Erneut finden die Nordischen Ski Weltmeisterschaften im finnischen Lahti statt – zum siebten Mal und damit so oft wie nirgendwo anders. Hier gibt es alles Wissenswerte vorab…
Siebte WM in Lahti zur 100-jährigen Unabhängigkeit Finnlands
Lahti ist die siebtgrößte Stadt Finnlands und liegt ungefähr 100 Kilometer nördlich der Hauptstadt Helsinki am Vesijärvi-See. Erst im Jahr 1905 erhielt das schon im 15. Jahrhundert erstmals erwähnte Lahti das Stadtrecht und wächst seither ständig. Nach 2.700 Bewohnern 1905 leben inzwischen rund 120.000 Menschen in Lahti, der Sporthauptstadt Finnlands. Sie ist das nordische Zentrum des Landes. Hier gibt es die international bekannte Schanzenanlage, die Salpausselkä-Schanzen. Die weltbekannten Lahti-Skispiele gibt es seit 1924, 2017 finden die insgesamt siebten Weltmeisterschaften in dem Schanzenareal mit den schön gelegenen Langlaufstrecken anlässlich der 100-jährigen Unabhängigkeit Finnlands statt. Die bisher letzten Titelkämpfe blieben allerdings eher als Dopingskandal in Erinnerung, von dem sechs Weltklasse-Langläufer Finnlands betroffen waren. Wer die letzten Weltmeisterschaften in Lahti im Jahr 2001 noch vor Augen hat, dem werden die Strecken rund um das Urheilukeskus-Sportscenter bekannt vorkommen. Die beiden Tunnel sind genauso immer noch Bestandteil der Laufrunden wie die Passage vorbei am Fuß des Schanzenturms. Die Strecken wurden zwar nach Kritik im letzten Winter für die WM 2017 optimiert, zählen aber immer noch zu den Schwersten im Weltcup – wenn auch nicht ganz so schwer wie die letztes Wochenende in Otepää.
13 Deutsche in Finnland
Das deutsche Team ist wie die meisten anderen Sportler aller drei Disziplinen im neu erbauten Scandic Hotel in Vierumäki untergekommen. Bis zum Salpausselkä-Skistadion sind es etwa 30 Minuten Fahrt. Die deutsche Teamführung blickt zumindest bei den Damen zuversichtlich Richtung Großereignis: „Die jungen Athletinnen konnten mit guten Leistungen die Lücke zur absoluten Weltspitze verringern und verstärken das Team um unsere arrivierten Leistungsträgerinnen. Insgesamt gesehen haben wir damit im Damenbereich eine deutlich stabilere Basis als noch vor einem Jahr. Wir fahren deshalb durchaus optimistisch zur WM nach Finnland und hoffen, dass wir dort an die guten Ergebnisse aus dem Weltcup anknüpfen können“, sagte Andreas Schlütter, sportlicher Leiter Skilanglauf im DSV. Bei den Herren ist er nach allen Problemen vorsichtiger: „Hier haben wir nach wie vor mit teilweise langwierigen, krankheits- und verletzungsbedingten Ausfällen zu kämpfen. Hannes Dotzler konnte zwar nach über zwei Jahren erstmals wieder einen internationalen Wettkampf bestreiten, wird uns aber bei der WM wahrscheinlich noch nicht zur Verfügung stehen. Und auch bei Tim Tscharnke, der immerhin schon Silber bei Olympia gewann, Sebastian Eisenlauer, Andreas Katz oder Jonas Dobler mussten wir im Verlauf des Winters immer wieder Rückschläge verkraften. Solche Ausfälle sind für kein Team der Welt so einfach zu kompensieren. Das spiegelt sich dann natürlich auch in den bisherigen Weltcupergebnissen wider. Dennoch traue ich unseren Männern die eine oder andere Überraschung in Lahti zu.“ Dennoch hat er auch hier recht hohe Erwartungen: „Was die Ziele für Lahti betrifft, müssen wir realistisch bleiben. Bei den Herren sollten wir bei zwei von vier Einzelrennen in der Lage sein, unter die Top-12 zu laufen. In den Teamwettbewerben peilen wir die Top-6 an. Und wenn an einem Tag alles zusammenpasst, haben wir auch nichts dagegen, wenn es noch etwas weiter nach vorne geht.“ Bei den Damen sind die Ziele etwas höher gesteckt, Top-10 im Einzel, das Podium angreifen in den Teamwettkämpfen.
