Vitamin D wird oft unterschätzt und ist doch so wichtig für Gesundheit und sportliche Leistungsfähigkeit. Unsere Ernährungsexpertin Caroline Rauscher hat den Nährstoff aus wissenschaftlicher und praktischer Sicht etwas genauer unter die Lupe genommen.
Kein Vitamin im herkömmlichen Sinn
Obwohl Vitamin D als „Vitamin“ bezeichnet wird, kann es unser Organismus unter Sonneneinwirkung in den Hautzellen selber bilden. Dadurch kann der Bedarf vollständig gedeckt werden. Voraussetzung für die Bildung von Vitamin D in der Haut ist UV B Licht einer bestimmten Wellenlänge (290 – 315 nm). Zuerst wird aus Cholesterin, das ja reichlich vorhanden ist, Provitamin D gebildet. Über die Aktivierung durch die Körpertemperatur und weitere chemische Zwischenschritte entsteht dann das stoffwechselaktive Vitamin- D- Hormon Calcitriol in den Nieren und anderen Zell- und Organsystemen. Dieses Vitamin-D- Hormon hat nun die Aufgabe, verschiedenste Gene und Stoffwechselprozesse zu steuern. Die Vitamin D Produktion in der Haut ist jedoch von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich und hängt von verschiedenen Faktoren, wie z.B. Hautpigmentierung, Alter, Verwendung eines Lichtschutzfaktors, Wolkendecke, exponierte Hautfläche, Breitenregion im Winter und die Tageszeit der Lichteinwirkung. Früh und spät am Tag fehlt die für die Vitamin D Produktion effektiv notwendige UV B Strahlung. Dunkelhäutige Athleten sehen sich mit zusätzlichen Problemen konfrontiert: Der hohe Pigmentierungsgrad (Melanin) wirkt als Lichtschutzfaktor, der die UV B Strahlung abblockt. Deshalb muss ein dunkelhäutiger Sportler circa zehn Mal länger in der Sonne bleiben, um denselben Vitamin D Spiegel wie ein hellhäutiger zu erreichen. Lebt nun so ein Athlet noch in nördlichen Regionen und betreibt eine Indoor Sportart, resultiert das in noch größeren Vitamin D Defiziten.
Jahreszeit ist entscheidend
In unseren Breiten kann in den Monaten April bis September Vitamin D über die Haut gebildet werden. In den Monaten Oktober bis März ist der Sonnenstand zu niedrig, so dass die Sonne unsere Haut nicht mit Licht der notwendigen Wellenlänge versorgen kann. Das betrifft übrigens alle geographischen Lagen, die nördlich des Breitengrads von Rom liegen. Die Luftverschmutzung in Ballungsräumen verringert zusätzlich die UV Strahlung ebenso wie der Wasserdampf und Ozongehalt sowie das Verwenden eines Lichtschutzfaktors. Vitamin D ist auch in Nahrungsmitteln vorhanden, aber nicht in der Menge, dass der tägliche Bedarf darüber gedeckt werden kann. Vitamin D reiche Lebensmittel sind zum Beispiel Lebertran, fetter Fisch wie Hering, Lachs, Sardinen etc. aber auch sonnengetrocknete Pilze und Eidotter. Die notwendigen Verzehrmengen sind jedoch aberwitzig: Um den präventiven Bedarf von 2000 bis 4000 I.E. pro Tag zu decken, müsste man TÄGLICH zum Beispiel circa vier bis acht Kilogramm Butter, circa 400 bis 900 Gramm Sardinen oder circa 2,5 bis 5,5 Kilogramm Champignons essen. Man sieht, den Bedarf über die Nahrung zu decken ist unmöglich. Diätetisches Vitamin D enthält beide Formen, nämlich Vitamin D3 und Vitamin D2. Beide Formen werden leicht und bis zu circa 50 Prozent aufgenommen, außer bei Menschen mit Aufnahmeproblemen im Darm.
Vitamin D Status und Einnahme von Athleten
Es ist allgemein bekannt das Vitamin D Mangel oder Unterversorgung ein weitverbreitetes Problem in der Allgemeinbevölkerung darstellt. In Athletenkreisen hängt das Auftreten von Defiziten unter anderem von der Sportart, dem Ort des Trainings und der Hautfarbe ab. Die Quote der Unterversorgten ist im Winter und bei Indoor-Sportarten an sich schon höher. Studien der letzten 15 Jahre haben gezeigt, dass Athleten auf der ganzen Welt, unabhängig von der geographischen Lage, zwischen 100 und 250 IE Vitamin D pro Tag zu sich nehmen. Das bleibt weit hinter den Empfehlungen der meisten Länder.
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Wichtige Funktionen von Vitamin D
Vitamin D spielt eine wichtige Rolle bei vielen verschiedenen physiologischen Prozessen, einschließlich Knochengesundheit, Muskelfunktion, Entzündungen und Immunsystem. Alles davon ist sehr wichtig für ein gesundes und effektives Training.
Knochengesundheit: Vitamin D spielt eine wichtige Rolle für die Knochengesundheit. Damit aus den Lebensmitteln Calcium gut verwertet werden kann, ist ein 25 (OH) Vitamin D Wert > 30 ng/ml notwendig. Die Calciumaufnahme und die Aktivität der Knochenzellen verbessert sich durch Vitamin D. Bei Sportlern ist eine ausreichende Versorgung wichtig, um Stressfrakturen vorzubeugen. Bei Sportarten, die durch Krafteinwirkung zu belastungsbedingten Anpassungen führt, also zur Knochenkräftigung, ist es sehr wichtig auf den erhöhten Calcium- und Vitamin D Bedarf zu achten.
