Das deutsche Quartett mit Victoria Carl, Katharina Hennig, Sandra Ringwald und Laura Gimmler hat in Seefeld eine faustdicke Überraschung nur knapp verpasst. Gold ging an die Schwedinnen Ebba Andersson, Frida Karlsson, Charlotta Kalla und Stina Nilsson, die sich gegen die Norwegerinnen Heidi Weng, Ingvild Flugstad Østberg, Astrid Uhrenholdt Jacobsen und Therese Johaug durchsetzten.
Schweden und Norwegen setzten sich ab
Nach vier zweiten Plätzen bei den letzten Weltmeisterschaften wollten die Schwedinnen die dominanten Norwegerinnen endlich von Thron stoßen und mit ihrer Aufstellung galten sogar eher sie als die Favoritinnen. Aufgrund der Aufstellungen mit den stärksten Läuferinnen der Teams, Frida Karlsson an Position zwei und Therese Johaug erst als Schlussläuferin, versprach es ein abwechslungsreiches Rennen zu werden, auch wenn zunächst eine bärenstarke Victoria Carl mit sehr schnellem Ski meistens das Tempo diktierte. Die Schwedinnen hatten klassisch das schlechteste Material in der Spitzengruppe und auch Norwegens Heidi Weng hielt sich eher im Hintergrund, so dass Yulia Belorukova – meist aber Victoria Carl – ganz vorn waren. „Es war ein guter Tag für mich, es fühlt sich großartig, auch wenn ich so aufgeregt war, dass ich nicht schlafen konnte und nur noch gezittert habe“, meinte Heidi Weng später. Vor dem ersten Wechsel konnten sich die drei Favoritenteams leicht absetzen, als Victoria Carl am vorletzten Anstieg die Kräfte verließen. Mit sieben Sekunden Rückstand kämpfte sie sich als Vierte zum Wechsel auf Katharina Hennig, die die Lücke wie auch Anna Comarella durch mäßiges Anfangstempo schnell wieder schließen konnte. Schon früh im Rennen hoffte Vici Carl auf Edelmetall: „Es ist auf jeden Fall eine Medaille drin, aber das soll man ja immer nicht so laut sagen. Wir drücken einfach weiter die Daumen und ich weiß, dass die Mädels das alles schaffen können.“ Norwegen und Schweden hielten das Tempo hoch und konnten sich auf dem Weg zum zweiten Wechsel absetzen. „Die Bedingungen waren sehr schwierig, es war richtig heiß und schwierig, einen Vorsprung auf die anderen Nationen herauszulaufen“, erzählte die 19-jährige Frida Karlsson. Katharina Hennig versuchte, den Rückstand gering zu halten. „Katha, das ist geil! Hopp!“, hieß es im vorletzten Anstieg von Peter Schlickenrieder, und Katharina Hennig kam zusammen mit Anastasia Sedova mit elf Sekunden Rückstand zum Wechsel.
Nilsson bezwingt Johaug, Nepryaeva stärker als Gimmler
Sandra Ringwald mühte sich lange, die Lücke auf die beiden Führenden wieder zu schließen und kam bis auf vier Sekunden heran, während die Russin, die beim Wechsel gestürzt war, lange hinterherlief. Auf der zweiten Runde ging die Schwarzwälderin aber völlig blau und verlor mehr als eine Minute auf die Spitze, konnte sich aber an den Skienden von Anna Nechaevskaya zum letzten Wechsel kämpfen. „Ich bin erstmal total baff und egal wie das jetzt ausgeht, wir freuen uns riesig“, strahlte Katharina Hennig während des Rennens und fügte hinzu: „Wir sind so ein junges Team und dass wir da überhaupt um eine Medaille mitkämpfen können, das macht mich megastolz und ich drücke jetzt einfach der Laura die Daumen, dass sie ihre Beine in die Hand nimmt. Jetzt werden wir sehen, was passiert, auf jeden Fall bin ich ziemlich nervös.