Tiril Udnes Weng, ihre Cousine Heidi Weng, Therese Johaug und Helene Marie Fossesholm sind die neuen Weltmeisterinnen in der Damen Staffel bei der Nordischen Ski WM in Oberstdorf. Silber ging an die Russinnen Yana Kirpichenko, Yulia Stupak, Tatiana Sorina und Natalia Nepryaeva, Bronze an Finnland mit Jasmi Joensuu, Johanna Matintalo, Riitta Liisa Roponen und Krista Pärmäkoski. Das deutsche Quartett belegte den fünften Platz, die Schweizerinnen wurden Siebte.
Grüppchenbildung zum ersten Wechsel
Dass die Skatingrunde mit dem langen Burgstall deutlich schwerer ist als die Klassikrunde mit der etwas kürzeren Burgstall Variante, haben manche Teams bei ihren Aufstellungen berücksichtigt, während andere sich nach den Technik Vorlieben ihrer Athletinnen richteten. Das deutsche Team hatte Lokalmatadorin Laura Gimmler auf die erste Position gesetzt, auf der sie als Startläuferin in Lahti im Januar 30 Sekunden einbüßte. Auch diesmal bekam sie in der zweiten 2,5 Kilometer Runde Probleme, rutschte in den Anstiegen immer wieder weg und musste die Spitzengruppe ziehen lassen wie auch Schweden (Sundling), die USA (Swirbul) und die Schweiz (Van der Graaff). Am Egli Hügel vor dem Wechsel setzten sich Tschechien (Razymova), Norwegen (T. Weng) und Russland (Kirpichenko) leicht ab von Kanada mit Katherine Stewart-Jones und Finnlands Startläuferin Jasmi Joensuu ab. Schweden, Deutschland, USA und die Schweiz wechselten mit zwölf Sekunden Rückstand. „Sie hat gefightet, den Rückstand gering gehalten und ihren Job gemacht“, so Peter Schlickenrieder unmittelbar nach dem ersten Wechsel. Laura Gimmler erzählte wenig später: „Es schlaucht brutal, ich habe das Gefühl, dass mein Kopf gleich platzt und man hat ständig Durst. Das raubt einem ganz viel Kraft. Ich habe mit 13 Sekunden Rückstand übergeben, wir sind in Kontakt zu Platz drei, Katha läuft in der Gruppe mit. Meine Aufgabe war es, in Kontakt zu bleiben und das habe ich geschafft und von demher passt das soweit.“
Hennig führt Verfolger von Norwegen und Russland an
Für Kalla, Hennig, Maubet Bjornsen und Fähndrich wäre nun Zusammenarbeit angesagt, aber die Schwedin musste nach zuletzt starken Leistungen schon unmittelbar nach dem Wechsel abreißen lassen. Unter der Führungsarbeit von Katharina Hennig als stärkster Athletin der Gruppe wurden schnell die zurückfallenden Kanadierinnen, Finninnen und bald darauf auch die Tschechinnen eingeholt, so dass nur noch Yulia Stupak und Heidi Weng das Rennen anführten. In der zweiten Runde attackierte die Norwegerin, konnte sich aber erst am Egli Hügel leicht absetzen. Dahinter folgte nach Ende der beiden Klassikstrecken die Verfolgergruppe von Norwegen und Russland mit Deutschland, USA, Schweiz und Finnland mit 27 Sekunden Rückstand. Mitfavorit Schweden hatte auf den Klassikstrecken scheinbar völlig verwachst und verlor 1:25 Minuten allein durch Kalla, die sowohl bergauf als auch bergab Zeit eingebüßt hatte. Dem Expressen sagte sie später: „Eine unglaubliche Enttäuschung. Das habe ich nicht erwartet, als ich heute Morgen aufstand. Es war ein sehr schwerer Tag. Es tut mir leid, dass ich Ebba und Frida keine bessere Startposition mitgeben konnte. Ich wusste von Anfang an, dass ich aufholen muss. Ich habe versucht, den Blick nach vorne zu richten, aber mein Körper hat scheinbar nicht reagiert während des gesamten Rennens. Das ist so frustrierend, dass das ausgerechnet in der Staffel passiert. Ebba und Frida sind in so guter Form!“ Das DSV Team war zufrieden mit der aktuellen Situation nach der Hälfte des Rennen: „Laura hat ein richtig gutes Rennen gemacht, die erste Position, die ist immer knifflig. Da sind immer erstmal alle brutal nervös und so ist dann auch das Tempo. Das hat sie richtig gut gemacht und meine Herangehendweise war, mir das Rennen einzuteilen, so dass ich dann am Burgstall in der zweiten Runde attackieren und alles herausholen kann“, erzählte Katharina Hennig. „Ich bin froh, dass das so gut gelungen ist. Es war schon sehr anstrengend. Gerade oben am Burgstall hatte ich das Gefühl, mir springt die Lunge aus dem Leib. Das tut schon richtig weh, gerade so ein Fünfer ist brutal tempohart, aber ich habe mich zum Glück ganz gut wieder erholt.“
Johaug macht den Unterschied, Fink hält mit
