Nordische Ski-WM Lahti: Norwegen gewinnt spannendes Staffelrennen

Martin Johnsrud Sundby (NOR), Didrik Toenseth (NOR), Niklas Dyrhaug (NOR), Finn Haagen Krogh (NOR) (l-r) © NordicFocus

Didrik Tønseth, Niklas Dyrhaug, Martin Johnsrud Sundby und Finn Hågen Krogh heißen die Weltmeister über 4×10 Kilometer. Sie gewannen das Staffelrennen vor Russland. Bronze holten sich die Schweden nach hartem Kampf in der Gruppe.

Krogh hält Ustiugov auf Distanz

Finn Haagen Krogh (NOR), Sergey Ustiugov (RUS) © NordicFocus

Es war ein Staffelrennen über die inzwischen ungewohnte Länge von 4×10 Kilometer unter sehr weichen und tiefen Bedingungen, da die Finnen trotz Unverständnis aller Teams auf Salz verzichteten. Das Rennen selbst hatte zwei klare Favoriten: Norwegen mit Didrik Tønseth, Niklas Dyrhaug, Martin Johnsrud Sundby und Finn Hågen Krogh und Russland mit Andrey Larkov, Alexander Bessmertnykh, Alexey Chervotkin und Sergey Ustiugov. Diese Teams wurden ihrer Favoritenrolle völlig gerecht und setzen sich zu Beginn der dritten 2,5 Kilometer-Runde des Startläufers zusammen ab. Die ersten 25 Kilometer wurden von den russischen Läufern bestimmt, während die Norweger sich nur in den Windschatten hängten. Dann zündete der dritte Norweger Martin Johnsrud Sundby den Turbo und erhöhte das Tempo deutlich. Bis zum Wechsel lief er 18 Sekunden Vorsprung auf Chervotkin heraus, der erst mit dem Nachtzug über Helsinki angereist war. Sergey Ustiugov ging seine erste Runde schnell an und halbierte den Abstand. Danach hatten beide schwer zu kämpfen, so dass der Abstand um zehn Sekunden schwankte. Norwegens Finn Hågen Krogh brachte den Sieg nach Hause und ließ sich von den Teamkollegen feiern. „Ustiugov ist der Schlimmste, den man hinter sich haben kann. Martin hat mir gerade genug Vorsprung mitgegeben. Ich musste die ganze Zeit kämpfen. Ich musste mich wirklich antreiben“, sagte der Norweger später. Der Russe war völlig enttäuscht, allerdings kamen ihm als dem größeren und schwereren Läufer auch die tiefen Bedingungen nicht zugute. „Ich habe heute getan, was ich konnte. Ich habe alles gegeben. Die Bedingungen waren sehr weich und ich konnte nicht viel Kraft in meine Beinarbeit legen“, sagte Ustiugov. 

Schweden nach hartem Kampf zur Medaille

Calle Halfvarsson (SWE), Matti Heikkinen (FIN), Curdin Perl (SUI) (l-r) © NordicFocus

Auch der Kampf um Bronze war spannend wie selten zuvor. Die Schweden verloren durch Daniel Rickardsson und Johan Olsson deutlich an Boden, was Marcus Hellner aber im Alleingang wieder gutmachte. Er lief wieder an Deutschland und die Schweiz heran und brachte Calle Halfvarsson in eine gute Position, die er als der stärkste Sprinter aus der Gruppe auch nutzen konnte. Für das Auseinanderfallen der Vierergruppe auf der letzten Runde hatte Matti Heikkinen gesorgt, der das Tempo forcierte, so dass nur noch der Schwede folgen konnte. Da es dann aber (wie zuvor schon oft in der Gruppe währen der letzten zehn Kilometer) wieder zu Stehversuchen kam, war in der Abfahrt zur Lahti-Kurve plötzlich Curdin Perl wieder dran, der einer erneuten Tempoverschärfung ins Stadion hinein aber nicht folgen konnte. Calle Halfvarsson erwies sich als der Stärkste im Stadion und holte Bronze, während der Finne sich im Sprint um Bronze geschlagen geben musste, nachdem er in der letzten Kurve im Stadion die Skienden überkreuzt hatte und dann stürzte.

Schweizer überraschend Vierte nach finnischem Sturz

Curdin Perl (SUI), Calle Halfvarsson (SWE), (l-r) © NordicFocus

Eine sehr überzeugende WM-Staffel absolvierten die Schweizer, die erstmals auf den spät angereisten Dario Cologna bauen konnten. Durch seine Verletzung ist klassisches Laufen momentan nicht möglich, so dass er auf der ersten Skatingstrecke nach Jason Rüesch und Jonas Baumann zum Einsatz kam. Zwar konnte Baumann der Attacke von Weltmeister Iivo Niskanen nicht folgen, hielt sich aber sehr gut an fünfter Stelle. Dario Cologna konnte den Vorsprung auf die Verfolger zwar nicht halten, kam aber zusammen mit Schweden und Deutschland zum letzten Wechsel auf Curdin Perl. Er hielt sich während seiner zehn Kilometer meist im Windschatten auf, konnte aber dennoch bei der entscheidenden Attacke nicht mitgehen. Zwar kam er in der Abfahrt wieder heran, konnte aber nur dank des Sturzes des Finnen noch über den starken vierten Platz jubeln. „Es lief sehr gut und wir konnten zurück ins Rennen kommen. Ich habe versucht, schnell anzugehen und habe mich sehr stark gefühlt. Unser Ziel war es, eine Medaille zu holen und das fühlt sich richtig gut an“, freute sich Marcus Hellner über den Medaillengewinn. 