“ Vorn hatte ebenfalls im Anstieg des Sprints Charlotte Kalla für eine kleine Vorentscheidung gesorgt, als Astrid Uhrenholdt Jacobsen ihrem hohen Tempo nicht mehr folgen konnte und der Abstand beim letzten Wechsel 18 Sekunden betrug. Nun ging es für Sprintspezialistin Stina Nilsson wieder einmal darum, ihre Allrounderqualitäten zu beweisen und Therese Johaug so lange wie möglich in Schach zu halten, was ihr auch recht gut gelang. Nur langsam kam die Norwegerin näher, hatte die erschöpfte Schwedin aber vor den letzten Anstiegen am Stadion eingeholt. Nun musste Stina Nilsson die letzten Kräfte mobilisieren, um mit Therese Johaug mitzugehen: Im Anstieg konnte sie sich festbeißen und ging nach der Abfahrt sogar vorbei und Therese Johaug musste einen Angriff zu Beginn des letzten Anstiegs abbrechen, weil sich die Schwedin sich als zu stark erwies und als Erste die letzte Kuppe erreichte: Damit war Gold an die Schwedinnen verteilt, die sich jubelnd in die Arme fielen. „Das war ein wirklich hartes Renen, mir war klar, dass Therese mich einholen würde. Mein Plan war es, sie definitiv auf den letzten Metern anzugreifen und ich bin froh, dass das so gut geklappt hat“, freute sich Stina Nilsson. Norwegen musste diesmal nicht ganz überraschend mit Silber vorlieb nehmen. Der Kampf um Platz drei ging zu Gunsten der Russinnen aus, nachdem Laura Gimmler nach vier starken Kilometern nicht mehr mit Natalia Nepryaeva mithalten konnte. Ihr Sturz in der vorletzten Abfahrt fiel nicht mehr in Gewicht. „Ich bin einfach schneller gelaufen, als ich eigentlich konnte. Ich bin an der Natalia Nepryaeva bis an den letzten Berg drangebleiben, das hat mich ganz schon Energie gekostet und ich konnte in der Abfahrt einfach nicht mehr stehen. Das passiert nicht besonders oft, aber bei der WM kann man mal so weit gehen und es riskieren“, meinte Laura Gimmler.
DSV-Team überglücklich
Das deutsche Quartett wurde nach insgesamt erstklassiger Leistung mit dem vierten Platz belohnt, dem besten WM-Ergebnis seit 2009, seitdem gab es nicht mehr als Platz sechs – auch bei den Olympischen Spielen. Alle vier waren überglücklich: „Ich hätte nicht gedacht, dass es so ein spannender Kampf mit Russland wird. Ich bin richtig stolz , wie die Mädels das gemacht haben und es so gerockt haben, dass wir bis zum Ende drangeblieben sind und deswegen haben wir den vierten Platz gewonnen. Natürlich war es eng und das verspricht viel für die nächsten Jahre und dass wir da angreifen können und wir vielleicht dann mal den Sprung aufs Podest schaffen können. Die Mädels haben noch eine gute Zukunft vor sich und deswegen HURRA!“, freute sich Sandra Ringwald. Bundestrainer Peter Schlickenrieder hatte vor dem Wettkampf gemeint, „Wenn wir die Top6 schaffen, sind wir im grünen Bereich“, so dass auch er natürlich voll des Lobes war: „Das fühlt sich definitiv an wie eine Bronzemedaille. Die Mädels haben wirklich sehr gute Rennen abgeliefert. Auch Danke an Sandra Ringwald, dass sie sich noch mal aufgerafft hat und sich gesagt hat, ‚Hier greife ich mit den Mädels noch mal an und versuche das Beste zu erreichen‘. Sie haben alle, von der Vici bis zur Laura ein tolles Rennen hingelegt. So muss es sein. Der vierte Platz ist gar nicht hoch genug zu bewerten, wenn man sieht, wie wir eingestiegen sind und wen wir nun alles hinter uns lassen wie die deutlich stärkeren Amerikanerinnen, die Finninnen, selbst die Schweiz musst du erstmal schlagen. Das passt haargenau, perfekt, besser kann man es sich nicht wünschen.“ Die US-Girls wurden Fünfte vor Finnland, Italien, Frankreich, Slowenien und der Schweiz auf dem zehnten Platz. Schon Laurien van der Graaff verlor auf ihrer zweiten Runde die anderen Teams völlig aus den Augen, Nadine Fähndrich büßte nur 20 Sekunden ein, während Lydia Hiernickel fast zwei Minuten verlor und Schlussläuferin Nathalie von Siebenthal 40 Sekunden, aber dabei noch zwei Positionen gutmachte. „Laurien ist fast zusammengebrochen, sie hat nur noch schwarz gesehen. Ich bin froh, dass sie es noch geschafft hat bis zur Übergabe. Das ist natürlich schade, auch für sie, dass es so gelaufen ist“, erklärte Nadine Fähndrich später am xc-ski WM-Stammtisch den großen Rückstand zu Beginn des Rennens.
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