Sich im Zielbereich übergebende Skilangläufer haben zuletzt insbesondere in Skandinavien für Schlagzeilen gesorgt. Grund dafür war die Verwendung von Natriumbicarbonat zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit. Für xc-ski.de blickt Ernährungsexpertin Caroline Rauscher etwas genauer auf das Pulver, das in kleinen Mengen in vielen Backwaren steckt.
Natriumbicarbonat, was ist das eigentlich?
Natriumbicarbonat ist besser bekannt unter der Bezeichnung Natron, Backpulver oder Natriumhydrogencarbonat. Man verwendet es u.a. zum Backen oder Bleichen. Im Sport soll es die Leistung steigern.
Was steckt hinter der Natriumbicarbonat Strategie? Ist sie neu?
Bei hochintensiven Belastungen häuft sich in der Muskulatur durch den Abbau von Glykogen (Kohlenhydratspeicher in der Muskulatur) u.a. Laktat an, was vereinfacht ausgedrückt zu einer Übersäuerung der Muskulatur führt. Dadurch verschlechtern sich energieliefernde Stoffwechselvorgänge und damit die Funktionalität und Leistungsfähigkeit der Muskulatur. Unsere Muskulatur verfügt über verschieden Puffersysteme, welche die Funktion haben zu schnelle Übersäuerung zu verhindern und damit deren Leistungsfähigkeit hochhalten. Ein solches Puffersystem ist das Natriumbicarbonat System. Schon in den 1930iger Jahren konnte gezeigt werden, dass die Gabe von Natriumbicarbonat vor intensiven Belastungen dessen Pufferkapazität erhöhen kann. Möglicherweise verzögert diese Strategie die individuelle muskuläre Ermüdung während intensiver Belastungen.
Wie ist die Herangehensweise an diese Loadingstrategie?
Erst ist zu prüfen, ob sich die geplante Wettkampfdauer überhaupt dafür eignet. Bei Belastungen >10 Minuten bringt es zum Beispiel nichts. Es muss die individuell geeignete Menge, Herangehensweise in entsprechenden Trainingseinheiten ausgetestet werden, sonst kann der Versuch böse enden.
Das hört sich doch sehr gut an, oder hat diese Strategie auch möglicherweise Schattenseiten?
Ja es gibt nicht zu unterschätzende Nebenwirkungen. Die Zufuhr führt nicht allzu selten zu Magen Darm Verstimmungen, Blähungen, Erbrechen, Durchfall. Außerdem kann es zu Elektrolytverschiebungen, Krämpfen und Muskelschwäche kommen. Menschen mit Bluthochdruck und Nierenproblemen sollten auf keinen Fall diese große Menge an Natriumbicarbonat einnehmen. Da die Einnahme je nach Event ein bis drei Stunden vor dem Start erfolgt, kann man mit den potentiellen Nebenwirkungen währenddessen rechnen. Diese Aussichten sind nicht so erfreulich.
Sollte der Sportler eher über andere leistungsverbessernde Strategien nachdenken?
Ja auf jeden Fall! Dazu zählen neben strukturiert aufgebautem Training, eine individualisierte Ernährungs- und Versorgungsstrategie vor, während und nach dem Training. Durch die optimale Abstimmung von Training und Ernährung ist es möglich entsprechende Trainingsanpassungen zu optimieren und damit die vielen harten Trainingsstunden maximal in Leistungssteigerung zu übersetzen und die Gesunderhaltung des Körpers zu unterstützen. Gerade bei der Versorgung während und nach der Belastung kommt es darauf an, dass die zugeführten Makronährstoffe (Kohlenhydrate, Eiweiß) so auf den einzelnen Sportler abgestimmt sind, dass sie bestmögliche Leistungsfähigkeit und Regeneration ermöglichen. Wer im Wettkampf bestehen möchte, muss diese Herangehensweisen und Abläufe im Training üben. Und nicht vergessen: Leistung wird im Training generiert, der Wettkampf ist die Kür.
Unsere Ernährungsexpertin Caroline Rauscher ist studierte Pharmazeutin mit Weiterbildung im Bereich Ernährung. Sie besitzt fundierte Kenntnisse im Bereich der Leistungsphysiologie. Ihre Kontakte zu weltweit führenden Forschern nutzt sie u.a. für eine optimale und individuelle Konzeption von Sportgetränken, für die Herstellung von Mikronährstoffen je nach Bedarf eines Sportlers sowie für das Ernährungscoaching von Profis und Amateuren. Sie betreut(e) international erfolgreiche Winter- und Sommersportler, darunter bekannte Namen wie Anne Haug, Franziska Preuß, Tobias Angerer, Denise Herrmann, Andrea Henkel, Arnd Peiffer etc. www.nutritional-finetuning.com