Bing und Dobler büßen etwas ein

Andrey Larkov (RUS), Didrik Toenseth (NOR), Thomas Bing (GER) © NordicFocus

Das deutsche Quartett bestehend aus Thomas Bing, Jonas Dobler, Florian Notz und Lucas Bögl bot eine herausragende Leistung und musste sich auf der letzten Runde nur knapp geschlagen geben. Die Leistung des DSV-Vierers, der sich wieder um die Gruppe um Bronze herankämpfte und bis fast zum Schluss mit dieser Gruppe mithielt, sorgte während des Wettkampfes für Gänsehaut beim Sportlichen Leiter Andreas Schlütter, der rundum zufrieden war. Startläufer Thomas Bing hielt zunächst gut mit der Spitzengruppe mit, bis das Tempo angezogen wurde. Er kam mit 25 Sekunden Rückstand zum ersten Wechsel und sagte kurz danach: „Die erste Runde war sehr viel Zug drinne. In der zweiten war es dann ein bisschen langsamer gewesen, aber gegen Ende hat Team Russland sich ein Herz gefasst und ziemlich Druck gemacht. Dann haben wir leider ein bisschen den Anschluss verloren zu den beiden vorne. In der dritten Runde habe ich versucht wieder hinzufighten, aber es war dann sehr schwierig.“ Nach dem Wechsel fand sich bald eine Vierergruppe zusammen, aus der Iivo Niskanen zu Beginn der dritten Runde attackierte und die Gruppe sprengte. Danach war jeder mit jeweils 15 Sekunden Abstand auf sich allein gestellt mit Deutschland auf Platz sechs, die Schweden weitere 15 Sekunden zurück. „Irgendjemand muss es machen, gegen Iivo Niskanen zu laufen. Es hilft nix“, sagte Jonas Dobler, der nach vielen Krankheiten noch nicht in Topform ist. Er erzählte weiter: „Der Thomas Bing hat mir eine super Position mitgegeben. Ich habe mir am Anfang nicht so viel Stress gemacht. Dann habe ich einen relativ guten Ski gehabt, was Grip anbelangt. Hinten am Berg habe ich mich fast am leichtesten getan von allen. Dafür bin ich dann halt nicht perfekt (bergab) gefahren. Aber da muss man dann auch Kompromisse finden. Ich habe so lange wie möglich versucht und irgendwann war dann vorbei und dann habe ich versucht, den Schaden in Grenzen zu halten. Aber das ist dann schwer allein.“

Notz bärenstark, Bögl übernimmt Initiative

Lucas Boegl (GER) © NordicFocus

Nun war es an Florian Notz, den Schaden in Grenzen zu halten und das deutsche Team in guter Position zu halten. Das machte der Römersteiner bravorös und brachte das Team zurück in den Kampf um Bronze. Er ließ Marcus Helllner herankommen und hängte sich dann an ihn heran, so dass beide unglaublich viel Boden gutmachten gegen die Konkurrenz. Beide liefen an das schweizerisch-französische Duo heran. Als Robin Duvillard die Segel streichen musste, holte das verbliebene Trio zusammen auch Lari Lehtonen ein, so dass die Chancen auf eine Medaille wieder stiegen. In Hellners Windschatten war der Deutsche nur zehn Sekunden langsamer als Martin Johnsrud Sundby und schneller als Chervotkin, der Schwede war allerdings deutlich der Schnellste der dritten Läufer. „Ich hatte Glück, dass der Hellner hinter mir gestartet ist. Ich hatte mir vorgenommen, so lange wie möglich mit dem Hellner mitzulaufen und der hatte ein gutes Tempo. Es war sehr hart und wir sind dann auch gut vorgekommen bis auf Rang drei“meinte Florian Notz während des laufenden Wettkampfes. „Jetzt liegen wir ganz gut, mal schauen, was der Luci macht. Medaille wird sehr schwer, denke ich, gegen Schweden und Finnland und der Curdin ist auch nicht schlecht.“ Damit sollte Florian Notz Recht behalten, auch wenn die Schlussläufer sich oft in Stehversuchen übten. Die Gruppe wurde extrem langsam und büßte allein auf den ersten fünf Kilometern eine Minute ein – der Abstand nach hinten war aber ausreichend. Schließlich wurde es dem Deutschen zu bunt und er nahm seinen Sportlichen Leiter beim Wort: „Ich denke, es ist an der Zeit, dass der Luci das Herz in die Hand nehmen sollte und es einfach probieren, gerade die Schweiz und den Schweden ein bisschen zu ärgern und das Tempo zu machen. Denn es ist klar, dass wir auf der Zielgeraden gegen den Halfvarsson natürlich keine Chancen haben.“ Lucas Bögl hielt zwischenzeitlich das Tempo hoch, als es aber wirklich ernst wurde, war er der Erste, der nicht mehr mitgehen konnte und den dennoch guten sechsten Platz für das Team nach Hause brachte, mit dem man zufrieden sein kann. Fast wäre es noch Platz fünf geworden, aber im Zielsprint gegen den gestürzten Matti Heikkinen musste er sich hauchdünn geschlagen geben.

 

=> Ergebnis 4×10 Kilometer Staffel Herren

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=> Reaktionen des Tages: “Ustiugov ist der Schlimmste, den man hinter sich haben kann!”

 

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