Nach der Saison ist vor der Saison: Trainingsanalyse beim Team Aker Dæhlie

Trainingsplanung © Marco Felgenhauer

Das Team Aker Dæhlie ist das erste private Team, das auf höchstem Niveau antritt und Athleten aus den Bereichen Ski Classics, FIS/Allround, Paralympischer Skilanglauf und Nachwuchs umfasst. Der folgende Artikel beschreibt die Herangehensweise des Teams nach einer Saison, in Vorbereitung für die nächste Saison. Nicht alle dieser Tipps sind für Hobbysportler umsetzbar, dennoch lassen sich sicher neue Erkenntnisse daraus gewinnen und in der eigenen Trainingsplanung umsetzen.

Nach der Saison ist vor der Saison

Ski Classics PTT Bad Gastein: Team Aker Daehlie © Reichert/NordicFocus

Nach dem Ende der Saison ist es wichtig, sich Zeit zu nehmen, um über den Verlauf der Saison (Training und Wettkämpfe) zu reflektieren und zu versuchen, die Gründe für die Ergebnisse zu ermitteln. Die Analyse der Saison besteht aus einer Kombination von Überlegungen des Athleten, des/der Trainer(s) und des Betreuungspersonals, Analysen von Trainingstagebüchern, Tests, Ergebnissen und guten Gesprächen. Schlussfolgerungen und Theorien über die Bedeutung der analysierten Ergebnisse sollten schriftlich festgehalten werden, damit der Bericht bei der Bewertung und Planung künftiger Saisons überprüft werden kann. Die Auswertung einer Saison muss und sollte als Grundlage für die Planung künftiger Saisons dienen. Es ist wichtig, nicht in die berühmte Falle zu tappen, in der die Analyse stark von den Ergebnissen und dem Einzelnen beeinflusst wird, das heißt dass gute Ergebnisse nur auf brillante individuelle Leistungen zurückzuführen sind und dass schlechte Ergebnisse nur dadurch von guten Ergebnissen unterschieden werden, dass alle anderen einen miserablen Job gemacht haben. Schlechte Ergebnisse bedeuten nicht, dass alles, was gemacht wurde, falsch war, und umgekehrt, dass gute Ergebnisse bedeuten, dass alles richtig gemacht wurde. Manchmal hängt die eigene Leistung stark von der Leistung der anderen ab (auch von schlechten Leistungen), manchmal sind die Ergebnislisten, Ski und das Wetter fairer. Es ist wichtig, dass der Bewertungsprozess „nach innen“ und „nach außen“ gerichtet ist. Das bedeutet, dass Du Dir selbst den Spiegel vorhalten (innen) und alles analysieren musst, was Du beigetragen hast (positiv und negativ) und was Dein unmittelbares Unterstützungssystem/Kollegen/Konkurrenten usw. beigetragen haben (positiv und negativ) (außen). Die Analyse sollte keine Hexenjagd sein, bei der es darum geht, „Schuldige“ zu finden. Die Bewertung sollte ein Prozess sein, bei dem wir versuchen, die zugrundeliegenden Ursachen zu finden und einen Plan zu entwickeln, wie wir in Zukunft eine positive Entwicklung schaffen können. Wer „schuld“ ist, ist normalerweise nicht das Wichtigste. Skifahren ist ein Mannschaftssport, außer zwischen Start und Ziel, wo die meisten Menschen körperlich allein zurechtkommen müssen, aber immer unterstützt werden durch Anfeuerung, Unterstützung und Verpflegungsstationen. Wenn wir mit dem Finger auf andere zeigen wollen, sollte die Analyse eine gemeinsame Anstrengung erleichtern, um eine gemeinsam vereinbarte Richtung für die Zukunft zu finden. Wer weiß, vielleicht ergibt die Analyse, dass man sich bei jemandem bedanken sollte, der einen „unsichtbaren“ Beitrag geleistet hat. Die Analyse sollte daher auch das Gesamtbild berücksichtigen und Trainingsqualität, Technik, Taktik, Ausrüstung, Trainer-Sportler-Beziehung, Ernährung, Schlaf, Gesundheit, Wohlbefinden, Mannschaftszugehörigkeit, soziale Zufriedenheit, psychische Verfassung, berufliche/schulische Situation, Unterstützungssystem (einschließlich Familie), Partner usw. einbeziehen. Es gibt viele Faktoren, die den Ergebnissen zugrunde liegen können – der Großteil der meisten Tage wird mit anderen Dingen als Training und Wettkampf verbracht.

