Ein ganzes Jahr Wettkampfpause steckt uns in den Gliedern. Also planten wir für den Januar 2022 einen flotten Aufgalopp: Dolomitenlauf, Marcialonga und Toblach – Cortina. Schnee war überall reichlich vorhanden, Winter vom Feinsten.
Der Trainingsauftakt in Obertilliach war dann auch sehr verheißungsvoll: früh unter minus 10 Grad, blauer Himmel und glitzernder Schnee. Der Dämpfer kam keine 24 Stunden vor dem Dolomiten(haupt)lauf. Faktisch ohne Vorwarnung wurden sämtliche Wettkämpfe abgesagt! Sehr schade, denn bei dem überschaubaren Starterfeld wäre sicher eine coronakonforme Variante möglich gewesen. Die meisten Sportler waren ohnehin schon angereist und fuhren Ski auf den bereits präparierten Strecken.
Für uns ging es weiter zum Höhentraining auf die Seiser Alm. Auch hier bestes Wetter und vor allem gute Gesellschaft. Die Nationalteams von Norwegen, Finnland und Russland führten ihre Olympiavorbereitung durch. Da gab es das eine oder andere interessante Gespräch und einige tolle Trainingseinheiten zu bestaunen.
Unser erster Wettkampf war dann die 70 km lange Marcialonga, nicht der ideale Auftakt zur Standortbestimmung nach so langer Wettkampfpause, aber immerhin mit einem Hygienekonzept, so dass der Lauf trotz tausender Teilnehmer stattfinden konnte. Bei leichtem Frost und guten Bedingungen auf der Strecke ging es durch das Fleimstal. Leider reißt mir nach wenigen Kilometern die Stockschlaufe ab und erst kurz vor dem höchsten Punkt in Canazei erhalte ich von einem Zuschauer an der Strecke eine etwas zu kurzen Ersatzstock. Jetzt hatte ich 55 km Zeit, mich daran zu gewöhnen. Trotz des Malheurs war die Stimmung an der Strecke in den zahlreichen Ortsdurchfahrten gewohnt enthusiastisch und der Lauf ein tolles Erlebnis.
Für uns ging es am gleichen Tag zurück auf die Seiser Alm. Genusstraining ist hier vielleicht die beste Bezeichnung für Ambiente und Loipen. Nach einer knappen Woche setzten wir nach Toblach um. Der Abschluss sollte der dortige Lauf nach Cortina d `Ampezzo vorbei am wunderschönen 3 Zinnenblick sein. Bei minus 8 Grad ging es 42 km im Doppelstockschub durch das Skistadion in Toblach, vorbei am Zinnenblick, hinauf zum Gemärkpass und dann flott hinab nach Cortina. Im Ziel schien die Sonne und es war angenehm warm bei plus 3 Grad, so dass man auch das eine oder andere Wort mit seinen unmittelbaren Begleitern von der Strecke wechselte, natürlich genau wie im Stargarten mit Maske. Später, als ich die Ergebnislisten studierte, fiel mir auf, wer da unmittelbar mit mir das Ziel erreicht hatte und mit wem ich einen großen Teil der Strecke in der Gruppe gelaufen bin, nämlich der berühmte Este Olle Raul, legendärer Vasalaufsieger im Jahr 2000. Er ist damals vor Evertsberg, also in der ersten Hälfte der Strecke, im klassischen Stil los gestiefelt und hat dem Zweitplatzierten noch fast 5 Minuten mitgegeben! Wie wir alle hatte auch er offensichtlich viel Freude an diesem Lauf von Toblach nach Cortina und mit diesem Gefühl einer großen Laufgemeinschaft haben wir uns auf den Heimweg begeben.
Ski Heil
Michael Richter