An Pfingsten hatten wir beide eine Woche frei und der Plan zu einer gemeinsamen Radtour nahm schnell Gestalt an. Meine Frau hatte die Idee, dass sie mit Freunden mit dem Auto und ich mit dem Rad zum Mattsee nahe Salzburg fahren, um uns dann gemeinsam entlang der Flüsse nach Hause zu „hangeln“.
Für mich ging es Pfingstsonntag also via Erzgebirge, böhmisches Tiefland (Most, Pilsen) und Böhmerwald (Langlaufgebiet um Sumava) bis nach Zelesna Ruda (Übernachtung) und weiter zum Treffpunkt in Österreich. Ein Tag Dauerregen bescherte mir den ersehnten Ruhetag. Am Mittwoch meinte es das Wetter gut mit uns. Auf zwei Mountainbikes mit zwei kleinen Packtaschen ging´s hin zum Inn, dem wasserreichsten Abfluss der Alpen. Diesem sind wir auf gut ausgebauten Radwegen bis Passau gefolgt, um hier eine erste Rast am Zusammenfluss mit Donau und Ilz einzulegen. Nach den reichlichen Niederschlägen der letzten Tage waren die sich hier treffenden Wassermassen von imposanter Kraft. Den Rest des Tages sind wir der Donau aufwärts gefolgt. Bei knapp 20 °C und einem Sonne Wolken Mix war es eher frisch aber ideal für flottes Radeln vorbei oder durch schöne Orte wie Vilshofen und Bogen. Als die Strahlkraft der Sonne nachließ, haben wir allmählich an ein Quartier gedacht und sind in Wörth an der Donau unterhalb vom Schloss im Gasthof Geier untergekommen. Nach 200 km und 10 Stunden auf dem Rad hat sich das griechische Restaurant sicher über unseren Hunger gefreut.
Am nächsten Tag sollte es Richtung tschechische Grenze gehen, also durch Regensburg hindurch und erst am Regen, später an der Naab hinauf nach Waldsassen. Diesmal bekamen wir das Wasser nicht nur zu sehen, sondern in Form einiger Nieselschauer auch zu spüren. Die Regensachen blieben verstaut, bei 20 °C alles noch gut verkraftbar. Beim Versuch, dem Flusslauf zu folgen und Höhenmeter zu sparen, wollten wir die Routenplanung austricksen, was nach Straße, Schotterweg und Wiesenpfad auf einer viergleisigen Bahnlinie endete. Mit guter Beobachtung der Verkehrslage und schnellem hinüber tragen auf die andere Seite waren wir zum Glück wieder auf dem vorgegebenen Radweg. Später mussten wir vor einer Schranke Halt machen, die sich so gar nicht öffnen wollte (Wer baut auch eine Schranke auf einen Radweg???). Nach einer Zwischenmahlzeit und null Bewegung auf der Schiene fiel mein Blick auf eine ominöse Metallsäule mit Sprechmuschel und Hebel nebst Aufschrift „Bei Bedarf bitte anfordern“. Das taten wir dann auch und wie in längst vergangenen Zeiten meldete sich eine echte Stimme und wir konnten unseren Wunsch nach Öffnung der Schranke erfolgreich an den Mann bringen. Richtung tschechische Grenze wurde es etwas hügeliger, so dass wir nach 170 km sozusagen pünktlich zum Abendessen 19 Uhr in einem Wirtshaus in Waldsassen unsere Unterkunft gefunden hatten. Der aus Tschechien stammende Wirt hat uns schon auf den nächsten Tag eingestimmt.
7.30 Uhr saßen wir am nächsten Tag im Sattel und befanden uns bald auf dem Egerradweg bis nach Sokolov, dem wohl schönsten Abschnitt auf der ganzen Tour: ein milder Fluss mit viel Bewuchs am Ufer und z.T. sogar im Fluss selbst, ab und an kleine Ortschaften und ein Radweg von feinster Qualität durch Wälder und Auen! Ab Karlsbad war die Qualität des Radweges leider abnehmend, aber immer bestens ausgeschildert mit schwarzer Schrift auf gelbem Grund, Verirrungen faktisch ausgeschlossen. Das blieb durch ganz Tschechien so und sollte Vorbild für deutsche Radwege sein. Wir folgten der Eger weiter unterhalb vom Erzgebirgskamm bevor wir ab Klasterec südlich nach Zatec abbogen, vorbei am riesigen Eger Stausee, unter der Staumauer entlang dem Tagesziel entgegen. Auch auf diesem Abschnitt war die Beschilderung hervorragend, was man vom Radweg nicht mehr sagen konnte. Unebene Waldwege waren noch akzeptabel, aber steinige kurze Anstiege und geröllige Abfahrten gehörten jetzt zum Programm. Dadurch kamen neben einigen Höhenmetern auch kurze Stopps hinzu, um die Packtaschen wieder ordentlich einzuhängen. Trotz der nicht ganz glatten Bedingungen gab es nach 160 km ab 19 Uhr eine große Pizza plus Palatschinken, so dass der Tagesausklang sehr versöhnlich war.
Nach gutem Frühstück gings wie gewohnt 7.30 Uhr aufs Rad mit Ziel Heimat. Erst weiter die Eger entlang, um nach deren Einmündung der Elbe zu folgen. Der heimische Strom war also schon einmal erreicht. Nach einigen Kilometern zeigte die Navigation ein Wechsel des Radweges auf die andere Elbseite an. Am Bootssteg hatten wir wohl die Fähre um wenige Minuten verpasst. Zum Glück gab´s eine kleine Hospoda (Gasthaus), also eingerückt und die Wartezeit bei zunehmender Hitze mit flüssiger Nahrung (Bier) überbrückt. So ganz nebenbei ließ uns die Wirtin wissen, dass die Fähre schon lange außer Betrieb sei. Zurück zum letzten Ort und dann nach ca. 15 km auf der anderen Elbseite ankommen? Keine Option! Wir wählten die direkte Alternative: 20 km Landstraße bis Usti – Augen zu und durch. Bis Decin zur Grenze war die Hitze recht erträglich, also noch eine Pause zum Auftanken. Dem Elbtal sind wir bis Heidenau gefolgt und dann mit kurzem Abstecher nach Hause. Es war der einzige Tag, an dem wir erst 20 Uhr in der Unterkunft waren, bei 200 meist heißen Kilometern kein Wunder.
Der darauffolgende Sonntag war dann reine Entspannung. Wir hatten es wirklich in vier Tagen von Salzburg bis Dresden geschafft, immer den Flüssen folgend, mit ganz verschiedenen Flussbreiten und damit ganz verschiedenen Landschaften. Für den einen oder anderen mag Erholungsurlaub anders aussehen. Wir waren sehr zufrieden und angetan, was wir in so kurzer Zeit an schöner Landschaft in uns aufnehmen konnten – dabei immer in Bewegung – ein Genuss.
Autor: Michael Richter