Vier-Stufen-Plan zur Nach- und Vorbereitung

Team Aker Daehlie © Team Aker Daehlie

Der Athlet und der Trainer müssen die vergangene Saison gründlich analysieren, um gemeinsam zu lernen und einen soliden Plan für die nächste Saison zu entwickeln. Die Vorschläge des Teams Aker Dæhlie für die Durchführung einer Auswertung und Analyse sind nicht als Zwangsjacke gedacht. ABER unabhängig von der Herangehensweise muss der Prozess von Offenheit, Ehrlichkeit, Präzision und Klarheit geprägt sein. Das Ziel des Rückblicks ist es, den besten Weg nach vorne zu finden. Es hat keinen Sinn, sich auf ein Ziel auszurichten, wenn wir nicht zuerst wissen, wo wir uns auf der Landkarte befinden. Im Folgenden findest Du einen Überblick darüber, wie wir im Team Aker Dæhlie diesen wichtigen Prozess angehen wollen.

1. Der Sportler sollte das Training und die Ergebnisse der letzten Saison analysieren. Gehe Dein Trainingstagebuch durch und versuche zu verstehen, wie Du trainiert hast und warum die Dinge so gelaufen sind, wie sie gelaufen sind. Die wichtigsten Punkte, die wir besprechen wollen, sind:

