Von Matthias Scherge
Auch nach jahrzehntelanger Erfahrung in der Skipräparation und internationaler Forschung, bleiben die Mechanismen, die zu hoher oder niedriger Reibung führen, sehr oft ein Mysterium. Insbesondere der Einfluss von Präparationsschritten wie dem Bürsten, ist noch nicht vollständig verstanden. Eine Nuance wie die Bürstzeit oder der Bürstandruck können einen erheblichen Einfluss auf das Gleitergebnis haben, jedoch gibt es hierzu leider bisher nur spärliche Informationen. Im Leistungs- wie auch Freizeitsport ist Polyethylen (UHMWPE) als Skibelag weit verbreitet. Um die Reibeigenschaften der Skier zu verbessern, kommen verschiedene Wachse, Pulver, Sprays und Co. Zum Einsatz. Doch oft wird dabei der Einfluss des Belags unter dem Wachs auf das Reibverhalten vernachlässigt.
Genau hier setzte unsere Forschung an: Ziel war es, die Reibwerte verschieden gebürsteter Beläge unter realen Temperaturbedingungen zu charakterisieren und zu verstehen, wie die Reibung zwischen Schnee und PE zustande kommt. Ungewachste Skibelagsproben wurden dafür mit einer Fiber- und einer Fleece-Bürste bearbeitet, wobei die Bürstzeit bei realistischer Andruckkraft variiert wurde. Die Wirkung des Bürstens wurde mittels Lichtmikroskopie und Reibungsmessung quantifiziert. Es zeigte sich, dass die Bürstzeit und die Art der Bürste sehr großen Einfluss auf die Reibung gegen Schnee haben, was durch rein optische Begutachtung mit dem Auge nicht sichtbar wird. Wie so oft in der Tribologie gilt es auch hier, das Optimum zu finden. Zusätzlich wurden im Labor Reibungsversuche durchgeführt, die aufgrund der Konstanz der äußeren Bedingungen sehr gut vergleichbar sind. Hierbei wurde eine 3 mm große Eiskugel hergestellt und gegen verschieden gebürstete PE-Beläge gerieben. Durch diese Anordnung wurde der Schnee auf ein einzelnes Eiskorn reduziert und die Messungen entscheidend vereinfacht. Mit Hilfe der Messungen konnten eine Reihe von wichtigen Schlussfolgerungen für die Skipräparation gezogen werden, z.B., wann Rotobürsten zum Einsatz kommen dürfen und wann man besser mit der Handbürste arbeitet.
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Matthias Scherge beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit den Grundlagen des Gleitens auf Eis und Schnee. Er leitet das MikroTribologie Centrum, eine gemeinsame Einrichtung der Fraunhofer Gesellschaft und des Karlsruher Instituts für Technologie, wo er als Professor das Fach Tribologie lehrt. Die Tribologie ist die Wissenschaft von Reibung, Verschleiß und Schmierung und beschäftigt sich unter anderem auch mit dem Gleitverhalten von Kufen und Ski. Seit 2012 berät Scherge das Nordic Paraski Team Deutschland und leitet das Team Snowstorm, ein leistungsfähiges Netzwerk aus Hochschulpartnern und Unternehmen zur Unterstützung von Athleten und ambitionierten Wintersportlern: www.team-snowstorm.de