Die 12. Auflage der Elbspitze wurde als Corona Edition nicht wie sonst Anfang Juli als Tour von Dresden in die Alpen durchgeführt, sondern erst am 19. September 2020 als rein sächsisches Event. Trotzdem hatte sie mit knapp 700 km und über 10 000 Höhenmetern den üblichen Anspruch. Start war am Samstag früh 7 Uhr an der Frauenkirche Richtung Osten bis Zittau ins Dreiländereck. Von da ging es über den Erzgebirgskamm westwärts bis letztendlich zum Finale am Fichtelberg, der am Sonntag Nachmittag erreicht werden sollte. 26 Starter stellten sich der Herausforderung, von denen 19 das Ziel erreichten. Gefahren wird als Team, nur an den 20 Bergwertungen und im Finale wurde das Rennen freigegeben.
Da ich voriges Jahr wegen einiger Kletterziele ausgesetzt hatte, war für dieses Jahr die Elbspitze fest im Plan. Und siehe da, Corona hat mir nach dem Ende der Skisaison im März die Vorbereitungszeit verdoppelt! Die Vorbereitungstouren liefen schon ganz gut, im Sommer dann noch die Solo Tour Ostsee bei fast immer stabilem Wetter – Elbspitze du kannst kommen. Leider hatte mein Knie etwas dagegen, also ab Mitte August mehr Physio als straffe Runden. Nun ja, da man faktisch jederzeit nach Hause abbiegen konnte, war gegen einen Versuch aus (tier-)ärztlicher Sicht nichts einzuwenden.
Also rein in das Stakkato der sächsischen Mittelgebirge, nix mit ruhigen Rollstrecken im Alpenvorland sondern kurze, giftige Anstiege. Es ist ganz erstaunlich, was die Routenplaner so aufgespürt haben – echte Leckerli für den geneigten Bergfahrer! Oft ging es die Anstiege in rasanter Abfahrt (Auersberg!) oder kurvenreich und steil wieder hinunter. Nur gut, dass der Wettergott uns mit Regen verschont hat, die 2°C in der Nacht seien ihm da verziehen. Und trotz des doch ordentlichen Tempos ging es im Feld diszipliniert und rücksichtsvoll zu. Ja und bei den Bergwertungen waren einige wohl gerade erst eingestiegen, so ging es im Sprint hinauf – eine Augenweide. Das freigegebene Finale über 100 km stand im Zeichen kleiner Gruppen und Einzelfahrer und damit im Gegensatz zum Team – Feeling des Restes der Tour. Die Struktur der letzten Anstiege hat dann aber alle Erwartungen übertroffen. Bernsbach muss man gesehen (nicht unbedingt gefahren) haben. Wahnsinn so eine riesige Rampe und das im Erzgebirge! Ich musste inbrünstig auf mein Knie einreden. Es hat gehalten! Denn Absteigen war keine Option.
Als Fazit aus dieser Tour bleiben doch ein paar Erkenntnisse zurück. Das beste, weil schönste Material ist kein Garant fürs Durchkommen. Die individuelle Zusatzversorgung durch Familie und Freunde ist moralisch extrem wertvoll. Und Kälte ist definitiv besser zu verkraften als Regen. Ja und so bin ich zufrieden und glücklich am Montag mit dem Rad auf Arbeit gerollt, habe ausnahmsweise ein paar Grünphasen nicht geschafft und überhaupt haben die mich überholenden Radfahrer nur ein müdes Lächeln aus mir herausgekitzelt. Es war einfach herrlich: zwei Tage nur bolzen und essen mit Gleichgesinnten, die Welt ringsum war wie ausgelöscht. Und wer Gefallen an solch einer Tour gefunden hat dem sei gesagt, dass der Kurs für 2021bereits steht und gar nicht weit von der Marcialonga Strecke sein Finale haben wird.
Michael Richter