  • Lies die Analyse und den Plan der letzten Saison durch. Welche Entwicklungs-/Trainingsziele hattest Du? Was hast Du getan, um diese Ziele zu erreichen? Hast Du diese Ziele erreicht? Warum/warum nicht? Welche Leistungsziele hattest Du? Hast Du diese Ziele erreicht? Warum/warum nicht?
  • Wie viel hast Du pro Saison/Jahr/Monat/Woche im Vergleich zu früheren Saisons trainiert (bitte die letzten drei Saisons vergleichen)?
  • Periodisierung – hast Du dein Training mit einer klaren und geplanten Periodisierung durchgeführt?
  • Hast Du längere Verletzungs- oder Krankheitspausen eingelegt? Warum? Es ist wichtig, dass Du eine Kontinuität in deinem Training hast!
  • Hast Du gut auf deinen Körper gehört oder warst Du ein „Programmsklave“? Wie gut hast Du dich erholt/ausgeruht? Wie war deine Ernährung vor, während und nach dem Training/Wettkämpfen?
  • Wie war der Aufbau von Trainingsumfang, -intensität und -inhalten von Monat zu Monat? Von Saison zu Saison?
  • Wie sieht es mit der Intensitätskontrolle bei Langstreckenläufen aus? Intervalle?
  • Wie viele Stunden hast Du pro Monat in den verschiedenen Trainingsformen (Skifahren/Rollski, Laufen, Radfahren, Paddeln, Kraft usw.) trainiert? Wurde dabei der Plan eingehalten?
  • Wurden die „Schlüsseleinheiten“ jede Woche absolviert (2x Intervall, 2x Kraft, 2x Geschwindigkeit und 2x längere Grundlagentrainings)? Was waren Deine Schlüsseleinheiten? Wurden die Schlüsseleinheiten mit der richtigen Intensität und mit dem richtigen Fokus auf Technik und Tempo durchgeführt?
  • Wie oft hast Du Tests durchgeführt? Welche Fortschritte hast Du bei den Tests gemacht? Die Tests müssen nicht unbedingt auf einem Laufband stattfinden, sondern können auch als normale Trainingseinheiten im Freien oder als Testläufe auf einer festen Runde durchgeführt werden. Es ist ratsam, alle 3 bis 4 Wochen ein Testtraining im Freien oder auf dem Laufband durchzuführen, damit der Test eine Grundlage für weitere Trainingsentscheidungen bilden kann. Die Testläufe müssen nicht immer mit maximaler Intensität durchgeführt werden. Am besten ist es, wenn die Tests bis zu I3 durchgeführt werden, damit der Test zeigen kann, ob alles normal ist. Das Hauptziel des Testens ist nicht, jedes Mal Leistung zu bringen. Wie war Deine Intensität?
  • Wie ist die Entwicklung der FIS-Punkte? Wie sehen deine Top 5 FIS-Punkte in dieser Saison im Vergleich zu den letzten drei Saisons aus?
  • Wenn in der Trainingsarbeit ganz bestimmte Elemente eingeführt wurden, wie haben sich diese positiv/negativ auf die Entwicklung ausgewirkt? Beispiele könnten Technik, Taktik, Pacing oder Skitests sein.
  • Hat das Training vor/nach wichtigen Rennen optimal funktioniert/gewirkt?
  • Funktionieren die Aufwärmroutinen optimal?
  • Wie sieht es mit der Erholung, dem Schlaf und der Rekonvaleszenz aus?
  • War die Qualität des Trainings optimal und nach Plan?
  • Gab es längere Phasen, in denen Du mit der Motivation zu kämpfen hattest oder mentale Herausforderungen erlebt hast? Wenn ja, warum?
  • Bist Du neugierig und offen genug? Stellst Du die richtigen Fragen in Bezug auf Deine eigene Entwicklung?
  • Hast Du elektronische Instrumente zur Optimierung deiner Leistung eingesetzt, wie z.B.: GPS, Supersapiens oder andere Instrumente, wie haben diese funktioniert? Gibt es etwas, das Du mitnehmen oder weglassen solltest?

Team Aker Daehlie © Team Aker Daehlie

2. Der Trainer analysiert das Training und die Ergebnisse des Sportlers aus der letzten Saison.

3. Der Athlet und der Trainer diskutieren und erstellen eine gemeinsame Analyse, die die Grundlage für den Plan der nächsten Saison bildet.
Der Athlet und der Trainer müssen individuell und gemeinsam ihr eigenes Team und alle beteiligten Hilfskräfte/Funktionen und Ausrüstungen analysieren. Es ist sehr wichtig, diesen Teil der Bewertung zu nutzen, um gute Lösungen für jede identifizierte Herausforderung zu finden und zu planen, wie man das, was gut ist, verstärken und erhalten kann.

  • Wie hat das Team funktioniert?
  • Wie war die Zusammenarbeit im Team?
  • Wie hat die Kommunikation intern und extern (z. B. Social Media) funktioniert?
  • Wie ist die Stimmung im Team?
  • Wie waren die Trainingslager?
  • Wie hat die Logistik im Zusammenhang mit der Reise funktioniert?
  • Wie war die Zusammenarbeit zwischen Athleten und Trainer(n)?
  • Wie hat der Skiservice und andere wichtige Unterstützungsfunktionen funktioniert? Wie ist die Kommunikation. Hast Du daran gedacht, Dich bei allen zu bedanken?
  • Sind die Ski/Ausrüstung gut genug? Hast Du einen guten Dialog mit dem Betreuungspersonal und den Ausrüstern? Was wird vermisst?
  • Wie sieht es mit der finanziellen Situation aus? Wie wirkt sie sich auf Deine Bemühungen aus?
  • Wie war die Zusammenarbeit mit den Partnern? Welchen Beitrag haben sie geleistet? Was hast Du zurückgegeben?
  • Gibt es andere Ressourcen, die dem Team fehlen?

