Ein trainierter Muskel setzt bis zu 95 Prozent seiner Muskelfasern bei hoher Belastung ein, ein Untrainierter lediglich 65 Prozent. Diese Tatsache erklärt einleuchtend, warum Krafttraining einen hohen Anteil am Training eines Langläufers einnehmen sollte. Doch es gibt noch viele, die dieses wichtige Trainingsmittel nicht ausnutzen oder gar falsch trainieren. Wie kann das Ziel des Krafttrainings für den Langläufer formuliert werden, welche Formen des Krafttrainings gibt es, wie und vor allem wann kommen diese zum Einsatz?
Ziel des Krafttrainings für Langläufer
Skilanglauf ist eine sehr dynamische Sportart, bei der beinahe die gesamte Muskulatur beansprucht wird. Um über einen größeren Zeitraum ein flottes Tempo laufen zu können, benötigt man ein gut ausgeprägtes Kraftausdauerpotenzial. „Unter Kraftausdauer versteht man die Fähigkeit des Nerv-Muskelsystems, eine möglichst große Kraftstoß- bzw. Impulssumme in einer gegebenen Zeit gegen höhere Lasten zu produzieren“ (Schmidtbleicher-1987). Die Impulssumme geht von der Arm-Beinarbeit aus und wird in einer gewissen Geschwindigkeit gegen die Steigung bzw. Reibung ausgeübt. Hier setzt also das Krafttraining an: Durch verschiedene Formen des Krafttrainings erzielt man eine Verbesserung der so wichtigen Kraftausdauerfähigkeit.
Formen des Krafttrainings und deren Umsetzung
Das Krafttraining lässt sich wie das Ausdauertraining durch allgemeine, semispezifische und spezifische Trainingsmittel realisieren. Zum allgemeinen Krafttraining zählen Stabilisationsübungen und das Training an Geräten im Kraftraum. Beim semispezifischen Krafttraining kommen alle Formen der Zuggeräte, Gummiband, Armkraftzuggerät (AKZ) und Rollbrett zum Einsatz. Das spezifische Krafttraining beinhaltet Doppelstocktraining und Schrittsprünge (Imitationssprünge). Um eine möglichst große Kraftausdauer zu erreichen, sollten die jeweiligen Kraftformen, genau wie das Ausdauertraining, in verschiedenen Intensitätsbereichen, welche vom Ausdauerkrafttraining bis zum Maximalkrafttraining reichen, trainiert werden. Denn die leistungsbestimmenden Komponenten der Kraftausdauer sind die Maximalkraft und die aerob und anaerobe Ausdauerkraft.
Maximalkraft
Das Maximalkrafttraining findet kaum noch Anwendung und ist dem intramuskulären Koordinationskrafttraining (IK) gewichen. Denn nicht der Querschnitt des Muskels, sondern die Aktivierung möglichst vieler Muskelfasern des Muskels ist für den Langläufer entscheidend. Ein zu hoher Anteil an Maximalkrafttraining würde den Muskelquerschnitt vergrößern und so zu einem schlechten Körpergewicht-Kraft Verhältnis und einem höheren Energieverbrauch führen. Außerdem könnte sich in extremen Fällen eine Einschränkung der Beweglichkeit und somit Technikverschlechterungen einstellen. Das Maximalkrafttraining empfiehlt sich daher ausschließlich für Sprinter. Das IK-Training dagegen zielt nicht auf das Vergrößern des Muskelquerschnitts, sondern auf das Aktivieren der motorischen Einheiten ab, ein größerer Teil der Muskelfasern werden aktiviert, ohne den Querschnitt zu vergrößern. Das IK-Training charakterisiert sich durch explosive, maximale Krafteinsätze bei einer Intensität von 85-100 Prozent der Max-Kraft und einer Wiederholungsanzahl zwischen ein bis acht Wiederholungen. Das IK-Training findet seine Anwendung z.B. in der Beinpresse und beim Bankdrücken. Nach der einzelnen Belastung sollte man sich zwei Minuten Pause gönnen oder andere Muskelgruppen trainieren.
Aerobes und Anaerobes Krafttraining
Durch das Kraftausdauertraining wird die „Ermüdungswiderstandsfähigkeit“ geschult, die das Ziel eines jeden Langläufers darstellt. Aus diesem Grund stellt sie den größten Anteil im Krafttraining und wird von anderen Formen des Krafttrainings oft nur ergänzt. Beim Kraftausdauertraining kommen mittlere Krafteinsätze, 30 bis 65 Prozent der Max-Kraft, mit hohen Wiederholungszahlen (zwischen 20 und 40 Wiederholungen) zum Einsatz. Es kann im Kraftraum aber auch zum Doppelstocktraining genutzt werden. Im Kraftraum findet das Kraftausdauertraining meist in Zirkelform statt und wird durch Zeit- oder Wiederholungsvorgaben gelenkt. Häufig läuft es nach der Zeitvorgabe 1 Minute Belastung – 1 Minute Erholung ab.