Die kompletten DSV-Statements findet ihr hier: HIER
Das DSV-Team im Überblick
– Stefanie Böhler (SC Ibach)
– Victoria Carl (SC Motor Zella Mehlis)
– Nicole Fessel (SC Oberstdorf)
– Katharina Hennig (WSC Erzgebirge Oberwiesenthal)
– Hanna Kolb (TSV Buchenberg)
– Sofie Krehl (SC Oberstdorf)
– Sandra Ringwald (Skiteam Schonach Rohrhardsberg)
– Thomas Bing (Rhöner WSV)
– Lucas Bögl (SC Gaißach)
– Jonas Dobler (SC Traunstein)
– Sebastian Eisenlauer (SC Sonthofen)
– Florian Notz (TSV/SZ Böhringen Römerstein)
– Tim Tscharnke (SV Biberau)
Probleme im Team Schweiz
Sorgen gibt es auch im Schweizer Team, wo für die Weltmeisterschaften gleich zwei Sportler ausfallen oder teilweise ausfallen. Roman Schaad hat die Saison mit einem Bandscheibenvorfall vorzeitig beendet und nun gibt es auch noch Probleme bei Dario Cologna: Vor zwei Wochen machte sich eine Muskelverhärtung im Bereich des rechten unteren Rückens bemerkbar, die in der Folge auch Beschwerden in der Wade auslöste. Diese sorgten dafür, dass er den Klassikwettkampf in Otepää auslassen musste, nachdem im Training die Wade „richtig zugemacht“ hatte. Dienstag Nachmittag gab Dario Cologna seine Entscheidung bekannt, auf die die Wade beanspruchende klassische Technik zu verzichten: „Nach Rücksprache mit Trainer- und Ärzteteam habe ich mich entschiede, wegen meiner lädierten Wade auf die Wettkämpfe in der klassischen Technik (Skiathlon und 15km Einzelstart) an den Weltmeisterschaften in Lahti zu verzichten. Es ist sehr hart auf die 15 Kilometer Einzelstart und vor allem den Skiathlon zu verzichten, da ich mich gut in Form fühle und mir Medaillenchancen ausgerechnet habe. Klar könnte ich probieren ob es im Skiathlon geht, aber das Risiko dass ich nachher gar keine Rennen mehr laufen kann ist zu groß. Mein Fokus gilt nun der Skating Ablösung in der Staffel und dem 50 Kilometer Skating Wettkampf, worauf ich mich sehr freue. Nun bereite ich mich in Davos auf diese Wettkämpfe vor und werde Anfang nächster Woche nach Lahti reisen.“
Petter Northug freiwillig Reserve
Petter Northug ist ein Name, der immer und auch in diesem Winter ständig in aller Munde war, obwohl er kaum im Weltcup startete. Zu viel Training war laut seiner Aussage das Problem und vor allem zu hartes Training nach dem Höhentraining im Oktober. Nach seinem Übertraining vor der Saison ist er nach wie vor auf der Suche nach der Form – und hat sie nicht gefunden. Das hat er inzwischen realistisch eingesehen und hat seinen Platz als zwölfter Mann im Team aufgegeben. Didrik Tønseth rückt nach, während Northug dessen Platz als Ersatzmann einnimmt. Damit wird er aller Voraussicht nach keinen weiteren Start in Lahti bekommen, außer den Rennen, für die er als Weltmeister einen Fixplatz hat. Wird jemand krank, müssten zunächst andere Athleten aus dem Zwölferkader für die Rennen nachrücken.