Im Burgstall der ersten Freistilrunde erwies sich Therese Johaug schließlich doch als stärker, nachdem Tatiana Sorina nach dem Wechsel die fünf Meter Lücke zugelaufen hatte und danach den Kontakt für die ersten Minuten halten konnte. Auch in der Gruppe dahinter zeigte sich der lange Burgstall als erster Scharfrichter: Rosie Brennan setzte sich von Pia Fink ab, die in der Abfahrt mit extrem schnellen Ski aber wieder herankam, was Finnland und der Schweiz nicht gelang. Im Anstieg der zweiten Runde war dann aber die 42-jährige Riitta Liisa Roponen stärker und lief heran, so dass sich eine Dreiergruppe bildete. Durch den besten Ski in der Abfahrt konnte Pia Fink sich nach vorne schieben und im Egli Hügel attackieren, so dass sie ein paar Meter Abstand zum Wechsel brachte. Später beschrieb sie ihr Rennen so: „Mein Ziel war, in der ersten Runde nicht zu viel zu investieren, weil ich wusste, dass die zweite Runde obenraus das Entscheidende wird und ich habe dann in der ersten Runde schon gemerkt, dass ich einen sauguten Ski habe und die Techniker eine sehr gute Arbeit gemacht haben. Die Abfahrt kenne ich aus dem täglichen Training und ich wusste, dass das auch ein Vorteil für mich ist. In der letzten Runde habe ich dann einfach alles gegeben, um am Berg dranzubleiben und oben habe ich nochmal gut in die Abfahrt reingearbeitet und dann habe ich den Schwung mitgenommen und am Ende noch einmal alles gegeben.“ Auch Teamchef Peter Schlickenrieder war voll des Lobes für Pia Fink und berichtet von der demokratischen Staffel Aufstellung, bei der jedes Teammitglied eine Stimme hatte wie er selbst auch: „Pia ist super gelaufen, das war ihr bestes Rennen bei dieser Weltmeisterschaft. Absolut gerechtfertigt, dass sie hier gelaufen ist, wir haben große Diskussionen gehabt, wie wir die Staffel aufstellen. Das Team hat sich für die Pia entschieden und die Sofie Krehl ist jetzt nicht gelaufen. Die hat sicherlich eine ähnlich gute Form und hätte sicher auch ein gutes Rennen gemacht. Es war eine harte Entscheidung, aber das Team steht zusammen und ich denke, die Diskussionen haben sich gelohnt. Das Team rückt näher zusammen und es wichtig, dass man irgendwann nicht nur eine Hoffnungsmedaille mitläuft sondern man das dann gezielt angehen kann.“ Über die für das Team eher unerwartete Medaillenchance sagte er: „Bronze wäre ein schöner Traum, aber es läuft jetzt Jessie Diggins und die war Vierte und hat noch eine Rechnung offen. Die will hier eine Medaille. Aber Vici kann gegenhalten und jetzt heißt es Ellenbogen ausfahren. Diese Strecke im Skating zweimal den gesamten Burgstall hoch, das ist schon eine gemeine Geschichte, speziell für die Vici. Aber die Vici ist immer für eine Überraschung gut. Deswegen würde ich sie nicht abschreiben. Dennoch wäre eine Medaille eine faustdicke Überraschung.“
Norwegen gewinnt vor Russland, Carl lässt abreißen
In dem Trio war dann Victoria Carl diejenige, die im Burgstall Probleme bekam, aber im Stadion durch ihre schnellen Ski wieder die Lücke geschlossen hatte. Auch in der zweiten Runde musste die Thüringerin wieder kämpfen, da aber auch Jessie Diggins und Krista Pärmäkoski auch nicht in Topform sind, konnte sie zumindest lange mithalten, bis sie dann am Burgstall endgültig abreißen ließ. Vorne liefen Helene Marie Fossesholm und Natalia Nepryaeva jeweils ein einsames Rennen, in dem die 19-jährige Norwegerin den von Johaug mitgebrachten Vorsprung auf die angeschlagene Russin nur noch leicht ausbauen konnte. Nach dem Rennen stapelte Therese Johaug wie gewohnt tief: „Wir waren die Underdogs und haben das bestens ausgenutzt. Wir wussten, wir hatten die Chance zu gewinnen, wenn jeder sein Bestes gibt. Niemand erwartete von uns Gold und dann ist es besonders schön, wenn man Gold holt, nachdem wir in Seefeld das Duell verloren haben.“ Pärmäkoski, die im Vorfeld gesagt hatte, sie würde wegen ihrer schwachen Form diesmal nicht mit um die Medaillen laufen können, strafte sich selbst Lügen und griff am Egli Hügel vor dem Stadion Diggins an. Die Finnin ging als Erste in die Abfahrt und die Amerikanerin war nicht mehr in der Lage, aus dem Windschatten heraus mitzusprinten. Im Ziel war der Jubel um Bronze ohrenbetäubend, die Finninnen jubelten und kreischten über den nicht erwarteten Medaillengewinn. Jessie Diggins wurde erneut Vierte – diesmal mit der Staffel. Victoria Carl erreichte 15 Sekunden später als gute Fünfte das Ziel. „Damit müssen wir zufrieden sein. Man sieht, wie die Mädels gekämpft haben, auch die Vici am Schluss, die sicher nicht prädestiniert ist für diese zwei Bergläufe hat ihr Bestes gegeben“, so Schlickenrieder. Wegen ihrer Bänderrisse nach Sturz beim Langlauf Weltcup in Ruka war Victoria Carl überglücklich mit Platz fünf, dem geringen Abstand und ihrer eigenen Leistung: „Wir hatten ein Bombenrennen alle Mädels zusammen. Ich bin auch sehr zufrieden, aber ich weiß eben, dass durch meinen Ausfall die letzten Kräfte über die Kuppe noch mitzugehen, noch gefehlt haben. Daran arbeite ich jetzt weiter und hoffe, dass es bei Olympia noch einen Tick besser ist. Man muss sich ja jetzt die neuen Ziele setzen und dann muss man einfach dranbleiben.“ Die Schweizerinnen Laurien van der Graaff, Nadine Fähndrich, die am letzten Wochenende nachnominierte Lydia Hiernickel und Alina Meier belegten mit 2:49 Minuten Rückstand den siebten Platz hinter den völlig enttäuschten Mitfavoritinnen aus Schweden.
=> Ergebnis 4×5 Kilometer Staffel Damen