Nordische Ski-WM Lahti: Marit Bjørgen gewinnt im 30 Kilometer Massenstart ihr 18. WM-Gold

Marit Bjoergen (NOR) © NordicFocus

Marit Bjørgen hat im Massenstart über 30 Kilometer im freien Stil ihr viertes Gold gewonnen. Silber ging an Heidi Weng vor Astrid Uhrenholdt Jacobsen.

Bjørgen mit entscheidender Attacke, Kalla im Pech

Heidi Weng (NOR), Marit Bjoergen (NOR), Astrid Uhrenholdt Jacobsen (NOR), (l-r) © NordicFocus

Es ist eine beeindruckende Bilanz von Marit Bjørgen – nicht nur in Lahti mit vier Titeln, sondern auch insgesamt mit der 18. Goldmedaille bei ihrem 60. WM-Start. Die Norwegerin dominierte das Geschehen nicht so sehr wie oft schon früher, allerdings war das Tempo auch über weite Strecken sehr hoch. Dennoch blieben die Favoritinnen bis zum Schluss zusammen und wechselten sich in der Führungsarbeit immer wieder ab. Fünf Kilometer vor dem Ziel bestand die Spitzengruppe noch aus zehn Damen, kurz danach musste sich allerdings Nathalie von Siebenthal nach hinten verabschieden. Zunächst verschärfte Astrid Uhrenholdt Jacobsen oben an den Schanzen bei Kilometer 26,5 das Tempo. Marit Bjørgen attackierte dann am vorletzten Anstieg und die Gruppe fiel auseinander. Zu den Geschlagenen gehörte auch Mitfavoritin Charlotte Kalla, die just in dem Moment einen Stockbruch erlitt, als vorne die Post abging – Sekunden vor der Attacke und zwei Kilometer vor dem Ziel. Die Norwegerin vorn bekam von den Problemen ihrer Rivalin allerdings nichts mit und zog ihr Tempo durch, während Kalla etwa 25 Sekunden lang ohne Stock laufen musste. Vorn setzten sich alle vier Norwegerinnen an die Spitze. Nach einem weiteren Angriff am Indian Hill, dem letzten Anstieg, hatte Bjørgen nur noch Heidi Weng an ihren Skienden. Zu Astrid Uhrenholdt Jacobsen und Ragnhild Haga hatte sich jeweils eine kleine Lücke aufgetan, zu den anderen Athletinnen eine noch größere. Der Kampf um Gold entschied sich in der Lahti-Kurve, die Bjørgen deutlich besser anfuhr als ihre Teamkollegin, die weit nach außen getragen wurde. Nach ihrem vierten Titel in Lahti sagte sie:“Es war ein hohes Tempo drin, dadurch war nicht so leicht, vorn das Tempo zu diktieren. Die letzten zwei Kilometer habe ich hart gepusht und habe mich umgedreht und gesehen, dass Heidi hinter mir ist. Die Kurve habe ich dann taktisch eng angefahren und Geschwindigkeit mitgenommen. Ich habe auch den Eindruck, meine Ski waren besser als die von Heidi. Ich wollte dieses Gold unbedingt!“ Weiter erklärte sie: „Das war wahrscheinlich das erste Mal, dass ich mir in einem Rennen einen Stock gebrochen habe. Glücklicherweise passierte das vor einer Abfahrt [bei Kilometer 22] und hat mein Rennen nicht gestört.“ In der Abfahrt hatte sich Jacobsen wieder herangesaugt, so dass es im Kampf um Silber noch einmal richtig eng wurde. Schließlich setzte sich Heidi Weng nach Fotofinish hauchdünn gegen ihre Teamkollegin durch, die gleich nach dem Start viele Kräfte verpulvert hatte. Die Norwegerin war in der ersten leichten Kurve noch im Stadion in Rücklage geraten und gestürzt und musste sich durch das gesamte Feld wieder nach vorne arbeiten, was einige Zeit in Anspruch nahm und Kräfte kostete. „Die 30 Kilometer haben weh getan. Es war sehr schwer, wieder nach vorn zu kommen nach dem Sturz. Meine Form ist der Wahnsinn, aber natürlich war es sehr stressig, sich wieder vorzuarbeiten. Es fühlt sich an, als wäre meine heutige Leistung das Beste, was ich je getan habe“, sagte sie. Mindestens genauso sehr jubelte Ragnhild Haga über den vierten Platz, nachdem sie erst durch den Startverzicht der formschwachen Ingvild Flugstad Østberg ins norwegische Team für den 30er gerückt war. Jessie Diggins gewann den Sprint der Verfolger vor Krista Pärmäkoski und Charlotte Kalla. Die Schwedin hatte heute viel Pech: Früh im Rennen nach sechs Kilometern rutschte sie weg und stürzte, in der entscheidenden Phase dann der Stockbruch.  Teresa Stadlober wurde sehr gute Achte vor Anna Haag.

Stadlober und Von Siebenthal mit starkem Rennen

Astrid Uhrenholdt Jacobsen (NOR), Nathalie Von Siebenthal (SUI), Teresa Stadlober (AUT), (l-r) © NordicFocus

Einen sehr überzeugenden Eindruck hinterließ die Schweizerin Nathalie von Siebenthal, der leider nicht bis zum Schluss anhielt. Anders als die Österreicherin, die zwar scheinbar problemlos mit der Gruppe mitlief, sich aber immer unauffällig im Hintergrund hielt, zeigte sich die Schweizerin sogar ganz vorn. Nach 22 Kilometern ging Nathalie von Siebenthal, die sich scheinbar sehr stark fühlte, an die Spitze und riss kurz darauf sogar ein kleines Loch zu den anderen Athletinnen, bis sie wieder eingeholt wurde. Für diese Attacke musste sie aber bald büßen. Die Schweizerin hatte scheinbar zu viel Kräfte auf der Fläche gelassen, so dass ihr dann unmittelbar nach der Stadionpassage nach 25 Kilometern das Laktat richtig in die Beine schoss und sie sich sehr schwerfällig bergan bewegte. Obwohl sie viel Zeit verlor, kämpfte sie weiter und reihte sich eine Minute dahinter in der ersten kleinen Verfolgergruppe ein, aus der sie sich Platz elf knapp hinter Yulia Tchekaleva sicherte.