Das submaximale Krafttraining charakterisiert sich durch die Hypertrophie-Methode, es wird mit submaximalen Krafteinsätzen, 65 bis 85 Prozent der Max-Kraft, bis zur Ermüdung gearbeitet. Die Wiederholungszahl sollte zwischen acht und zwölf Wiederholungen liegen. Es dient dem Muskelaufbau und wird von Sportlern genutzt, um sich völlig auszureizen und Muskulatur aufzubauen. Auch beim submaximalen Krafttraining wird der Zirkel genutzt, wobei aber jede Station gleich dreimal hintereinander durchlaufen und das Gewicht so gewählt wird, dass man maximal 15 Wiederholungen schafft. Die Pausengestaltung: Nach jeder einzelnen Übung 30 Sekunden und nach einer Station (3er-Serie) 2 Minuten Pause einhalten. Hier noch ein Video mit Übungen zum Kraftausdauertraining oder submaximalen Krafttraining: Krafttraining und Stabilisation für Skilangläufer
Das reaktive Krafttraining verbessert die Schnellkraftausdauerfähigkeit und findet häufig in Form von Sprüngen statt. Durch Reaktivsprünge, man lässt sich von einem Kasten nach unten fallen und springt, am Boden angekommen, so schnell wie möglich wieder hoch, soll vor allem der Klassik-Abdruck optimiert werden. Die beste Wirkung des reaktiven Krafttrainings wird in aufgewärmtem, aber nicht ermüdetem Zustand erzielt.
Das Stabilisierungs-Training kommt in Form von Bauch- und Rückenübungen (Rumpf) zum Einsatz. Der Stützapparat des Körpers wird trainiert, was zu einer stabileren, besseren Technik führt. Außerdem wird Verletzungen besonders im Rückenbereich vorgebeugt. Die Halteübungen beim Stabilisierungs-Training werden zeitlich eingegrenzt (1 Minute ist sehr gut), beim SitUp-Training kann man sich auch Wiederholungsvorgaben setzten (30 bis 40 Wiederholungen sind sehr gut). Hier findet ihr verschiedene Übungen im Video: 14 Stabilisationsübungen zum Mitmachen
Wann kommt welches Krafttraining zum Einsatz?
Das Stabilisierungs-Training sollte ganzjährig durchgeführt werden. Es kann als Ergänzung zum Krafttraining gesehen und zwei bis drei Mal pro Woche angewendet werden. In der Eingewöhnungsphase (3 Wochen) im Mai sollte man ausschließlich im Kraftausdauerbereich trainieren, die Gewichte niedrig und die Wiederholungszahlen hoch wählen. So vermeidet man den Muskelkater und bereitet seine Muskulatur auf intensivere Krafteinheiten vor. Von vielen wird die gesamte Vorbereitungsphase im Kraftausdauerbereich trainiert und in einzelne Krafteinheiten ein IK-Training, sowie reaktive Sprünge mit eingebaut. Von anderen Langläufern wird nach einer Eingewöhnungsphase ein ein- bis zweimonatiger Block von submaximalem Krafttraining zum Muskelaufbau eingesetzt. Nach diesem intensiven Block geht man wieder zum Kraftausdauertraining über und versucht den gewonnenen Kraftzuwachs durch ein IK-Training, welches ins Kraftausdauertraining gemischt wird, zu erhalten. Je weiter man in der Vorbereitungsphase fortschreitet, um so spezifischer wird das Krafttraining. Die semispezifischen Trainingsmittel werden in der Regel ab Juli oder August eingesetzt. Sie werden ins Krafttraining eingebaut, oder als extra Einheit z.B. nach einem Lauftraining angewandt. Sie können als reines Kraftausdauertraining, aber auch als Maximalkrafttraining (Sprinttraining) stattfinden und dienen der Vorbereitung des spezifischen Krafttrainings. Diese sehr intensive Form des Krafttrainings kommt ab September zum Einsatz. Hier wird dann schon das Standvermögen, welches man für den Wettkampf braucht, trainiert.
Unser xc-ski.de Trainingsexperte Thomas Freimuth ist studierter Diplom-Sportwissenschaftler, Europameister im Skimarathon und ist einer von Deutschlands erfolgreichsten Vasaläufern. Zusammen mit Mathias Flunger betreibt er die Trainingsplattform für Ausdauersportler, das AusdauerNetzwerk. Dort bieten die Spezialisten für Ausdauer und Fitness von individueller Trainingsplanung über Rundumbetreuung und Sportreisen bis zum Mentalcoaching alles an, was das Sportlerherz eines Skilangläufers, Triathleten, Läufers oder Fitnesssportlers begehrt. www.ausdauernetzwerk.de