu Beginn der Spiele der Hauptgrund, warum sie zu Beginn ihrer zweiten Runde klar zurückfiel. Beim Wechsel auf die Skaterinnen lag Russland gleichauf mit Schweden vorn, die durch Charlotte Kalla fast eine halbe Minute wieder gutgemacht hatten. Finnland folgte mit zehn Sekunden Abstand, Norwegen und die Schweiz lagen rund eine halbe Minute hinten. Nun startete Olympiasiegerin Ragnhild Haga ihre Aufholjagd auf das russisch-schwedische Führungsduo und sie war definitiv die beste Skaterin der dritten Runde und auch beste Norwegerin, so dass sie an Anastasia Sedova und Ebba Andersson bis zu ihrem Wechsel auf die Schlussläuferin fast heranlaufen konnte.

Keine Chance für Nilsson gegen Bjørgen

Marit Bjoergen (NOR) © Modica/NordicFocus

Nun war es an Marit Bjørgen, sich gegen Stina Nilsson zu behaupten, die natürlich auf einen Zielsprint hoffte. Die Norwegerin hielt das Tempo fast die ganze Zeit hoch und wurde die Schwedin an ihren Skienden dennoch nicht los, während sich Anna Nechaevskaya nach hinten verabschiedete und bangen musste, sich gegen Finnland zu verteidigen. Vorn fiel die Entscheidung um Gold und Silber an Anstieg und Abfahrt des Omegas unmittelbar außerhalb des Stadions: Marit Bjørgen verschärfte das Tempo und über die Kuppe musste die Schwedin die Segel streichen. In der Abfahrt lagen einige Meter zwischen beiden Athletinnen, doch die Schwedin versuchte noch einmal, sich im Stadion heranzusaugen, was aber nicht mehr klappte. Olympiasieg und Goldmedaille ging an Norwegen durch Ingvild Flugstad Østberg, Astrid Uhrenholdt Jacobsen, Ragnhild Haga und Marit Bjørgen, die sich jubelnd in die Arme fielen, völlig überwältigt und überglücklich war Astrid Uhrenholdt Jacobson während des Jubelns minutenlang in Tränen aufgelöst. Anna Haag, Charlotte Kalla, Ebba Andersson und Stina Nilsson freuten sich über die Silbermedaille vor dem russischen Nachwuchs bestehend aus Nepryaeva, Belorukova, Sedova und Nechaevskaya mit 43 Sekunden Rückstand. Die Finninnen Aino Kaisa Saarinen, Kerttu Niskanen, Riitta-Liisa Roponen und Krista Pärmäkoski mit einem Altersdurchschnitt von 33,5 Jahren konnten nicht ganz an die Leistungen der letzten Großereignisse anknüpfen und kamen 20 Sekunden später als Vierte ins Ziel. Rang fünf ging an die USA mit Sophie Caldwell, Sadie Bjornsen, Kikkan Randall und Jessica Diggins, die durch ihre Startläuferin schon eine Minute verloren. Danach konnte das Team den Zeitabstand mit Ausnahme der letzten Runde von Jessie Diggins konstant halten.

Startläuferin Böhler: Ungutes Gefühl bestätigt sich

Stefanie Boehler (GER) © Modica/NordicFocus

„Drei neue Mitstreiterinnen dabei, neuer Tag, neuer Ort, neue Chance!“ sagte Steffi Böhler vor dem Start des Rennens, in das sie das DSV-Quartett als Startläuferin führte. Vor dem Wettkampf gab es eine Extramotivation via Video-Botschaft von den Ex-Kolleginnen beim Gewinn der Bronzemedaille in Sochi, Claudia Nystad und Denise Herrmann. So ging das deutsche Team relativ zuversichtlich ins Rennen, die besten Sechs waren das offizielle Ziel, geliebäugelt wurde ein kleines bisschen mit der Bronzemedaille – auch ohne die immer noch nicht ganz fitte Nicole Fessel. „Wir haben keinen Druck, von uns erwartet niemand etwas“, hieß es vor dem Start von Schlussläuferin Sandra Ringwald und wie bei den letzten Staffeln mit Victoria Carl oder Katharina Hennig als Startläuferin erwies sich auch diesmal diese Position als Archillesferse der Mannschaft. Steffi Böhler war offenbar schon mit ungutem Gefühl ins Rennen gegangen und musste die Spitzengruppe nach einem Kilometer bereits ziehen lassen – obwohl der Streckenverlauf etwas leichter war als in den Wettkämpfen zuvor. Bis zum ersten Wechsel häufte sie einen Rückstand von 51 Sekunden an und lag an achter Stelle. „Ich tue mich schwer, seit ich hergereist bin und war sehr nervös. Nicht wegen Olympia, sondern weil ich meiner Form nicht so ganz vertrauen kann. Es mussten vier an den Start gehen und ich habe alles probiert, aber es sollte nicht sein“, erklärte Steffi Böhler enttäuscht und frustriert und fügte hinzu: „Es war schon beim letzten Rennen so, dass es nur Kampf war, eine Lücke so klein wie möglich zu halten. es ist schade, es tut mir leid, dass Katha mit einem so großen Rückstand reingegangen ist. Das war nun wohl das Los der Älteren, dass die halt diese erste Position laufen musste.“