Funktion der Skelettmuskulatur: Nicht nur die Knochen, sondern auch die Muskulatur werden durch eine ausreichende Vitamin D Versorgung gestärkt. So haben tierexperimentelle Studien gezeigt, dass ein Vitamin D Defizit zum Schwund der sogenannten fast-twitch Muskelfasern führt und die kontraktilen Eigenschaften der Muskulatur verschlechtert. Ebenso hat ein Mangel Auswirkungen auf die Koordinationsfähigkeit beim Sportler. So sind Muskelschmerzen und auch gewisses Schwächegefühl, vor allem in den körpernahen Extremitäten, oft die Ursache eines Vitamin D Defizits. Das ist allgemein bekannt, wird aber leider oft vergessen. Füllt man die Speicher wieder auf, verschwinden auch die Symptome. Außerdem konnte gezeigt werden, dass zugeführtes Vitamin D direkten Einfluss auf die Proteinsynthese in der Muskulatur hat.
Immunsystem und Entzündungen: Infekte gehören unter anderem zu häufigen Ursachen, warum Athleten nicht trainieren können. In diesem Zusammenhang ist Vitamin D wieder ein sehr wichtiger Aspekt im Hinblick auf die Prophylaxe. Immer mehr Studien an Athleten und auch an der Allgemeinbevölkerung belegen, dass ein ausreichender Vitamin D Status wichtig ist für ein optimal funktionierendes Immunsystem. Dieser schützt den Athleten vor Erkrankungen der Atemwege und banalen Erkältungen. Die Infektiosität von Erkältungsviren wird durch Vitamin D abgesenkt und die Bildung von körpereigenen Antibiotika gesteigert. Gerade in den lichtarmen Monaten, die ja auch typischerweise die Erkältungsmonate sind, sollte auf die Erhaltung eines optimalen Vitamin D Spiegels geachtet werden. Vitamin D wirkt darüber hinaus auch über das Immunsystem positiv auf entzündliche Prozesse, die zum Beispiel Folge von Verletzungen sind.
Neuromuskuläre Funktionen: Verschiedene Studien stellen einen Zusammenhang zwischen dem Vitamin D Status und der neuromuskulären Leistungsfähigkeit eines Athleten, einschließlich Muskelkraft, Reaktionszeit und Balancefähigkeit, fest. Andere können dies jedoch wiederum nicht bestätigen.
Vitamin D Status und sportliche Leistung
In Anbetracht der Rolle von Vitamin D im Hinblick auf die Muskelfunktionen, ist es durchaus möglich, dass ein Vitamin D Defizit die sportliche Leistung beeinflussen kann. Zahlreiche Studien liefern Hinweise darauf, dass das so ist. Sicher belegbar ist es jedoch im Moment nicht.
Vitamin D Status und Rehabilitation von Verletzungen
Die Wichtigkeit von Vitamin D im Hinblick auf muskuläre Rehabilitation nach Verletzungen oder Operationen gewinnt immer an Bedeutung. Vitamin D Defizite ziehen eine längere Rehabilitationsphase nach sich, das ist sehr gut belegbar. So zeigte unter anderem eine Studie , dass der Vitamin D Status auf die Kraftentwicklung und Regeneration nach Kreuzbandverletzungen einen positiven Einfluss hat. Bei Werten < 30 ng/ml war die Erholungszeit länger und die Kraftentwicklung viel abgeschwächter, im Vergleich zu Werten > 30 ng/ml.
Vitamin D und andere Mikronährstoffe
Im Hinblick auf die Knochengesundheit ist es wichtig, dass Vitamingaben mit ausreichend Calcium kombiniert werden. Calcium wird am besten aus natürlichen Nahrungsmitteln aufgenommen. Aber auch die Zufuhr von Magnesium ist entscheidend. Liegt eine Unterversorgung mit Magnesium vor, kann dies leicht zu einer sogenannten Vitamin D Resistenz führen. Magnesium ist an den Umwandlungsprozessen der Speicherform in seine aktive Form beteiligt.
Zusammenfassung
Umfangreiche Beweise lassen darauf schließen, dass das Beheben eines Vitamin D Defizits, die Leistungsfähigkeit von Athleten verbessern kann. Wenn ein solcher Therapieeffekt existiert, dann ist er mit Sicherheit bei denen mit den niedrigsten Werten am größten. Ob es einen idealen Spiegel im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit gibt, und wo dieser dann liegen wird, muss noch genau untersucht werden. Falls ein solcher Effekt existiert stellen sich wiederum verschiedene Fragen: Welcher Aspekt der sportlichen Leistungsfähigkeit verbessert sich am meisten: Muskelkraft, Balance, Koordination oder die Ausdauer? Wo liegt der Vitamin Spiegel für Spitzenleistungen? Schaden höhere Spiegel? Egal ob die Wissenschaft in Zukunft den leistungsverbessernden Effekt von Vitamin D belegen kann oder nicht, eins ist klar: ein optimaler Vitamin D Spiegel ist unverzichtbar für die Gesundheit eines Athleten. Stressfrakturen, chronische neuromuskuläre Schmerzen, virale Infekte der Atemwege und noch andere chronische Erkrankungen, stehen im Zusammenhang mit Vitamin D Mangel. Deshalb ist es wichtig, dass diejenigen, die Verantwortung für die Athleten tragen und sich um sie kümmern, dafür zuständig sein sollten, dass ein Mangel unverzüglich diagnostiziert und angemessen behandelt wird. Diese angemessen Behandlung gehört in die Hand eines erfahrenen und kompetenten Arztes. Denn nur, wer sich intensiv und verantwortungsbewusst mit der Thematik befasst hat, hat auch den Mut, mit den notwendigen Dosierungen zu arbeiten.