Elbspitze 2018: Von der Frauenkirche nach Kärnten zum Monster

Michael Richter © Michael Richter

Eigentlich sollte das Erlebnis im letzten Jahr einmalig bleiben, aber irgendwie haben gute Radkumpels das Gegenteil erreicht. Also folgte nach Ende der Skisaison ab Anfang April der straffe Umstieg aufs Rad, um so in drei Monaten fit zu werden für DAS Highlight. Da gab es zum Glück schon ein paar wichtige Erfahrungen aus dem Vorjahr: regelmäßig lange und bergige Ausfahrten mit wenig Pausen und Teilnahme an einigen Vorbereitungstouren sind Eckpunkte für eine erfolgreiche und schmerzverträgliche Elbspitze.

Am 29. Juni 2018 um 5:30 Uhr war dann endlich Start. Die letzte Woche hat sich mangels Radtraining (Ruhe vor dem Sturm) und dem vielen Essen ganz schön in die Länge gezogen. Außerdem horcht man ständig in seinen Körper hinein, ob vielleicht doch noch ein Wehwehchen auftaucht. Mit sehr angenehmer Unterstützung von Familie und Freunden ging es hinauf ins Erzgebirge zur ersten Bergwertung. Und so flogen die Stunden dahin. Fahren, sitzen, stehen und endlich Verpflegung, immer der gleiche Rhythmus, gewürzt mit vielen Bergwertungen. Am ersten Tag viel Sonne und warm, in der Nacht immer straff hinter einem Regengebiet, also reichlich nass von unten. Meine Wechselgarnituren habe ich jedenfalls alle aufgebraucht. Partielle Nässe hat dann auch zu ein paar Ausrutschern geführt, die zum Glück ohne schwere Folgen blieben aber z.T. ein Ausscheiden nach sich zogen, so dass aus verschiedenen Gründen von den gestarteten 34 Fahrern 24 das Ziel erreichten. Aber halt, nicht ganz korrekt: Eine Fahrerin war dabei und Annett hat als erste Frau bei der 10. Auflage gefinisht. Hochachtung! Und sie war meist zu einem Gespräch im Peloton bereit, kein Zeichen von Überlastung!

14 Bergwertungen säumten den Weg und waren von sehr verschiedener Herausforderung. Die Hügelchen im ersten Teil der Strecke wuchsen sich in den Alpen zu echten Monstern aus. Die Postalm z.B. war strategisch hervorragend gelegen, nicht zu steil aber definitiv lang genug um früh morgens hellwach oben anzukommen und im Morgenschein die Abfahrt in Angriff zu nehmen. Nach dem Frühstück war nochmal Kopfarbeit angesagt: zwei Bergwertungen mit jeweils 800 Höhenmetern waren erstaunlich gut zu bewältigen, wenn man das Finale (noch) erfolgreich verdrängen konnte! Und diesen letzten Anstieg kann man wirklich als Grand Finale oder leckere Kreation oder einfach nur als ewig lang und steil bezeichnen! Selbst als Bergsteiger war es mir anfangs ein Rätsel, wie man aus dem großen Kessel nach der steilen Abfahrt mit dem Rennrad rauskommen soll. Auflösung: im Wald, so dass es keiner sieht, stehend mit Kurvenfahrten auf der Straße und keinem Lächeln mehr im Gesicht. Es ist schon fast episch zu nennen, was da ausgesucht wurde. An jedem Absatz glaubte man, das Ziel ist in Sicht und täuscht sich doch mehrmals. An der Staumauer des Hochmurtenspeichers geht es dann wirklich nicht mehr weiter, endlich im Ziel nach 740 Kilometern und 12.100 Höhenmetern! Und zu meiner Überraschung hat es zu einem Platz unter den ersten 10 gereicht. Da freut sich der Bergsteiger und Skiläufer riesig, der doch eigentlich gar kein (Renn-) Radfahrer ist. Es sei noch hinzugefügt, dass man sich in diesem Jahr voll auf den finalen Berg konzentrieren konnte, anders als im Vorjahr, wo eher logistische Fähigkeiten gefragt waren – eine Freude! Kleiner Tipp noch, eine Kompaktkurbel wäre besser gewesen….

Fazit: Eine tolle Tour mit anspruchsvoller, manchmal überraschender aber letztendlich genialer Streckenführung. Die technische Betreuung war hervorragend, selbst ein defekter Leerlauf hat mich nicht zur Aufgabe gezwungen. Und das Essen war das Tüpfelchen auf dem i. Also wer von dieser familiären Ausfahrt noch immer nicht vollends begeistert ist, dem sei als Lockmittel gesagt, es gab an jeder Verpflegung sächsische Eierschecke – ein Hochgenuss! Also ein dickes Dankeschön an alle Helfer und Organisatoren – die Elbspitze war auf jeden Fall eine Reise wert!