Der Stock. Leider klingt die deutsche Bezeichnung für dieses im Langlauf so wichtige Sportgerät eher nach einem plumpen Prügel, denn nach einem High-End-Produkt. Doch um Letzteres handelt es sich bei den Produkten in unserem erlesenen Testfeld. Preise zwischen 330 und 800 Euro spiegeln nur annähernd wider, was hier an Innovationen statt gefunden hat in den letzten Jahren. Mit der großen Verbreitung von hochfesten Carbonfasern in allen Bereichen der Sportartikelindustrie haben auch die Langlaufstöcke, einst Vorreiter bei diesem Material, profitieren können. Ein Gesamtgewicht von unter 150 Gramm pro Stock ist inzwischen möglich. Entscheidend sind dabei oft nicht die Rohre an sich, sondern die verwendeten Anbauteile Griff, Schlaufe und Spitze. Deshalb haben wir uns diese vier Bauteile getrennt voneinander angesehen.
Griff
Gerne vernachlässigt, doch hier findet der Kontakt zwischen Körper und Material statt. Dementsprechend wichtig ist die passende Form. Hier wurde in den letzten Jahren viel experimentiert, vor allem was die Biegung anbelangt. Zwischen extremen Vorbiegungen, die bei manchen Herstellern schon im Rohr begannen, bis hin zum genauen Gegenteil mit nach hinten gebogenen Griffen war alles zu sehen. Letzteres bewirkt die Annäherung des Ellbogens an das Stockrohr, was zu einem extrem kleinen Winkel zwischen Ober- und Unterarm führt. Diese Varianten sind inzwischen fast komplett aus dem Markt verschwunden. Vorbiegungen, zumindest diejenigen des Griffes, hat unser Testfeld dagegen in verschiedensten Varianten zu bieten. Im Umkehrschluss zum oben genannten Effekt bewirkt ein nach vorne gebogener Griff einen flacheren Winkel im Arm und dadurch eine aufrechtere Laufposition, wie sie im modernen Langlauf gefordert wird. Hier muss der Stock einfach zum Laufstil passen. Weitere Varianten des Griffes ergeben sich aus dem Querschnitt. Von durchgängig rund über konisch zulaufend bis hin zu Modellen mit Griffmulden für Daumen und Zeigefinger ist alles mit dabei. Im Endeffekt beeinflusst diese Form nicht das Laufverhalten, trägt aber sehr wohl zu einem angenehmen Laufgefühl bei – oder eben zum Gegenteil. Kork ist bei allen Stöcken über 100 Euro inzwischen das Standard-Material für die Oberfläche. Maximale Griffigkeit bei allen Wetterbedingungen und wärmespeichernde Eigenschaften sprechen für das Naturmaterial.
Schlaufe
Die zweite Kontaktfläche zwischen Hand und Stock ist die Schlaufe. Verschließ- und einstellbare „Powerschlaufen“ sind bei allen Stöcken Standard, die Verarbeitung beinhaltet allerdings großes Potential für Varianten. In der Zugfestigkeit sind sich die Schlaufen recht ähnlich, „Dehnungseffekte“ kommen zumeist aus den Klemmvorrichtungen. Klassische Klemmkeile sind nur noch vereinzelt anzutreffen, da sie in Sachen Ersteinstellung relativ zeitaufwendig sind und bezüglich der Klemmkraft nicht immer die ideale Wahl darstellen. Klick-Systeme, sei es mit Schnellverschluss oder Dauerhaft, sind wesentlich Stabiler, erfordern aber zwingend eine Auswahl an verschiedenen Schlaufengrößen und/oder deren Verstellbarkeit. Für die genaue Auswahl bleibt schließlich nur der Fachhändler. Bei der Form der Schlaufe sind die Varianten eher gering, vielmehr ist das verwendete Material ein wichtiger Faktor. Eine sehr steife Schlaufe gibt zunächst viel Vertrauen, kann aber auf lange Sicht auch einschneidend wirken. Ist das Material zu weich ergibt sich ein loses Gefühl beim Öffnen der Hand.
Rohr
Gerne als entscheidendes Kriterium angesehen, was jedoch im High-End-Bereich nur noch marginal zutrifft. Hier sind die Hersteller sehr nah zusammengerückt, die entscheidenden Gramm werden an den Anbauteilen eingespart. Und auch in Sachen Stabilität ist das Limit nahezu erreicht. Biegesteifigkeit und Vibrationsverhalten nehmen aufgrund des extremen Materials eher wieder etwas ab. Wer einen bombenfesten Stock sucht, ist gegebenenfalls bei einem etwas schwereren Modell oder eine Qualitätsstufe darunter sogar besser bedient.
Spitze
Zwei Effekte auf das Laufverhalten spielen hier ein Rolle. Klar ersichtlich ist die Größe des Tellers, die aller Formenvielfalt zum Trotz immer noch den größten Einfluss auf die Kraftübertragung hat. Damit eng zusammenhängend ist das Gewicht der Spitze extrem wichtig für ein gutes Schwungverhalten, da hier jedes Gramm mit einem Hebel von rund 1,52 Metern (bei unseren Teststöcken) multipliziert wird. In der High-End-Kategorie setzen die Hersteller daher werksseitig auf extrem kleine Teller, meist inzwischen mit etablierten Schraub- oder Stecksystemen. Letztere sind entscheidend wichtig, wenn es darum geht, bei schlechter Loipe immer noch flott unterwegs zu sein. Gerade für den Amateursportler, der ohne einen ausufernden Pool an Stöcken auskommen muss, sind die variablen System eine entscheidende Kostenersparnis.