Helden der Nacht: Unterwegs mit den Loipenfahrern in Ramsau am Dachstein

Die Anspannung ist nicht gespielt. Konzentration ist gefragt, sonst gibts Löcher in der Loipe. © Felgenhauer / xc-ski.de

Schnee – das ist Fluch und Segen aus dem Himmel, ohne den keine Wintersaison funktionieren würde: Segen für alle Wintersportler wie auch uns Langläufer, viel Aufwand für alle, die ihn verarbeiten müssen. Wir haben einen langen Tag auf den Loipen verbracht und freuen uns auf einen Saunagang sowie ein leckeres Abendessen. Für Markus beginnt dagegen Teil zwei seines Arbeitstages, die Nachtschicht.

Eine Waldloipe kann auch viel Arbeit bedeuten, vor allem wenn viel Schnee fällt. © Felgenhauer / xc-ski.de

Los ging der Tag für den Mann aus dem Loipenteam von Ramsau am Dachstein bei Dunkelheit am frühen Morgen. Zum ersten mal getroffen haben wir ihn gegen Mittag, als wir uns in die Abfahrt vom Kulm hinunter nach Vorberg stürzten und jäh von einer Holzfällung gestoppt wurden. Der stets fallende Neuschnee hatte für Schneebruch gesorgt und Markus mitsamt Kollege rückten dem quer liegenden Baum mit Pistengerät und Winde zu Leibe. Bei derart komplizierten Wetterlagen können selbst zwei der überbreiten Pistenbully-400-Geräte von Kässbohrer allein wenig gegen eingeschneites Massivholz ausrichten. Schweißtreibende Handarbeit und die Seilwinde auf dem zweiten Gerät schafften schließlich den Baum beiseite, die Neupräparierung der Loipe war dann noch zusätzliche Arbeit.

„Normalerweise dauert eine Tour um die fünf Stunden“, erklärt uns Markus als wir ihn abends wieder treffen. Dieses „normalerweise“ implizierte dabei schon die Aussage, dass dieser Januar nicht unbedingt zur gewöhnlichen Sorte gehört. „Eigentlich“, so gibt er später zu, „wäre jetzt die ruhigere Phase in der Saison.“ Nachdem im November die Vorbereitungen für das Nordic Opening, den nahenden Kombi-Weltcup sowie die dazugehörenden Trainingslager das Präparierungsteam auf Trab halten, wird der Dezember von der Verarbeitung der Schneemassen geprägt. Ist dann gegen Neujahr die Grundlage gelegt, geht es hauptsächlich um den Erhalt der Strecken sowie die Anlage des Schneedepots für den kommende Winter. Schließlich lässt sich Kunstschnee in kalten Januarnächten am effizientesten produzieren. Das alles ist Routine. Der Winter 2019 ist es nicht.

Nur drin sitzen ist nicht, auch die Maschine will gepflegt werden. © Felgenhauer / xc-ski.de

Zunächst kam wenig Schnee, die Veranstaltungen im Dezember lebten von den Reserven des Vorjahres. Doch dann, Anfang Januar, schlug der Nordstau zu. Jene Wetterlage, die die Niederschläge an den nördlichen Teil der Alpen drückt und damit Markus samt seinen vier Kollegen mit außergewöhnlicher Regelmäßigkeit in den kleinen Container neben dem Ramsauer WM-Stadion versammelt, der als Zentrale für die Loipenfahrer dient. Es riecht nach Kettensägen-Öl und kaltem Diesel von den Maschinen. Die Heizung läuft auf Hochtouren, die Arbeitstage sind lang.

Bei Schneefall beginnt die Schicht gerne schon um fünf Uhr morgens, damit die Frühaufsteher unter den Langläufern rechtzeitig mit frischen Spuren versorgt sind. Bis zehn Uhr sollten dann die 130 Klassik- und 70 Skating-Loipenkilometer fertig präpariert sein. Wir erinnern uns: Markus war am heutigen Tag zudem um halb eins damit beschäftigt die Strecke frei zu schneiden. Nun ist es sieben Uhr abends und wieder sitzen die Fahrer der mächtigen Loipengeräte zusammen und besprechen die abendliche Tour. Wir schließen uns Markus an, dessen Tour uns in Richtung Hotel bringen wird. Zwei weitere Maschinen sind unterwegs in Richtung Rittis. Die Loipe rund um den markanten Berg konnte noch nicht geöffnet werden, Lawinengefahr. Nun wäre die Schleife wichtig für den kommenden Skimarathon und soll endlich präpariert werden.

Schnee aus der Wiese für die Loipe. © Felgenhauer / xc-ski.de

Markus steuert seine schwere Maschine zunächst durch das WM-Stadion. Einige male im Kreis, schon ist die Fläche eines Fußballfeldes fertig. Die schiere Größe des 400er Pistenbullys spart hier viel Arbeit und sorgt für die bekannt breiten Loipen rund um Ramsau. Viele andere Langlaufgebiete hätten nicht einmal Trassen, die breit genug sind. In dichtem Schneetreiben geht es hinaus auf die Loipen rund um den Kulm. Nun möchte man meinen, dass die Auflage reichen sollte, um einfach eine Spur zu legen. Doch weit gefehlt. „Wir legen jetzt die Grundlagen für eine lange Saison“, meint Markus, während er von umliegenden Wiesen Schnee auf die Trassen schiebt. 400 Pferdestärken ackern durch die weiße Pracht, die im dichten Schneegestöber wirklich von überall her zu kommen scheint. „Das ist nur bei richtig viel Schneefall möglich“, erklärt Markus mit Blick auf die touristisch wertvolle Winterlandschaft, die er gerade für wenige Augenblicke zerstört: „Morgen ist hier wieder alles tief verschneit.“ Und die Loipe gleichzeitig wieder etliche Zentimeter höher und damit leichter zu präparieren!

Während wir uns eine Stunde später aus der mollig warmen Maschine verabschieden und Markus in eine dunkle und arbeitsreiche Nacht entschwindet, wird eines schon jetzt zur Gewissheit: Die Arbeit wird den Helden der Nacht auch in den kommenden Tagen nicht ausgehen. Wir freuen uns dagegen auf ein warmes Bett und eine perfekte Loipe am nächsten Morgen.

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