4. Der Trainer und der Athlet erstellen einen Plan für das nächste Jahr mit Trainings-/Entwicklungszielen und Leistungszielen. Zu jedem Ziel musst Du eine Liste von Maßnahmen erstellen, die umgesetzt werden müssen, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die Ziele erreicht werden. Hier sind einige Punkte, die enthalten sein sollten:

  • Stärken und Schwächen. Wie wirst Du trainieren/leben, damit Du Deine Stärken erhalten und Deine Schwächen verbessern kannst? Es ist wichtig, eine Liste mit Prioritäten für die Entwicklung bestimmter Dinge zu erstellen, an denen gearbeitet werden soll, und einen spezifischen Plan für Sitzungen/Trainings zu entwerfen, die durchgeführt werden sollen, um die Entwicklungsziele zu erreichen.
  • Klärung der Erwartungen: Wer macht was, wann und wie? Alle Teammitglieder sollten die Erwartungen aneinander und die erforderlichen/erwarteten Anstrengungen/Veränderungen klären.
  • Testplan mit klarem Protokoll für Durchführung und Analyse
  • Einbindung der Trainingslager in die Periodisierung und Vorbereitung
  • Gesamtes Trainingsvolumen pro Jahr/Monat/Woche.
  • Periodisierungsplan
  • Ziele für Technik, Tempo und Taktik
  • Gesundheits- und Erholungsziele (Ernährung, Schlaf, Krankheit, usw.)
  • Testen neuer Ausrüstung/Produkte? Wie wirst Du zu besseren Geräten/Produkten beitragen?
  • Qualitätsziele/Qualität der Ausführung. Wie sollte die Qualität des Trainings gesteigert werden (was nicht immer härter bedeutet), um die Erfolgschancen zu erhöhen?
  • Wie wirst Du dazu beitragen, dass das Team besser funktioniert?
  • Wie wirst Du dazu beitragen, Deine finanzielle Situation und die des Teams zu verbessern? Was kannst Du für die Partner tun? Kommunikation über Soziale Medien?
  • Gibt es andere Elemente, die in das Schulungsprogramm aufgenommen werden sollten, die neu/alt sind?
  • Wie sieht der optimale Tagesablauf für eine bestmögliche Leistungsentwicklung aus?
  • Der Trainer und der Athlet müssen sich das ganze Jahr über regelmäßig treffen, um den Trainingsprozess kontinuierlich zu planen und zu bewerten.

Fazit

Sepp Herberger hat den Titel dieses Dokuments inspiriert. Er war als Spieler und Trainer eine bedeutende Persönlichkeit des deutschen Fußballs und brachte die Idee ein, dass „nach dem Spiel vor dem Spiel ist“. Damit meinte er, dass die Vorbereitung auf das nächste Spiel beginnt, sobald das Spiel vorbei ist. Für uns als Skilangläufer beginnt die Vorbereitung auf die nächste Saison, sobald diese vorbei ist. Der Plan, der auf der Grundlage der Auswertung entwickelt wurde, sollte den Weg weisen und ein Leuchtturm für das Training (und das Leben im Allgemeinen) in der nächsten Saison sein. Es ist wichtig, dass der Plan nicht zu einer Zwangsjacke wird, die buchstabengetreu umgesetzt werden muss. Es ist unmöglich vorherzusagen, wie sich ein Sportler fühlen oder wie er auf das Training reagieren wird. Ein Plan ist wichtig, aber das Wichtigste ist, dass der Plan ständig an die tatsächlichen Gegebenheiten angepasst wird. Es ist wichtig, eine Jahres- und Monatsübersicht mit allgemeinen Angaben darüber zu erstellen, was trainiert werden muss, sowie einen detaillierteren Plan darüber, was in den nächsten 2-3 Wochen zu tun ist.

www.teamakerdahlie.com/training / Jarle Wermskog