Höhentraining erfolgreich?
Insgesamt stellt sich aber die Frage, wie gut alle Athleten das Höhentraining der letzten Wochen verkraftet haben und ob nun die Form zum richtigen Zeitpunkt stimmt. Die Deutschen waren in mittlerer Höhe in Toblach, während die Norweger größtenteils ins heimische Sjusjøen ausweichen mussten, weil auf der Seiser Alm zunächst kein Schnee lag. Als der Wintereinbruch dann doch noch kam, waren die Schweden im Glück und hatten das Hochplateau fast für sich. Marit Bjørgen war in Davos vor Ort, ihre Kollegen Anders Gløersen und Didrik Tønseth im Engadin zusammen mit Trainer Tor Arne Hetland. Und während Krista Pärmäkoski in der Höhe in Livigno, St. Moritz und Pontresina beste Bedingungen vorfand, blieben ihre Teamkollegen in Finnland für die Vorbereitung und die US-Girls reisten nach Meribel. Möglichkeiten gab es viele – aber welche war die Beste?
Sundby fehlt Einzeltitel
Man sollte es kaum meinen, aber trotz all seiner Erfolge wurde Martin Johnsrud Sundby noch nie Einzel-Weltmeister oder Olympiasieger. Lediglich einmal Staffel-Gold aus 2013 hat er in seiner Vita. Immer hatte er Pech beim Großereignis oder die anderen hatten sich spezieller als er auf die Rennen vorbereitet. Das will er nun ändern und endlich Gold holen – möglicherweise unter Pfiffen und Beschimpfungen als „Doper“. Damit rechnet der Norweger und will daraus zusätzliche Motivation ziehen. Seine Teamkollegin Marit Bjørgen will dreimal Gold, sieht man ihre aktuelle Form im Vergleich zu Heidi Weng und Co., wird es aber eher mehr. Stina Nilsson hat sich ebenfalls einige Medaillen vorgenommen und plant aktuell Starts in allen sechs Wettkämpfen. Das wird Teamkollegin Hanna Falk gar nicht gefallen, die damit keine Nominierung im Teamsprint zusammen mit Ida Ingemarsdotter bekommen wird. Krankheiten können natürlich immer vorkommen, auch wenn alles getan wird, um das zu verhindern. Vor den Weltmeisterschaften durfte niemand Stina die Hand schütteln und man musste Abstand halten bei Interviews. Johannes Høsflot Klæbo erhofft sich dreimal Edelmetall, bekommt er die entsprechenden Einsätze, könnte aber auch noch mehr drin sein für das junge Talent.
Terrorangst bremst Venezolaner aus
Bei jeder Weltmeisterschaft gibt es die absoluten Langlauf-Exoten, die sich auf dem ungewohnten Weiß versuchen: Athleten aus Afrika, Südamerika oder Hobby-Läufer beziehungsweise Athleten ohne ausreichend gute FIS-Punkte aus anderen kleineren Nationen. Für sie beginnen die Titelkämpfe bereits am Mittwoch vor der offiziellen Eröffnung (18 Uhr) mit ihren Qualifikationsrennen (13 Uhr und 14:30 Uhr). Einer von ihnen hätte den Weg nach Finnland aber beinahe nicht geschafft: Adrian Solano aus Venezuela. Der 22-Jährige blieb bei der Zwischenlandung auf dem Flughafen Charles de Gaulle in Paris hängen und wurde dort von der französischen Polizei verhört, wie der schwedische Expressen als erstes berichtete. „Schmuggelst du Drogen? Bist du ein Terrorist?“, waren einige der Fragen an den Athleten. Fünf Tage hielt man ihn in Haft und nahm ihm das Handy ab, so dass er erst spät seine Kollegen informieren konnte. Solano hatte nur 20 Euro in bar dabei, keine Kredit- oder Bankkarte. „Dann erzählte er, dass er zur Nordischen Ski-WM will und sie lachten ihn aus“, so sein Teamkollege César Baena. „‚Du kommst aus Venezuela, da ist doch sicher kein Schnee‘, lachten sie. Sie dachten, er würde Drogen schmuggeln, weil er aus Venezuela kam und eine dunkle Hautfarbe hat. Ich finde, das ist Rassismus! Als sie ihn auf Drogen untersuchten, fragten sie, ob er ein Terrorist sei.“ Die Botschaft versuchte zu helfen, aber Solano wurde in seine Heimat abgeschoben. Als der finnische Promi Aleksi Valavuori davon hörte, zahlte er das inzwischen 4.000 Euro teure Flugticket, das Solano ohne Zwischenstopp in Frankreich nach Finnland brachte. Damit steht einem Start morgen nichts mehr im Weg.