Hennig beste Deutsche

Katharina Hennig (GER) © Modica/NordicFocus

Katharina Hennig hatte nun einiges gutzumachen und schlug sich als zweite DSV-Läuferin beachtlich. Die Sächsin konnte den Abstand zur Spitze fast konstant halten und das Team zwei Positionen nach vorn bringen. „Mich hat das Alleinelaufen nicht gestört, weil ich mein eigenes Rennen laufen konnte. Das war genau das, was mir letztes Jahr schwer gefallen ist, in der großen Masse zu laufen. Somit konnte ich mein eigenes Gefühl ausleben und das war ganz gut so. Ich habe der Steffi eben gesagt, sie muss sich für nichts entschuldigen. Ich weiß ganz genau, wie das ist, da vorne an erster Stelle, wo auf gut deutsch alle eskalieren. Sie hat ihr Ding wirklich gut gemacht.“, meinte die 21-Jährige. Für Victoria Carl und Sandra Ringwald ging es um Schadensbegrenzung und zumindest den sechsten Platz nach Hause zu bringen. Zunächst sah es aber nicht so aus: Victoria Carl musste im steilen Anstieg über ihre Grenzen gehen und die USA und Slowenien passieren lassen. Beim letzten Wechsel hatte sie 15 beziehungsweise zehn Sekunden Rückstand auf Platz sechs und sieben und schickte Sandra Ringwald auf die Schlussstrecke. Wie Victoria Carl verlor diese zwar eine weitere halbe Minute auf die Spitze, konnte aber Slowenien und vor dem Stadion auch die Schweiz distanzieren, so dass am Ende doch noch der angestrebte sechste Platz heraus sprang. Sowohl Katharina Hennig als auch Sandra Ringwald liefen die fünftschnellste Zeit ihrer jeweiligen 5 Kilometer-Runde. Aber die deutschen Langlauf-Frauen holten erstmals seit 1998 keine olympische Medaille in der Staffel. Katharina Hennig erntete für ihr sehr gutes Rennen noch ein Extralob des Sportlichen Leiters: „Die Platzierung ist in Ordnung. Die Staffel ist relativ verhalten gestartet, wir hatten keinen optimalen Tag auf der Startposition. Es war aber ein sehr starkes Rennen von Katharina Hennig, die kaum Zeit verloren hat – und am Ende ist es Platz sechs, damit müssen wir zufrieden sein“, so Andreas Schlütter. Zum Startläufer-Problem der letzten Rennen sagte er: „Wir müssen die Athleten entwickeln, dass sie auf der Startposition auch wieder ganz normal ihre Leistung abrufen können. Das ist uns in Lahti nicht gelungen und heute auch wieder nicht. Nichtsdestotrotz, wir arbeiten daran und es werden noch andere Staffeln kommen. Steffi hat gekämpft, das hat man gesehen, aber sie kam einfach nicht hin an die vorderen Läufer und hat von der Zeit her ein bisschen zu viel verloren. Aber es gehören immer vier Leute zur Staffel dazu, man kann nicht immer einen rauspicken.“

Schweiz knapp hinter Deutschland

Laurien Van Der Graaff (SUI), Lydia Hiernickel (SUI), Nadine Faehndrich (SUI), (l-r) © Modica/NordicFocus

Die Schweiz in der Besetzung Laurien van der Graaff, Nadine Fähndrich, Nathalie von Siebenthal und Lydia Hiernickel hatte die Aufstellung mit der Sprintspezialistin und der U23-Weltmeisterin auf den Klassikstrecken und ihrer stärksten Läuferin auf Position drei so gewählt, dass sie möglichst lange mithalten können, was auch absolut gelang. Laurien van der Graaff schlug sich beachtlich, hielt zunächst mit der Spitze mit und verlor auf ihrer zweiten Runde dann 35 Sekunden. Diesen Abstand konnte Nadine Fähndrich mit einem starken Rennen halten und ihr Team von sechs auf fünf nach vorn laufen. Nathalie von Siebenthal machte es ihr nach – die Schweiz lag nun nach 15 Kilometern auf Platz vier! Schlussläuferin Lydia Hiernickel konnte das Ergebnis aber erwartungsgemäß nicht halten. Die 21-Jährige, vor zwei Tagen 49. über die doppelte Distanz, büßte etwas mehr als 90 Sekunden ein und fiel dadurch kurz vor dem Ziel auch noch hinter das deutsche Team zurück, so dass in der Endabrechnung Platz sieben zu Buche steht – dennoch ein sehr gutes Resultat für die Eidgenössinnen.

=> Ergebnis 4×5 Kilometer Staffel Damen
=> Medaillenspiegel nach sieben Rennen

=> Stimmen zur Staffel: „Startläufer ist wohl das Los der Älteren…“

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