Steffi Böhler gute Zwölfte

Stefanie Boehler (GER) © NordicFocus

Zusammen mit ihren Teamkolleginnen hatte Steffi Böhler zu Beginn gut mit der Topgruppe mitgehalten, was ihr noch kurze Zeit gelang, als ihre Kolleginnen abreißen lassen mussten. Nach zwölf Kilometern verlor aber auch sie den Abschluss, kämpfte sich wieder ran und ließ erneut abreißen. Dann blieb sie aber lange in Sichtkontakt mit der Gruppe, bis sie sie nach 20 Kilometern aus den Augen verlor. Die meiste Zeit des Wettkampfes verbrachte sie zusammen mit Yulia Tchekaleva und der überraschend starken Chelsea Holmes aus Alaska, bis sie wenige Kilometer vor dem Ziel auch Nathalie von Siebenthal zu ihnen gesellte. Mit leichtem Abstand auf die Russin und die Schweizerin belegte sie im Zielsprint einen guten zwölften Platz nach einem harten Rennen auf schneller Strecke. „Das Ziel war es, an der Gruppe dranzubleiben. Aber ich hatte ein kleines Tief. Bitter, wenn du siehst, die sind eigentlich nicht weit vor dir, aber du kommst nicht mehr hin an die, die von dem Sog einfach leben, der entsteht, wenn da zehn Läuferinnen beieinander sind“, erklärte Steffi Böhler, die sich viel vorgenommen hatte. „Das Ziel war, die Top6 anzugreifen und in der Gruppe drinzubleiben, aber ich kann rundum zufrieden sein. Es war ein Rennen, das nicht so leicht von der Hand geht was die Konzentration und das alles anbelangt.“

Hennig überzeugt in erstem 30er

Katharina Hennig (GER), Nicole Fessel (GER), (l-r) © NordicFocus

Für Katharina Hennig wurde es kein einfaches Rennen in ihrem ersten Wettkampf überhaupt über die Distanz von 30 Kilometern. Nachdem sie sich zu Beginn in der Gruppe gut schlug, brach im Stadion nach fünf Kilometern ein Stock und es dauerte, bis sie einen Ersatz erhielt. Fünf Kilometer später musste sie dann die Gruppe ziehen lassen und fiel kurz nach dem Stadion im Anstieg zurück. Nach zwölf Kilometern lag sie noch 30 Sekunden vor Nicole Fessel, die gemeinsam mit Victoria Carl nach etwa neun Kilometern den Anschluss verloren hatte. Hennig und Fessel näherten sich im Laufe des Rennens immer mehr an und liefen die letzten acht Kilometer zusammen bis zum Ziel. Dort lieferte sich das DSV-Duo angeführt von Nicole Fessel einen Zielsprint mit Elena Soboleva, den Katharina Hennig im Kampf um Platz 19 für sich entschied. Nicole Fessel wurde 21. Victoria Carl war das zweite 30 Kilometer-Rennen ihrer Laufbahn viel zu schnell angegangen und hatte sich auf den ersten Kilometern unter den besten Fünf aufgehalten. Dafür musste sie schnell büßen und fiel weit zurück. Am Ende erreichte sie mit sechs Minuten Rückstand Platz 37. „Sie haben gekämpft, das hat man gesehen. Auch Victoria Carl, die als 37. eingekommen ist, hat gekämpft bis zum Schluss“, lobte Andreas Schlütter. „Die jungen Mädels haben sich noch einmal gezeigt. Nici hat gesagt, dass sie heute ein bisschen muskuläre Probleme hatte. Sie ist mit den ganz schnellen Verhältnissen nicht so klargekommen und darüber haben wir eben noch kurz gesprochen. Sie ist natürlich ein bisschen enttäuscht. Sie hatte sich vieles vorgenommen für das Rennen. Da musste ich sie noch kurz aufbauen. Für mich ist wichtig, die Trainingsälteren nächstes Jahr bei den Olympischen Spielen noch dabei zu haben. Ich würde mich freuen, wenn beide uns auch nächstes Jahr noch zur Verfügung stehen würden. Das ist wichtig für die Jungen, sie auch in die richtige Richtung zu bringen.“ Steffi Böhler wollte sich zu diesem Thema aber nicht vor dem Saisonende äußern. Auch Vici Carl hatte mit Krämpfen zu kämpfen. Es wäre viel mehr drin gewesen, wie sie nach dem Wettkampf erklärte: „Ich habe mich heute sehr gut gefühlt und die ersten 6. km liefen super, doch dann plagten mich Krämpfe über Krämpfe im Oberschenkel. Leider konnte ich danach nicht mehr meine volle Leistung abrufen und musste viele andere Athletinnen an mir vorbeiziehen lassen… aber wer mich kennt weiß das ich einfach nicht aufgeben kann.“

 

=> Ergebnis 30 Kilometer FT Massenstart Damen

=> Medaillenspiegel

 

=> Reaktionen nach dem 30er: “Ich hatte Krämpfe über Krämpfe im Oberschenkel!”

 

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