Russen bleiben vorläufig gesperrt
Nach aktuellem Stand nicht an der WM teilnehmen können werden die sechs vorläufig gesperrten russischen Athleten. Alexey Petukhov, Evgenia Shapovalova, Maxim Vylegzhanin, Alexander Legkov und Evgeniy Belov hatten den internationalen Sportgerichtshof (CAS) angerufen, um in einem beschleunigten Verfahren die vorläufige Sperre aufheben zu lassen. Der CAS teilte heute mit, dass die Parteien derzeit Stellungnahmen austauschen und auch die Richter noch bestimmt werden müssten. Wann ein Urteil fällt, ist deshalb noch nicht absehbar. Julia Ivanova hatte sich nicht an der Berufung vor dem CAS beteiligt und bleibt deshalb ohnehin gesperrt.
Winterliche Bedingungen in Lahti
Abseits der bestens präparierten Strecken liegen derzeit wenige Zentimeter Schnee. Das wird sich aber in den nächsten Tagen ändern. Schon zur Eröffnungsfeier sollen Schneeflocken fallen wie auch in den nächsten Tagen immer wieder bei Temperaturen im einstelligen Minusbereich. Mitte nächster Woche wird es laut aktueller Vorhersage etwas wärmer. Insgesamt wird es damit wohl keine Probleme mit der Kältegrenze von -20°C geben. Allerdings wird angedacht, die Grenzen in Zukunft zu verändern, da laut einer Studie 40% der Athleten aus den nördlichen Ländern (Skandinavien, Russland und Kanada) an Belastungsasthma leiden. Allerdings ist dieses Vorhaben schon 2011 einmal gescheitert.
Alles LIVE von der WM
In den WM-Tagen gibt es Langlauf satt und alles live. Zumindest Eurosport 1 ist immer von der ersten bis zur letzten Minute dabei, ebenso wie fast immer ORF und SRF. ZDF und ARD teilen sich die Titelkämpfe und haben ebenfalls meistens Live-Übertragungen eingeplant.
Das Langlauf-Programm im Überblick
Mittwoch, 22. Februar 2017
13:00 Uhr: 5 km KT Damen Qualifikation
14:30 Uhr: 10 km KT Herren Qualifikation
Donnerstag, 23. Februar 2017
14:00 Uhr: Sprint FT Qualifikation
16:30 Uhr: Sprint FT Finalläufe
Samstag, 25. Februar 2017
11:00 Uhr: Skiathlon 7,5 + 7,5 km Damen
13:30 Uhr: Skiathlon 15 + 15 km Herren
Sonntag, 26. Februar 2017
10:30 Uhr: Team Sprint KT Qualifikation
12:30 Uhr: Team Sprint KT Finals
Dienstag, 28. Februar 2017
12:45 Uhr: 10 km KT Damen
Mittwoch, 01. März 2017
12:45 Uhr: 15 km KT Herren
Donnerstag, 02. März 2017
14:00 Uhr: Staffel Damen 4 x 5 km
Freitag, 03. März 2017
12:30 Uhr: Staffel Herren 4 x 10 km
Samstag, 04. März 2017
13:30 Uhr: 30 km FT Damen
Sonntag, 05. März 2017
13:30 Uhr: 50 km FT Herren