xc-ski.de A|N Skimarathon Teamathlet Michael Förster hat seine Langlaufsaison zusammen mit seiner Frau Basilia bei Ylläs-Levi in Finnland beendet. Hier lest ihr seinen Bericht von der Premiere dieses anspruchsvollen Skimarathons.
Ylläs-Levi, Titel des letzten Ski Classics Rennen dieser Wintersaison und Synonym für atemberaubende Winterlandschaften Lapplands, lautete das Ziel unseres Osterurlaubs. Viel Essen und Schlafen vor dem Rennen ist die Devise meines Trainers Thomas Freimuth. Das war schwieriger als gedacht. Am Donnerstagabend flogen wir zunächst nach Helsinki, um die Reise am Morgen nach Kittilä fortzusetzen. Basilias Verpflegung war top, die Pasta in Boxen im Handgepäck verstaut, das Gepäck inkl. Ski war ja bereits durchgecheckt. Das Schlafen gestaltete sich schwieriger, schließlich fanden wir eine halbwegs ruhige Ecke im Flughafen. Der Flug nach Kittilä verlängerte die Ruhephase um 1,5 Stunden. Gleich nach Abholung der Startunterlagen im Tourist Office in Levi fuhren wir zum Startpunkt in Ylläs zur Streckenbesichtigung. Das Rennen beginnt gleich mit einem lang gezogenen Anstieg über den Ausläufer der alpinen Skipiste hinauf. Dann geht es auf und ab mit engen Kurven dahin, bis bereits bei Kilometer vier der erste Berg zu bewältigen ist. Nach zwei weiteren Kilometern zeigte meine Uhr bereits 250 Höhenmeter an. Zeit, um umzudrehen und noch Kräfte für das Rennen aufzuheben. Unten angekommen fragte ich im Sportgeschäft nach einem Wachsservice. Obwohl der Besitzer gut Englisch sprach, schien er nicht zu verstehen, dass ich das Rennen durchschieben wollte. „That’s impossible! 3 Climbs!“ war sein kurzes Statement. Auf der Strecke sollte ich mich wieder an ihn erinnern. Zunächst entschied ich mich für eine Flüssigwachsvariante. Auch an diese Entscheidung sollte ich mich im Rennverlauf wieder erinnern.
Der Renntag erwartete uns mit strahlendem Sonnenschein und eisigen -12 Grad vor unserer Blockhütte. Im Startbereich waren es dann nur noch -6, dennoch ein großer Unterschied zu den sommerlichen Temperaturen unserer Heimat. Der Start verlief trotz des überfüllten Blocks diszipliniert und ohne Rowdy-Attacken. Die Skipiste bot zudem neben den Spuren Platz, dem Gedränge zu entgehen, bevor es in die erste Abfahrt ging. Die scharfe Kurve bekam ich gerade noch gemeistert, mein Nebenmann fand sich bereits abseits der Loipe wieder. Die Loipen waren mit drei Spuren perfekt präpariert. Der erste Berg ging gut zu schieben, in den steilen Rampen im Wechsel mit dem Grätenschritt. Oben angelangt ging es in eine lang gezogene rasante Abfahrt über 200 Höhenmeter hinab. Das erste Flachstück war nach K14 die Überquerung des gefrorenen Sees Äkäslompolo, auf dem zugleich der erste Sprint der Eliteläufer stattfand. Ein Becher Tee am Verpflegungsposten und schon ging es stetig ansteigend auf den Fjell Kukastunturi, der Sprint Nummer zwei am Gipfel repräsentierte. Wahrscheinlich motivierten mich die grünen Sprinttafeln so stark, dass ich nun komplett auf die Gräte verzichtete und nach oben durchschob. Die anschließende Abfahrt erforderte aufgrund einiger Serpentinen hohe Konzentration und fand sich schon bald in einem herausfordernden Gegenanstieg wieder, bevor der Verpflegungspunkt bei Kilometer 35 die Halbzeit darstellte. Davor galt es noch eine Abfahrt zu meistern. Eine Kurve durchstanden mein Nebenmann und ich nur durch die Umrundung eines Baums am Streckenrand. Zwei Kurven später rettete mich nichts mehr und ich lag im Schnee. Auch wenn ich schnell wieder auf den Beinen war, das gute Renngefühl war verloren. An der Verpflegung konnte ich einige Läufer überholen, denen ich bei meinem Sturz den Vortritt lassen musste. Der Preis war hoch! Bereits einige hundert Meter später spürte ich das Kohlenhydratdefizit. Und das kurz vor 17 flachen Kilometern, die jedes Doublepoler-Herz höher schlagen lassen. Die Sonne glitzerte über der endlosen Schneedecke, doch ich hatte nur Augen für meinen neuen Begleiter – den Mann mit dem Hammer. Nun fiel mir wieder der Mann im Sportgeschäft ein. Vielleicht war ich an den Bergen zu übermütig. Auch an Gleitwachs dachte ich – an meinen Ski war schon lange nichts mehr davon zu spüren. Die Ebene entwickelte sich zu einer mentalen Challenge. Ich schwor mir, an jedem Überholer dran zu bleiben, doch die Power fehlte. Der Verpflegungspunkt bei K55 war meine einzige Hoffnung. Doch davor galt es noch eine Steilwand mit 100 Höhenmetern zu überwinden. Mit letzter Kraft erreichte ich den gedeckten Tisch und stürzte mich auf eine Scheibe Brot. Dabei blieb ich mit dem Ski unter dem Tisch hängen und stürzte. Zwei helfende Arme richteten mich von hinten wieder auf und ich setzte das Rennen, noch das Brot zu Ende kauend, wieder fort. Kaum hatte mein Körper wieder was zu verbrennen, lief es auch wieder einigermaßen. Es war ein großartiges Gefühl nach über 67 Kilometern und 1250 Höhenmetern in 4:33 Stunden Levi zu erreichen.
Nun wartete ich auf Basilia, die mit Fellski an den Start gegangen war, gleich beim ersten Verpflegungsposten Zuckerstangen entdeckte und so ihren Energietank regelmäßig auffüllte. Freudestrahlend kam sie ins Ziel und hatte aufgrund der Rennatmosphäre noch nicht mal bemerkt, dass ihr Rennanzug unterhalb des linken Knies dunkelrot verfärbt war. Der darunter liegende Cut war einem Sturz auf den ersten Kilometern geschuldet. Die Berge kam sie mit den Fischer TwinSkins super rauf, dafür verlor sie in den Abfahrten. Die unterschiedlichen Rennstrategien besprachen wir beim ausgezeichneten Afterrace-Lunch im Hotel Levi, bevor es mit dem Shuttle zurück nach Ylläs ging. Trotz der differierenden Herangehensweise waren Basilia und ich uns in einem Punkt einig. Nächstes Jahr stehen wir wieder an der Startlinie. Die atemberaubenden Landschaftseindrücke entschädigen alle Strapazen.